Kapitel 29

5.9K 384 10
                                    

Lennis Sicht:

"Marah, komm, wir müssen nach Hause. Sonst ist Mama nachher böse auf uns, weil wir zu spät sind." Marah zieht eine Schippe und sieht mich mit ihren großen, süßen Augen traurig an. "Nein, nicht dieser Blick, das ist unfair." Marah kichert und kommt mit dem Ball in der Hand auf mich zugelaufen. "Ich bin so aufgeregt wegen morgen, Lenni! Glaubst du, dass wir gewinnen werden?", "Ja, das glaube ich. Aber du musst dich dann konzentrieren, okay? Nicht ablenken lassen. Immer den Ball im Auge behalten." Sie nickt ganz aufgeregt. "Die Hauptsache ist aber, dass ihr Spaß habt." Sie verdreht die Augen. "Wenn du verlierst, dann bist du auch schlecht gelaunt." Ich lache auf. Da hat sie wohl recht. Nur kommt es sehr selten vor, dass meine Mannschaft verliert. Wir sind recht gut. "Mama kommt doch morgen auch, oder?" Ich nicke. "Okay. Das ist gut." Sie hüpft vor mir umher und hält den Ball fest in der Hand. Zuhause angekommen ziehen wir Schuhe aus und gehen in die Küche, wo Mama bereits den Tisch deckt. "Wo ist denn Dad?", frage ich sie. "Na der muss doch heute nach München.", antwortet sie mir. Wie auf Knopfdruck macht Marah neben mir auf dem Absatz kehrt und rennt nach oben. "Ist das sein ernst? Marah hat morgen ein wichtiges Fußballspiel und er ist nicht da?" Mom seufzt. "Es geht nun mal nicht anders. Es ist sein Job." Ich schnaube wütend und verlasse die Küche. "Wo willst du denn jetzt hin?", "Nach oben!", fauche ich meine Mom an und gehe die Treppe hinauf. Als ich die Tür zu Marahs und Hannahs Zimmer öffnen will, stoße ich auf Widerstand. Sie ist abgeschlossen. "Marah? Komm schon, mach bitte die Tür auf.", bitte ich sie. "Nein!", schreit sie zurück und weint ganz eindeutig. Ich lehne meine Stirn gegen die Tür und schließe die Augen. "Bitte mach die Tür auf, Prinzessin.", murmle ich. Ich höre sie schluchzen und das zerreißt mir das Herz. Ich mag es nicht, wenn sie weint. "Lenni?", höre ich Mom von unten rufen. Ich gehe runter und da steht sie mit ihrem Rollstuhl vor der Treppe, ihre Augen sind leicht gerötet und feucht. Jetzt tut es mir leid, dass ich sie so angefangen habe. "Soll ich dir nach oben helfen?" Sie nickt und lässt sich von mir nach oben tragen. Was das betrifft, können wir froh sein, dass ich schon so alt und groß bin, dass ich sie in die obere Etage tragen kann, wenn Dad nicht da ist. "Lässt du mich mal mit Marah alleine?" Ich nicke widerwillig und gehe in mein Zimmer. Hoffentlich bekommt Mom sie beruhigt. Ich nehme mein Handy und schreibe Kat, ob sie vorbei kommen kann. Ich brauche sie gerade bei mir. Mom hat sicher nichts dagegen, wenn sie herkommt und hier schläft. Es ist sowieso Wochenende. »Bin gleich bei dir. Ist alles okay?« Ich seufze. »Nein, nicht wirklich. Dad ist weg und Marah weint, weil er deswegen morgen nicht bei ihrem Fußballspiel dabei ist.«, antworte ich. »Oh nein, die arme._. Ich bin gleich da xxx« Ich nicke zufrieden darüber, dass sie gleich hier ist und lege mein Handy auf den Nachttisch. Ich kann hören, wie Mom immer noch versucht, Marah dazu zu bewegen, die Tür zu öffnen. Das kann ja noch was werden. Wo ist Hannah eigentlich? Ich bezweifle, dass sie mit im Zimmer ist. Wahrscheinlich ist sie unten in der Stube und schaut fern.

Wenig später höre ich, wie es unten klingelt also springe ich auf und laufe an Mom vorbei nach unten. "Ist nur Kat.", erkläre ich ihr im Vorbeigehen, da sie mich verwirrt ansieht. "Hey.", lächelt sie mich an, als ich ihr die Tür öffne. Ich lächle zurück und drücke kurz meine Lippen auf ihre. "Ist Marah immer noch in ihrem Zimmer?" Ich nicke seufzend. "Das wird schon. Wie wäre es, wenn wir morgen mit ihr hingehen?", "Das wird sie wohl kaum trösten.", murmle ich niedergeschlagen. "Hast du mal deinen Vater angerufen? Vielleicht schafft er es ja auch rechtzeitig zum Spiel wieder hierzusein." Ich sehe Kat eine Weile an. "Ja, vielleicht hast du recht. Ich rufe ihn gleich an." Kat nickt zufrieden und lächelt. Wir setzen uns in der Küche an den Tisch. "Wie hast du es geschafft das Heim zu verlassen?" Sie kichert. "Das willst du nicht wissen." Ich grinse breit. "Jetzt erst recht. Sag schon.", "Ich wollte heute eh noch zu dir, deswegen habe ich ihr Trinken ausgetauscht. Sie sollte mittlerweile sturzbetrunken im Bett liegen und schnarchen. Ich bin nicht die einzige, die das ausgenutzt hat." Ich lache auf. "Kat!", "Was denn? Hätte ich sie lieb gefragt, ob ich zu dir darf, hätte sie doch eh nur verneint.", kichert sie vor sich hin. Ich schüttle belustigt den Kopf. Sie ist einfach unverbesserlich. "Wo ist denn Hannah?", "Hier in der Stube!", ruft Hannah zurück. Aha, hatte ich also recht. "So, du wirst jetzt deinen Vater anrufen." Kat schiebt mir mein Handy entgegen, das ich gerade vor mir auf den Küchentisch gelegt habe. Ich gebe den Blick und sehe in Kats Augen, da sie mir direkt gegenüber sitzt. "Komm schon." Ich nicke seufzend und nehme mein Handy, um die Nummer meines Vaters zu wählen. "Reus.", meldet er sich. Er klingt so gehetzt und so geschäftlich. "Hey, Dad.", murmle ich und muss mich zusammen reißen, dass ich nicht so gereizt klinge. "Lenni? Was ist los?" Ich verdrehe die Augen. "Was los ist? Du haust einfach ab, wenn Marah und ich nicht zuhause sind, sagst uns nicht einmal tschüss und dann bist du morgen nicht mal da, um bei Marahs Fußballspiel anwesend zu sein." Ich fahre mir genervt durch die Haare. "Es tut mir leid, Großer, ich hatte aber leider keine Zeit mehr, um auf euch zu warten. Ich hätte euch später angerufen, um gute Nacht zu sagen." Ich schnaube. "Dad, Marah weint und hat sich in ihr Zimmer eingeschlossen, weil du morgen nicht bei ihrem Spiel dabei sein wirst. Sie ist total traurig deswegen. Du merkst es nicht und machst es unbewusst aber du gibst ihr regelmäßig das Gefühl, dass du Hannah viel lieber hast als sie. Sie hat mich heute gefragt, ob du und Mom uns alle nicht mehr lieb habt, weil ihr noch ein Kind bekommen wollt. Scheiße, Dad, sie versucht alles, um dich auf sie stolz zu machen.", "Ich bin stolz auf sie.", sagt er und er klingt traurig. "Dann zeig ihr das bitte auch. Sie ist sensibel und noch zu jung, um alles zu verstehen, was ihr Erwachsenen macht.", "Du hast ja recht, Lenni." Er seufzt laut. "Ich sehe zu, dass ich es schaffe. Ich werde da sein. Versprochen.", "Hoffentlich.", murmle ich und lege auf.

Family is foreverWo Geschichten leben. Entdecke jetzt