You can try to find strength in my arms

Teil 6

~Samu~

Samu konnte sich ebenfalls nicht auf den Rest des Films konzentrieren. Immer wieder glitt sein Blick neben sich zu Jessica, die scheinbar interessiert den Film auf der Leinwand verfolgte und dabei ihr Popcorn aß. Er fragte sich die ganze Zeit, in was er da bloß hineingeraten war und was er getan hatte. Manchmal ärgerte er sich über sich selbst, wenn er mal wieder zu impulsiv gehandelt hatte, genau wie jetzt. Jessica hatte ihm zwar keine geknallt, als er sie geküsst hatte, aber das hätte ganz schnell passieren können, denn wie lange kannte er sie nun? Eine halbe Stunde vielleicht? Sicher, sie war seit sehr langer Zeit die erste Frau, die ihm richtig gefiel, aber selbst wenn sie beide die Chance hätten, sich näher kennenzulernen... Samu hoffte einfach, daß er nicht zu sehr rangegangen war und damit alles kaputtgemacht hatte. Aber es hatte sich einfach so richtig angefühlt, als er sie geküsst hatte. Wie konnte denn etwas, was sich richtig anfühlte, falsch sein? Einen kurzen Augenblick hatte er mit sich selbst kämpfen müssen und hätte sich nicht seine Vernunft für eine kurze Sekunde eingeschaltet, hätte er Jessica gleich nochmal geküsst.

Während er nun, ohne überhaupt wirklich etwas zu sehen, auf die Leinwand starrte, hoffte er, daß der Film bald zuende sein würde und daß er danach noch genug Zeit haben würde, sich mit Jessica zu unterhalten, ehe das Konzert anfing. Er wollte sie unbedingt näher kennenlernen und konnte sie nicht einfach so gehen lassen. Das Konzert sollte zwar erst gegen 21 Uhr beginnen, aber je nachdem wie lange der Film dauerte, würde nicht mehr allzu viel Zeit bleiben. Natürlich konnte er Jessica zum Konzert einladen, aber das würde voraussetzen, daß er ihr von seiner Band erzählte. Das würde er eh über kurz oder lang machen müssen, daran kam kein Weg vorbei. Das war etwas, was ihm sicher auch nicht leicht fallen würde, denn er hatte schon Angst vor dem Moment, in dem sich die Art änderte, wie Jessica ihn ansah. Sie würde ihn dann nicht mehr als ganz normalen Mann sehen, sondern als jemand, der im Rampenlicht stand, ein kleines Bißchen berühmt war und damit nicht schlecht verdiente. Natürlich konnte er sich auch irren, aber er hatte es leider schon zu oft erlebt, daß Menschen ihn auf einmal anders behandelt hatten, nachdem sie erfahren hatten, wer er war und was er machte. Natürlich wieder ganz besonders Frauen. Trotzdem würde er es Jessica sagen und sollte sich seine Vermutung bei ihr auch bestätigen, war sie es nicht wert, daß er sich überhaupt für sie interessiert hatte.

Es kam Samu wie eine kleine Ewigkeit vor, bis Johnny Depp als Captain Jack Sparrow die Quelle der ewigen Jugend endlich gefunden hatte und der Abspann des Films lief. Das Licht im Saal ging wieder an, die Kinogäste standen von ihren Plätzen auf und machten sich auf den Weg Richtung Ausgang. Wieder hoffte Samu inständig, daß er unerkannt blieb, denn er konnte es gerade gar nicht gebrauchen, daß ihn irgendwer nach einem Autogramm oder einem Foto fragte.

Er beobachtete die Leute, die in einer langen Schlange darauf warteten, den Kinossaal verlassen zu können, weil es sich an der Tür ein bißchen staute. Das würde wohl noch ein paar Minuten dauern, schätzte er. Gott, dabei brauchte er endlich mal wieder eine Zigarette... Ein Laster, dem er schon seit 2 Jahrzehnten nachging und daß er einfach nicht loswurde.

~Jessica~

Jessica war erleichtert, als der Film endlich aus war und das Licht wieder anging, obwohl sie sich kaum traute, neben sich zu Samu zu sehen. Ihr war immer noch sehr peinlich, was passiert war und das würde wohl auch nicht so schnell vergehen. Sie hatte dieses außerordentliche Talent, peinliche Momente immer wieder in ihren Kopf zu wiederholen, bis sie sich schließlich für das ungeschickteste Trampeltier auf der ganzen Welt hielt. Gott, Samu mußte sie doch wirklich für die letzte Idiotin halten.

„Ähm, wir sollten dann auch mal gehen," meinte sie also, nahm sich ihre Tasche und stand auf, doch da spürte sie eine Hand an ihrem Handgelenk, die sie festhielt. Ein angenehmes Kribbeln ging durch ihren ganzen Körper. Sie sah zu Samu, der immer noch in seinem Sitz saß und gar keine Anstalten machte, aufzustehen. Stattdessen sah er sie mit diesem süßen Lächeln an.