Kapitel 33

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*etwas größerer Zeitsprung*
Lennis Sicht:

Mom stöhnt und drückt sich den Handballen ihrer rechten Hand in die Seite ihres Bauches. Ich war nicht sehr begeistert, als sie und Dad herausgehauen haben, dass ich wieder eine kleine Schwester bekomme. Ein kleiner Bruder wäre mir doch irgendwie lieber gewesen. Und zwar nur ein kleiner Bruder. Ich bekomme einen. Aber eben auch eine kleine Schwester. Das war ein ganz schöner Schock. Ich wusste ja, dass ich erneut Bruder werden. Aber schon wieder doppelt? Erst bekommen sie es jahrelang gar nicht auf die Reihe und dann sind es zwei Babys? Also eins muss ich meinem Dad lassen: da hat er mal wieder ordentlich reingehauen. Ich schüttle mich bei dem Gedanken und verziehe das Gesicht.

Dad steht auf und geht zu Mom rüber, die ihr Gesicht schmerzvoll verzieht und erneut aufstöhnt. "Was ist los?", fragt Dad besorgt, doch Mom schüttelt den Kopf und winkt ab. "Schatz, rede mit mir. Hast du Schmerzen?" Sie winkt erneut ab. Papa verdreht die Augen und setzt sich wieder auf seinen Stuhl. "Darf ich aufstehen?", fragt Hannah und klimpert mit den Wimpern. "Um was zu tun?", fragt Dad sie und beißt von seinem mit Erdbeemarmelade beschmierten Brötchen ab. "Ich will spielen.", antwortet Hannah ihm. "Hm, na gut. Ihr zwei könnt aufstehen." Hannah springt auf und rennt nach oben, während Marah noch etwas Schwierigkeiten mit ihrem Fuß hat und deshalb nicht ganz so schnell ist. "Verdammt!", stöhnt Mom wieder auf und drückt wieder ihre Hand an ihren Bauch. "Okay, mir reicht es jetzt. Was ist los? Leugne es nicht, Ally.", redet Dad streng auf Mom ein. Sie verdreht die Augen und seufzt. "Es sind keine Wehen. Die fühlen sich anders an. Abgesehen davon ist es noch viel zu früh." Papa seufzt ebenfalls. Ihn nervt es etwas, dass Mama alles so auf die leichte Schulter nimmt, was die Schwangerschaft betrifft. Man sieht ihr an, dass es ihr gut geht. Aber ab und zu geht es ihr nicht gut und dann streitet sie alles ab und lässt sich nicht helfen. Was das Laufen betrifft, wird es besser. Sie kann kleine Strecken laufen aber das wird jetzt mit der Zeit wieder immer schwerer, da sie noch nicht genug Kraft in den Beinen hat, um ihr eigenes Gewicht mitsamt der Babys zu tragen. Das sind immerhin ein paar Kilo mehr.

Am Abend habe ich mich mit Kat in mein Zimmer verzogen und erhoffe mir, dass heute vielleicht mal wieder etwas mehr läuft. Ist schon eine Weile her, dass Kat und ich miteinander geschlafen haben. Ist auch schwierig. Hier ist immer jemand da, der ins Zimmer platzen könnte oder uns hört. Und bei Kat im Heim ist es sogar noch schlimmer. Mein Vater trichtert mir ungefähr jeden zweiten Tag ein, dass Kat und ich auf keinen Fall ohne Kondome miteinander schlafen sollen und ich sitze immer da und denke mir, dass wir überhaupt erstmal Sex haben müssen, um verhüten zu können. Sagen kann ich meinem Vater das natürlich nicht. Aber was soll's. "Ich kenne diesen Blick.", kichert Kat, als ich sie ansehe und sie eigentlich küssen will. "Ach ja?", schmunzle ich. "Ja, das ist dein Fick-Mich-Blick.", kichert sie weiter. Ich grinse dümmlich vor mich hin. "Ja, da hast du wohl Recht." Kat wird etwas rot, woraufhin ich sie einfach küsse und meine Hand vorsichtig unter ihren Pullover schiebe. Lautes Geschrei lässt uns auseinander fahren. Ich starre mit gerunzelter Stirn meine Tür an. "Sind das deine Eltern?", fragt Kat besorgt. Ich nicke und stehe auf, um zu meiner Tür zu gehen und sie zu öffnen. "Kannst du nicht ein einziges mal etwas ernst nehmen? Es kotzt mich an, wie du mit dieser Situation umgehst!", brüllt mein Vater. Sie sind irgendwo unten. Meine Eltern streiten sich? Wie lange ist es her, dass meine Eltern mal Streit hatten? Ewig! "Ach ja? Dich kotzt es an? Wie soll ich sonst damit umgehen? Wenn du nicht da bist, dann kann ich auch nicht mit dir reden also wieso sollte ich es tun, wenn du hier bist? Mal davon abgesehen, dass du nie hier bist!", schreit Mom zurück. Ich drehe meinen Kopf nach hinten zu Kat, die mit verrutschtem Pullover auf meinem Bett sitzt und mich besorgt mustert. "Ach, jetzt wirfst du mir auch noch vor, dass ich Geld nach Hause bringe, oder was? Durch meine Arbeit hast du den Luxus in diesem Haus wohnen zu dürfen! Also beschwer dich verdammte Scheiße nochmal nicht!" Was geht den mit denen? Sind die noch ganz bei Trost? Ich gehe zur Treppe und gehe langsam und ganz leise Stufe für Stufe nach unten. "Und ich gehe nicht arbeiten? Ich habe auch einen festen Job und verdiene Geld! Also bilde dir mal nichts ein, ja? In letzter Zeit bist du ganz schön oft nicht Zuhause. War ja sonst nicht so. Wer ist sie? Wer hat das Glück von dir so richtig durchgenommen zu werden, hm? Kann man ja machen, wenn die eigene schwangere Ehefrau Zuhause sitzt und nicht mehr in der Lage ist mit dem Ehemann zu vögeln!" Die sind doch völlig übergeschnappt! "Ja, das macht dir Spaß, oder? Immer schön in alten Wunden graben. Weißt du was? Ihr Name ist Paulina.", faucht Dad. Und dann ist Ruhe. Mit klappt der Mund auf. Das meint der doch nicht ernst, oder? Laute Schritte sind zu hören und dann fliegt die Tür im Hauswirtschaftsraum mit einem lauten Knall zu. Für ein paar Sekunden ist im gesamten Haus nicht ein Ton zu hören. Totenstille. Ich schlucke schwer und gehe ganz langsam ein Stück weiter die Treppe nach unten. Als ich meine Mom dann schluchzen höre, poltere ich den Rest der Treppe nach unten und stürme in die Stube, wo Mom wie ein Häufchen auf der Couch sitzt und weint. "Nicht weinen, Mom, das hat er nicht ernst gemeint.", rede ich auf sie ein und nehme sie in den Arm. Ohne sich zu wehren lehnt sie sich an mich und weint. "Er hat das nicht ernst gemeint.", murmle ich weiter wie ein Mantra vor mich hin. Ich hoffe, dass er nie wieder ein Fuß in dieses Haus setzt, wenn das, was er gesagt hat, der Wahrheit entspricht. Denn dann hasse ich meinen Dad.

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