Ich ließ meinen Blick geistesabwesend über die Klasse schweifen, die gerade im Stundenwechsel auf den Lehrer wartete. Neben mir, am Fensterplatz der letzten Reihe, saß wie immer Tobi, der gedankenverloren etwas auf einen Block zu kritzeln schien und auf dem Tisch zu meiner rechten lagen die Schulsachen von Miro, ein Beta, der seit Anfang des Schuljahres mein Sitznachbar war. Ich war froh darum, dass er neben mir saß, wir redeten nicht viel, was uns beiden sehr passte, viel mehr als eine Begrüßung morgens und ein paar höfliche Sätze oder Nachfragen zum Unterricht waren nicht drin. Nichts privates. Meine Wunden im Gesicht hatte er bloß am ersten Tag einmal gründlich gemustert und das Thema anschließend für sich anscheinend mit einem Lächeln mir gegenüber abgeschlossen. Seitdem hatte er keinen Blick mehr darauf geworfen. Ja, wir kamen miteinander aus, waren beide froh darum, wie es war. Außerdem war es um ein Vielfaches besser, neben dem ruhigen Beta zu sitzen, als einen der Alpha als Sitznachbarn zu haben oder einen Omega, der den ganzen Tag bloß den Alpha hinterhergaffte oder sie im schlimmsten Fall sogar noch zu sich an den Tisch und damit zwangsläufig auch in meine Nähe lockte. Von solchen Omega gab es leider mehr als genug in dieser Klasse. Gerade hatten sich wieder fast ausschließlich alle Omega mit Ausnahme von mir und Tobi um die sieben Alpha unserer Klasse versammelt, die großkotzig wie immer die Aufmerksamkeit genossen, die ihnen diese Omega gaben. Max schien gerade irgendetwas zu erzählen, was ihm die Bewunderung der Anderen einbrachte, denn sie hingen geradezu an seinen Lippen, während er sich zum bestimmt zehnten Mal in dieser Minute durch das Haar fuhr, um seine Frisur zu richten. Jetzt schien auch er meinen Blick zu bemerken, denn er sah grinsend zu mir, bevor er mir anzüglich zuzwinkerte. Ich hatte das Gefühl, erbrechen zu müssen, während die Omega um Max mir wütende Blicke zuwarfen. Warum hatte es Max eigentlich so sehr auf mich abgesehen? Nur weil ich der einer der wenigen Omega war, der nicht alles mit sich machen ließ, der sich wehrte? Er hatte so gut wie freie Auswahl, wir hatten bloß sieben gebundene Omega in der Klasse, mit Tobi jetzt acht. Damit waren wir immer noch vier unvergebene Omega, immer noch ein extrem großer Anteil im Vergleich zu anderen Klassen, in denen in unserem Alter, kurz vor der Volljährigkeit, meistens fast alle Omega einen Alpha hatten. Und warum, warum hatte er keinen der anderen drei Omega so im Visier wie mich? Ich vermutete ja, dass dieser relativ hohe Anteil an ungebundenen Omega bei uns damit zusammenhing, dass viele sich Hoffnungen bei Max und seinen Freunden machten und einfach nicht verstanden, dass sie nur mit ihnen spielten. Die Alpha dahingegen ließen sich Zeit und nutzten die Hoffnungen der Omega aus. Sie hatten nicht den Druck, mit achtzehn gebunden sein zu müssen und ließen gerne ihre eigenen Klassenkameraden zappeln, um in einem halben Jahr oder so einen Omega aus der Stufe unter uns oder so an sich zu binden. Ich schnaubte, woraufhin Tobi von seiner Zeichnung aufsah.
»Alles klar?«, fragte er vorsichtig, doch ich winkte nur ab. Noch bevor ich etwas sagen konnte, ging die Tür ruckartig auf und alle Köpfe flogen dorthin herum. Starken Schrittes betrat der Lehrer den Raum, ein hochgewachsener Alpha mit strenger Mine, und verkündete, wir sollten bitte in de Aula gehen, wir hätten eine Informationsveranstaltung der gesamten Jahrgangsstufe bezüglich des mehrtägigen Ausflugs in der kommenden Woche. Ich konnte förmlich sehen, wie Tobis Gesicht sich aufhellte bei den Worten »ganze Jahrgangsstufe« und innerhalb von einer Sekunde war er aufgesprungen. Ich grinste, bevor ich mit dem hibbeligen Tobi an meiner Seite der Klasse in das Treppenhaus und in die Aula folgte. Als wir den großen Raum betraten, waren die restlichen drei Klassen schon anwesend und ein Beamer projezierte die Startfolie einer Präsentation an eine der weißen Wände. Die Tische und Stühle waren an die Wand geschoben und ein paar Schüler hatten sich darauf gesetzt, während der Rest der Jahrgangsstufe in mehr oder weniger kleinen Grüppchen in der Mitte des Raumes versammelt stand. Tobi sah sich sofort suchend um und ich wusste genau, nach was oder besser gesagt wem er Ausschau hielt. Auch ich ließ meinen Blick über den vollen Raum wandern, bis ich hinten an einem der Tische Veni, Tim, Mik und Dennis sah. Ich zog wortlos am Ärmel meines besten Freundes und deutete in die Richtung der Anderen. Keine Sekunde später war Tobi bereits losgerannt und lag kurz darauf in Venis Umarmung, während ich ihm langsamer folgte. Ein paar Meter vor meinem Ziel spürte ich plötzlich einen starken Griff um meinen Arm und zuckte erschrocken zurück.
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Daunted and Broken ~ #Stexpert ~ #Kostory ~ #Venation
FanfictionHauptnebenpairings: #Kostory, #Venation ~ Als Alpha ist es Tims Aufgabe, einen Omega zu finden, mit dem er für immer zusammenleben möchte und sich um ihn zu kümmern und ihn zu beschützen. Stegi jedoch hasst sein Schicksal, er möchte kein Omega...