48. Liebe

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In mir war es, als würden tausend Stürme toben und es dauerte einige Sekunden, bis ich realisierte, was Tim da gerade gesagt hatte. Er mochte mich. Tim mochte mich. Nein, mochte mich nicht nur, hatte sich verliebt in mich. Ich hörte diese Wörter, dachte diese Wörter, aber realisieren konnte ich sie noch nicht. Doch als diese Informationen Sekunden später in meinem Gehirn ankamen und tatsächlich verarbeitet wurden, traf es mich dafür mit vollkommener Wucht. Ich hatte mich inzwischen ganz aufgesetzt und konnte nicht anders, als Tim anzustarren. Mein Herz fühlte sich an, als würde es in doppelter Geschwindigkeit schlagen und eine merkwürdige Wärme breitete sich in meiner Brust aus. Direkt gefolgt von unglaublicher Panik. Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte, was ich erwidern sollte. Ich wusste ja noch nicht einmal, was ich fühlte. Und noch ehe ich realisieren konnte, was gerade geschah, war ich aufgesprungen und stand unschlüssig vor der Mauer, auf der ich eben noch neben Tim gesessen hatte.

Tim ... Und schon wieder, sobald ich an ihn dachte, spürte ich, wie diese unglaubliche Verwirrung sich in mir breit machte. Ich konnte das nicht. Das ging so nicht. Ich musste hier weg.

»Tut mir leid«, nuschelte ich entschuldigend, bevor ich mir meinen Rucksack schnappte und einfach losrannte. Tims besorgten und verletzten Blick, der mir folgte, sah ich schon nicht mehr.

Ich rannte und rannte, rannte immer weiter. Erst als ich mir sicher war, schon lange aus Tims Sichtfeld zu sein, wurde ich allmählich langsamer und lief irgendwann nur noch im Schritttempo durch die schon verlassene Innenstadt. Die Sonne war inzwischen fast untergegangen und trotzdem war es noch nicht allzu kalt, doch die Straßen wirkten wie ausgestorben. Bei einem überdachten Bushäuschen, dessen Wände mit halb abfallenden Plakaten und Schmierereien, die dem Wort »Graffiti« nicht einmal gerecht wurden, bedeckt waren, blieb ich schließlich stehen. Der letzte Bus des Tages war längst abgefahren, aber ich war auch nicht hier, um Bus zu fahren.

Also setzte ich mich auf die hölzerne Bank, meinen Rucksack neben mir und lehnte mich erschöpft gegen die Innenwand des Bushäuschens. Es stank nach abgestandenem Rauch und unter, sowie auf der Bank lag Müll, leere Fastfood-Tüten, Becher, Zigarettenschachteln und leere Bierflaschen. Und dennoch fiel mir kein besserer Ort ein, wo ich hätte hingehen können. Also ließ ich zu, dass mein Körper langsam wieder zur Ruhe kam und je mehr des Adrenalins, das mich in den letzten Minuten angetrieben hatte, wich verließ, desto müder wurde ich. Irgendwann war ich zu erschöpft, meine Gedanken unter Kontrolle zu halten und erneut strömte alles auf mich ein. Das Einzige, was ich jetzt noch machen konnte war, Ruhe zu bewahren und zu versuchen, meine Gedanken und Gefühle zu ordnen.

Tim hatte gesagt, er wäre verliebt in mich. Tim war verliebt in mich. Überraschte das mich? Eigentlich nicht. Tim war schon immer so ... nett gewesen.

Und ich? Ich wollte nie mich auf einen Alpha einlassen. Ich hatte mir geschworen, niemals zuzulassen, dass ich einer anderen Person gehören würde.

Und dennoch ließ ich für ein paar Sekunden den Gedanken zu, wie es wohl wäre, mit Tim zusammen zu sein. Allein von der Vorstellung begann alles in mir zu kribbeln und diese merkwürdige Wärme in meiner Brust kehrte zurück. Schnell verdrängte ich diese Gedanken wieder und auch das dämliche Lächeln, von dem ich nicht wusste, wann es gekommen war. Und dennoch musste ich zugeben, dass mir die Vorstellung gefiel.

Sollte ich sie nicht eigentlich hassen? Sollte ich nicht eigentlich auch nur den Gedanken, irgendwem zu gehören, hassen, nach all dem, was mir angetan wurde durch all die Alpha? Sollte ich nicht eigentlich Tim dafür hassen, dass ich mir jetzt so viele Gedanken machte, dass mein Leben dadurch noch ein bisschen komplizierter geworden war?

Sollte ich. Aber Fakt war, dass ich es nicht tat. Ich hasste weder Tim, noch die Vorstellung, dass er mein Freund sein könnte. Mein fester Freund. Mein Partner. Mein Alpha.

Nein, im Gegenteil. Diese Vorstellung war aufregend und machte mich irgendwie glücklich. Ging es Tim wie mir gerade? Fühlte das, was er empfand sich ähnlich an? War ich in Tim verliebt?

Nein, das konnte nicht sein, er war ein Alpha. Und dennoch widersprach mir mein Herz, als ich es leugnete. Ich wusste, dass es nicht stimmte. Ich war verliebt. Verliebt in einen Alpha.

Wie konnte das passieren? Und wann? Wer war Tim, dass er es geschafft hatte, dass ich mich in ihn verliebt hatte? Und wollte er wirklich mit mir zusammen sein? Meinte er das überhaupt ernst?

Wäre er in einer Beziehung überhaupt noch der Tim, den ich kannte und ... Ja, und irgendwie auch liebte? Oder würde er wie alle anderen werden, sobald er hatte, was er wollte? Sobald er mich hatte?

So drehten sich meine Gedanken immer im Kreis und als ich schließlich immer müder wurde und meine Lider immer schwerer, hatte ich immer noch keine Antwort auf all meine Fragen bekommen.

Nur eins wusste ich sicher, als ich schließlich in einen unruhigen Schlaf fiel:

Ich hatte mich in Tim verliebt.

Ich liebte Tim.

Daunted and Broken ~ #Stexpert ~ #Kostory ~ #VenationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt