Teil 9

100 2 0
                                    


~Jessica~

Jessica mußte gegen ihren Willen lachen. Der Kerl schien wirklich ein bißchen durchgeknallt zu sein, aber sie würde lügen, wenn sie sagen würde, daß ihr das nicht gefiel. Sie hatte auch den Eindruck, daß Samu, so durchgeknallt er auch war, ein ziemlich ehrlicher Mensch war, der einem sagte, was er dachte, auch ohne groß zu überlegen. Vielleicht passte einem das Gesagte nicht immer, aber zumindest wußte man so, woran man war. Das war etwas, was Jessica ebenfalls sehr sympathisch an ihm war. Sie konnte Menschen nicht ausstehen, die einem etwas vorspielten oder einem nur das sagten, was man hören wollte. Deswegen war sie auch so aufgebracht gewesen, als Samu ihr erzählt hatte, daß er nicht der war, für den sie ihn hielt oder viel mehr, daß er mehr als nur ein normaler Kerl war, was sie eigentlich angenommen hatte.

„Also, wenn du rechtzeitig für das Konzert auf der Bühne stehen willst, solltest du vielleicht mal anfangen."

Jessica sah ihn schmunzelnd an.

Samu nickte, schwieg jedoch weiter, wobei er mit seiner halbgerauchten Zigarette im Aschenbecher rumstocherte.

Jessica merkte, daß es ihm schwerfiel, einen Anfang zu finden, also griff sie nach einem kurzen Zögern nach seiner anderen Hand und drückte sie leicht. Samu sah sie an, lächelte leicht und erwiderte den Druck ihrer Hand.

„Weißt du, ich bin stolz darauf, was ich mache. Ich bin stolz auf unsere Musik und darauf, wieviel wir schon erreicht haben mit der Band. Eigentlich gibt es da wirklich keinen Grund, weshalb ich das alles verschweigen sollte. Was ich im Grunde auch nicht getan habe. Ich habe es einfach nicht erwähnt, als ich gemerkt habe, daß du keine Ahnung hattest, wer ich bin. Ich fand es einfach nicht wichtig, verstehst du? Aber das soll jetzt keine lahme Ausrede sein. Es ist nur so, daß ich... nein, wir alle, einen hohen Preis für diesen Erfolg zahlen mussten. Das heißt zum Beispiel kaum noch Privatleben, weil wir das ganze Jahr über einen vollen Terminkalender haben. Konzerte, Festivalauftritte, TV – Auftritte, Interviews, Fotoshootings, Albumaufnahmen. Zwischendurch schreiben wir immer wieder an neuen Songs. Selbst, wenn wir dann mal zu Hause in Helsinki sind. Wirkliche Pausen haben wir nicht, denn man weiß ja nie, wann man plötzlich eine Idee für einen Song hat und dann setzt man sich und schreibt sich alles auf, um es nicht zu vergessen. Wenn es wirklich mal vorkommt, daß wir unsere Ruhe haben, sind wir dann so fertig, daß wir einfach nur ausspannen, unsere Familien besuchen oder mit Freunden ausgehen und feiern."

Samu drückte seine inzwischen bis auf den Filter runtergebrannte Zigarette aus und griff erneut nach der Schachtel, überlegte es sich dann jedoch anders und legte sie wieder weg.

„Versteh mich nicht falsch, ich will jetzt nicht über das schwere Leben eines Rockstars jammern, denn so stressig es auch manchmal ist, das alles macht mir auch tierisch viel Spaß. Das ist alles, was ich schon immer machen wollte und für das ich hart gekämpft habe. Na, und unsere Fans sind einfach klasse."

Samu sah Jessica lächelnd an und sie konnte in seinen Augen sehen, daß er das, von dem er gerade erzählt hatte, wirklich liebte. Daß es sein Leben war.

„Das Problem ist nur, daß die Fans mich nicht wirklich kennen. Sie kennen nur den Samu von Sunrise Avenue, den Samu auf der Bühne. Ich würde zwar nicht sagen, daß ich auf der Bühne anders bin als privat, aber du weißt sicher, was ich meine. Die Menschen sind nie so, wie man sie sich vorstellt, gerade wenn sie in der Öffentlichkeit stehen. Man will zumindest einen kleinen Teil von sich und von seinem Leben schützen. Etwas, wo die Presse oder die Fans keinen Zugang zu haben. Und das ist der Grund, weshalb ich es toll und erholsam finde, jemanden zu treffen, der keine Ahnung davon hat, was ich mache, wer ich bin. Das ist ganz allein der Grund dafür, daß ich es dir nicht von Anfang an gesagt habe, obwohl ich gewußt habe, daß du es eh irgendwann rausfinden würdest. Frühestens beim Konzert und spätestens dann, wenn du mal irgendwas in einer Zeitung liest oder im Fernsehen siehst. Das wäre natürlich für mich besser und sicherer gewesen, denn ich habe eben wirklich gedacht, du reißt mir den Kopf ab."

You can try to find strength in my armsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt