Teil 28

55 2 0
                                    


~Samu~

Es war Viertel nach 6, als Samu vor der Bar aus dem Taxi stieg und dem Fahrer das Geld reichte. Er mußte zugeben, daß er etwas aufgeregt war und kurz fragte er sich, was er machen würde, wenn Jessica ihn wider Erwarten nicht sehen wollte. Er war die ganze Zeit so davon überzeugt gewesen, daß sie sich freuen würde, ihn zu sehen, daß er gar nicht daran gedacht hatte, was war, wenn sie sich nicht freute. Naja, der einzige Weg das herauszufinden war, hineinzugehen, also betrat er die Bar und blieb für einen Moment in der Tür stehen um sich einen Überblick zu verschaffen. Es war noch nicht sehr viel los, aber das würde sich wahrscheinlich schnell ändern.

Samus Blick glitt rüber zur Theke und da war sie. Ein Lächeln huschte unbewußt über sein Gesicht, als er sah, wie sie sich mit Sandra unterhielt. Sehr glücklich schien sie dabei nicht auszusehen, aber vielleicht täuschte er sich auch nur. Da traf plötzlich Sandras Blick seinen und er hob kurz zur Begrüßung die Hand, ehe Sandra sich wieder von ihm abwandete und etwas zu Jessica sagte, die daraufhin etwas verwirrt aussah und anschließend verschwand. Sandra sah ihr noch einige Sekunden nach und gab Samu dann mit einer Geste zu verstehen, daß er zur Theke kommen solle, was er auch tat.

„Hi Sandra.." lächelte er und setzte sich auf einen der Barhocker.

„Hi Samu.. also keine Sorge, ich werde heute sicher nicht die Polizei wegen dir rufen. Jessica hat mir eben von dir und eurem kleinen Drama erzählt und glaub mir, sie wird definitv ausrasten, wenn sie dich sieht. Also vor Freude, meine ich." grinste Sandra ihn an.

„Das ist gut. Ich hatte nämlich selbst ein paar Zweifel." antwortete Samu mit einem schiefen Grinsen.

„Möchtest du was trinken?" Sandra sah ihn fragend an.

„Ähm, ich denke, das bestelle ich bei Jessica." Samu zwinkerte ihr schmunzelnd zu.

„Okay, sie ist gleich wieder da. Sie holt nur gerade Wodka. Das Regal muß aufgefüllt werden."

Samu sah zum Regal rüber, das für ihn eigentlich ziemlich gut gefüllt aussah.

„Ah ja, stimmt. Ist ziemlich leer." grinste er.

Samus Blick fiel nun auf Jessica, die gerade mit einigen Flaschen im Arm wiederkam und sein Herz fing an zu rasen. Sie schien ihn jedoch nicht zu bemerken, sondern fing direkt damit an, die Flaschen wegzuräumen.

„Entschuldigung? Ich hätte gerne einen doppelten Jägermeister und meinen grauen Lieblingspullover zurück." sprach Samu sie daher an und beobachtete schmunzelnd, wie Jessica kurz zusammenzuckte, als sie seine Stimme erkannte, und beinahe eine Flasche Wodka fallen gelassen hätte, wenn Sandra die Flasche nicht aus weiser Voraussicht schnell festgehalten hätte.

~Jessica~

Sie hatte wirklich mit allem an diesem Abend gerechnet, allem voran, daß sie doch irgendwann heulend auf der Toilette verschwinden würde, doch nicht damit, daß Samu auftauchte. Jessica wußte nicht, was sie eher zusammenzucken ließ, seine Stimme oder das, was er gesagt hatte. Es hielt sich wohl die Waage. Zumindest hatte sie für einen Moment so einen Schrecken bekommen, daß sie fast eine Flasche hätte fallen gelassen, aber zum Glück wußte Sandra, wie tollpatschig sie die meiste Zeit war und hatte wie automatisch nach der Flasche gegriffen.

Langsam drehte Jessica sich jetzt zu Samu um, der sie mit einem Grinsen ansah, das so typisch für ihn war, seine Haare wie immer wild durcheinander. Irgendwie erschien es ihr unwirklich, ihn in dieser Bar, an ihrem Arbeitsplatz, zu sehen, noch dazu, weil sie ihn schon längst in Helsinki vermutet hatte, und daher dauerte es einige Sekunden, ehe sie realisiert hatte, daß Samu tatsächlich da war.

„Und, was ist mit meinem Jägermeister? Ich denke, den habe ich mir verdient. Ich habe nämlich die ganze Stadt nach dir abgesucht." scherzte Samu dann und holte Jessica damit aus ihrer Schockstarre.

„Oh mann, du bist tatsächlich hier.." Jessica konnte es immer noch kaum glauben und wagte sich nicht, ihren Blick von ihm zu lösen, aus Angst, Samu könne wieder verschwinden. Ohne weiter auf seinen Scherz einzugehen, verließ sie ihren Platz hinter der Theke und ging zu ihm, wo sie direkt die Arme fest um seinen Hals schlang. Da Samu saß, konnte sie das ohne Probleme machen, denn er war so groß, daß sie sonst eine Fußbank gebraucht hätte. Als sie merkte, wie er ebenfalls seine Arme um sie legte und sie an sich drückte, konnte Jessica nicht anders als ihren Tränen freien Lauf zu lassen. Sie konnte nicht beschreiben, wie erleichtert und froh sie darüber war, daß Samu nicht nach Finnland geflogen war und sie stattdessen gesucht hatte. Sie würde sicher nie wieder daran zweifeln, daß er sie wirklich mochte, denn das hatte er nun eindeutig bewiesen, auch wenn Jessica sich nicht vorstellen konnte, wie Samu sie gefunden hatte und das nur innerhalb eines Tages. Doch daran wollte sie im Moment nicht denken, sie wollte es einfach nur genießen, wieder bei ihm zu und in seinen Armen zu sein, denn das fühlte sich unglaublich gut an.

Jessica wußte nicht, wie lange Samu und sie sich in den Armen gelegen hatten, aber selbst als sie sich wieder beruhigt hatte, wollte sie ihn einfach nicht loslassen und Samu schien es nicht anders zu gehen. Er hielt sie immer noch fest an sich gedrückt und streichelte ihr ab und zu über den Rücken, was bei ihr jedes Mal einen Gänsehautschauer auslöste. Aber irgendwann erinnerte sich Jessica daran, daß sie ja eigentlich zum Arbeiten in der Bar war, auch wenn sie darauf nun noch weniger Lust hatte als vorher. Nur ungern löste sie sich also von Samu, der seine Umarmung zwar etwas lockerte, aber seine Arme dort ließ, wo sie waren. Jessica wischte sich vorsichtig unter den Augen her, um ihr Makeup nicht noch mehr zu verschmieren als es wahrscheinlich so schon war.

„Oh mann, ich muß ja jetzt aussehen wie ein Monster." meinte sie halb schniefend und halb lachend.

„Ach Quatsch, so schlimm ist es nicht." Samu sah sie lächelnd an. Es war ein Lächeln, für das Jessica ihn am liebsten geküsst hatte.

„Sorry, ich wollte dich nicht vollheulen." Jessica sah ihn leicht verlegen an.

„Das ist schon okay. Warte.."

Samu hob seine Hand und wischte ihr sanft mit dem Daumen eine Träne aus dem Augenwinkel. Und wieder war Jessica sofort von seinem Blick gefesselt, während sie gleichzeitig seine sanfte Berührung genoß.

„Du solltest aber vielleicht doch mal schnell dein Makeup überprüfen. Es sei denn, der Waschbär – Look ist jetzt in."

Jessica sah ihn entsetzt an. Sah sie wirklich so schlimm aus? So viel also zu dem teuren, wasserfesten Makeup. Das taugte doch alles nichts... Doch dann sah sie Samu frech grinsen und mußte ebenfalls grinsen.

„Du bist gemein, wirklich." Sie knuffte ihm kurz in die Seite.

„Ich bin gleich wieder zurück."

Jessica drückte ihm einen Kuß auf die Wange und ging zu den Damentoiletten, aber sie vermisste es, sobald Samu seine Arme von ihr genommen hatte, in seinen Armen zu sein.

You can try to find strength in my armsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt