Kapitel 57

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Jan

Ich sitze neben Ju auf dem Boden und fummle an der neuen Speicherkarte herum, die er mir mitgebracht hat, um sie in die Kamera zu bekommen.

„Die Übertragung der Dateien auf den PC ist einfach viel schneller und es passt mehr drauf!", erklärt Ju mir die Vorteile seines Geschenks.

„Und womit habe ich das verdient?"

„Einfach, weil du fresh bist!" Er zwinkert mir zu und ich muss lachen. Wie lieb von ihm. Andre wirft uns einen skeptischen Blick zu, während Cengiz über irgendwas lacht, dass Nico oder Sascha gesagt hat.

Ich verschließe die Rückseite der Cam wieder.

„Ich glaub ich werde die neue Karte gleich nachher mal ausprobieren."

„Gute Idee. Und ich zeige dir dann, wie man die Sachen auf den Computer kriegt. Natürlich würdest du es auch ohne mich schaffen, aber es gibt da ein paar Tricks, wie es noch schneller geht."

Ich nicke begeistert. Es ist echt super, jemanden zu haben, mit dem man sich vernünftig über die Probleme beim Schnitt unterhalten kann, weil er selbst immer am Schneiden ist.

Wir stehen auf und setzen uns nebeneinander zu den anderen aufs Sofa. Eine Weile reden alle durcheinander, so wie das immer bei uns ist. Ju erzählt mir sehr ausführlich von seiner Reise in seine Heimat. Ich höre aufmerksam zu, doch mein Blick wandert immer öfter zu Andre. Er starrt fast ununterbrochen auf sein Handy und schenkt mir keinerlei Beachtung.

„Jungs, lasst uns doch ein Video drehen. Ich kann es gar nicht erwarten, mal die neue Speicherkarten von der Bumsebiene auszuprobieren...", schlage ich vor, weil ich es Leid bin, Andres versteinertes Gesicht zu sehen.

Ju stöhnt genervt auf, weil er es hasst, wenn wir ihn so nennen und knufft mich mit seinen Ellbogen in die Seite. Das lass ich natürlich nicht auf mir sitzen und schon befinden wir uns in der schönsten Rauferei, wie das unter Jungs eben so üblich ist.

Das Ganze endet erst, als die anderen bereits alle ihre Kameras geholt und parat haben und Andre uns mit ziemlich wütender Miene dazu auffordert, endlich anzufangen.

Ich werfe ihm einen irritierten Blick zu, schnappe mir die Kamera und stelle alles ein. Zuerst wollen wir unser Video drehen und begrüßen die Zuschauer mit einem lauten „Hallo liebe Freunde..." Zum Glück ist Andres Laune sofort wieder besser, als wir anfangen zu drehen. Ich weiß, dass er es liebt, wenn meine ganze Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet ist, während ich ihn filme.

Nach mehreren Stunden haben wir drei Videos produziert und ich verkrümele mich gleich ins Arbeitszimmer um zu schneiden. Wie versprochen hilft Ju mir, die Dateien auf den Computer zu importieren, wobei wir mal wieder ununterbrochen herumalbern.

Nach ungefähr zehn Minuten stürmt Andre ins Zimmer und fordert mit erstaunlich scharfem Unterton, dass ich ihm in der Küche helfe etwas für alle zu kochen. Eigentlich würde er das doch auch locker alleine schaffen, aber ich lasse mich von ihm mitziehen.  Er schließt die Tür zum Arbeitszimmer hinter mir. Kaum sind wir einigermaßen außer Hörweite, krallt er sich an meinem Arm fest.

„Jan, was soll das?" Er sieht mich finster an.

„Was?", frage ich zurück.

„Na... das!" Er weist mit dem Kopf Richtung Arbeitszimmer.

„Ähm? Keine Ahnung, wovon du redest?"

„Mann, Jan! Ich kann es nicht mit ansehen, wie ihr die ganze Zeit herum albert... Ich kann das einfach nicht! Und außerdem..."

Ich unterbreche ihn, aus Angst, dass Ju oder die anderen etwas hören.

„Wir werden noch über die Sache zwischen uns reden. Und zwar später, ok? Heute Abend bei unserem... du weißt schon..."

„Ok." Er sieht zu Boden und dabei so traurig aus, dass es mir echt im Herzen wehtut.

Ich lehne mich gegen seine Brust und schlinge einen Arm um seinen Nacken, während ich mich auf die Zehenspitzen stelle und ihm leise ins Ohr flüstere: „Vergiss nicht, wie lie..."

„Was geht, Boys?" Nico schlendert an uns vorbei. „Gibt's bald was zwischen die Zähne? Ich hab meeega Hunger..."

Ich mache schnell einen Schritt zurück und lasse Andre los. Nicos Blick wandert verwundert zwischen uns beiden hin und her. "Hab ich euch irgendwie gestört oder so?"

„Wir... wollten eine Idee für einen Prank an Cengiz besprechen.", versuche ich was halbwegs Glaubwürdiges zu erfinden.

„... aber jetzt kochen wir was!", fügt Andre hinzu und setzte sein typisches harmloses Andre-Grinsen auf, mit dem er schon früher in der Schule die Lehrer davon überzeugt hat, dass er die Hausaufgaben leider nicht machen konnte, weil bedauerlicherweise nur er  das Blatt nicht bekommen hat, worauf er sich bedauerlicherweise auch keinen Reim machen kann und das Alles, wo er die Aufgaben doch so gerne erledigt hätte. Nur Cengiz und ich kennen dieses Grinsen und wissen ganz genau, dass Andre genau dann Mist erzählt.

„Nice!" Nico verschwindet wieder ins Wohnzimmer. Ich atme erleichtert auf. Reicht schon, wenn Cengiz weiß, dass... Shit, davon habe ich Andre ja noch gar nichts gesagt. Das sollte ich mal dringend nachholen...

„Was ich eigentlich sagen wollte ist,...", setzte ich an und ermahne mich selbst, ihm nicht durch die Haaren zu fahren, die ihm ins Gesicht fallen, als er sich bückt, um eine Schublade zu öffnen.

„Ich weiß schon!", sagt er und seine Augen glänzen, als er sich wieder aufrichtet. Er fährt sich durch die blondierten Strähnen, die trotzdem weiterhin machen, was sie wollen. Sein Anblick macht mich sofort glücklich. Lächelnd hole ich einen Topf und eine Pfanne heraus und stelle beides auf den Herd. Vielleicht sind Ju und ich wie Seelenverwandte. Aber zwischen Andre und mir existiert etwas viel Stärkeres. Etwas, dass schon immer da war und ich nicht in Worte fassen kann, so sehr ich mich auch bemühe.


Hoffe es gefällt euch. :* Im nächsten Kapitel gibt es die große Aussprache und endlich Klarheit zwischen den beiden süßen... Seid also gespannt. :D Und: Danke für eure lieben Kommis vom letzten Mal, die haben mich SEHR gefreut... <3


 

Memories never die | JandreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt