Es musste sich etwas ändern. Darüber war ich mir im klaren. Seit einer Woche nun wohnte ich mehr oder weniger offiziell bei Tim und seit einer Woche war ich erfolgreich Max aus dem Weg gegangen. Natürlich hatte es die ein oder andere Begegnung gegeben - schließlich wohnten wir ja jetzt Zimmer an Zimmer - aber wir hatten uns immer gekonnt ignoriert. Soweit so gut. Allerdings war auch Dennis seit einer Woche mit Louis zusammen und verbrachte deswegen nur noch Zeit mit ihm. Wenn man ihn einmal sah, dann ... nein, eigentlich sah man ihn gar nicht mehr. Obwohl, »sehen« schon, aber das war es dann auch schon wieder. Gesprochen hatte keiner von uns in dieser Woche mit ihm mehr als nur ein paar Worte. Ansonsten war er eigentlich nur noch in Louis' Gegenwart vorzufinden, was gerade Mik mehr als nur zu schaffen machte. Der sonst so aufgeweckte Beta war besorgniserregend still geworden und wollte die Nachmittage nur noch alleine verbringen. Wenn wir dann, gegen seinen Willen, doch nach der Schule unangekündigt bei ihm aufgetaucht waren, hatte er fast immer verheulte Augen und Unmengen an vollgeweinten Taschentüchern lagen in seinem stockdunklem Zimmer neben seinem Bett.
Aber nicht nur Mik machte Dennis' Verhalten zu schaffen. Auch wir Anderen beobachteten mit wachsender Sorge, wie der braunhaarige Beta sich immer mehr von uns entfernte und es jetzt, nach so kurzer Zeit, schon fast war, als wären wir nie mehr als entfernte Bekannte, vielleicht Klassenkameraden gewesen. Wieder und wieder fragte ich mich, was wohl wäre, wenn Max es doch schaffen würde, sich wieder offensiv gegen mich zu stellen. Wenn er und seine Gefolgschaft - inklusive Louis - irgendwann so weiter machen konnten wie früher. Was würde Dennis dann machen? Würde er sich trotzdem an Louis halten? Würde er, für Louis, einem langjährigen und doch recht guten Freund Schaden zufügen? Würde er sich weiterhin denen anschließen, die mich quälten, physisch wie psychisch? Würde Dennis mein Feind werden? Würde er nur zulassen, dass seine neuen Freunde sich über mich hermachten, oder würde er sogar aktiv zu ihnen gehören? Und je länger ich darüber nachdachte, umso sicherer wurde ich mir, dass ich die Antwort gar nicht wissen wollte. Dass die Antwort mir nicht gefallen würde.
Noch dazu kam, dass ich mit jedem Tag mehr Schuldgefühle hatte, ohne eine Gegenleistung bei Tims Eltern zu wohnen und mich von ihnen regelrecht durchfüttern zu lassen. Als ich jedoch am dritten Tag zu Christian, Tims Alpha-Vater der mir in dieser Angelegenheit der richtigere Ansprechpartner erschien, gegangen war und ihm das Geld hatte geben wollen, dass ich noch von meinem Auszug hatte, hatte er sich geweigert, es anzunehmen, mit der Begründung, ich würde ihnen nicht die geringsten Umstände bereiten, sie wären froh, wenn Tim glücklich wäre und ich würde das Geld mit Sicherheit selbst brauchen. So sehr ich mich auch angestrengt hatte, er hatte sich geweigert, die Scheine anzunehmen. Und da er mich als Alpha immer noch ziemlich einschüchterte, hatte ich es auch dabei belassen. Immer noch hatte ich Angst vor einer Auseinandersetzung mit einem Alpha. Doch wenigstens daran wollte ich nun etwas ändern, wenn ich es schon mit dem Rest nicht konnte. Wenn ich es schaffen würde, einen Job zu finden, mit dem ich regelmäßig Geld verdiente, vielleicht würden Tims Väter sich dann dazu überreden lassen, einen Teil dieses Geldes anzunehmen. Dabei gab es jedoch bloß ein Problem. Ich hatte es schon einmal versucht, hatte mein bestes gegeben, eine Anstellung zu finden, die ich neben der Schule ausführen konnte und war daran gescheitert. Mein einziger Vorteil war nun, dass ich auf all die misstrauischen Fragen nach meinem Alter ehrlich antworten konnte, ohne sofort ausgeschlossen zu werden. Keiner wollte einen fast achtzehnjährigen Omega mit ungewisser Zukunft und bald ohne Unterkunft anstellen. Gegen einen inzwischen Achtzehnjährigen mit einem festen Wohnsitz bei seinem gebundenen Alpha und Plänen für die kommenden Jahre sprach jedoch wenig. Und Pläne, die hatte ich. Die hatten wir. Wenn alles so kommen würde, wie ich es mir wünschte, dann würden Tim und ich zusammen unseren Abschluss machen und uns danach eine kleine Wohnung suchen. Denn dass ich mit meinem Freund meine Zukunft verbringen wollen würde stand für mich außer Frage. Ich würde bis dahin auf jeden Fall einen Job haben, während Tim dann hoffentlich seine Ausbildung oder ein Studium beginnen würde. Früher hatte ich mir auch immer gewünscht, eine Ausbildung zu machen oder zu studieren, so dass ich später einen gut bezahlten Beruf finden würde, doch inzwischen sah ich das Ganze realistischer. Ich wollte nicht bis zum Ende eines Studiums bei Tims Eltern wohnen bleiben und in der Ausbildung verdiente man zu wenig, als dass wir uns einen Auszug würden leisten können. Also musste einer von uns arbeiten und dass das ich sein würde war für mich beschlossene Sache. Dazu kam, dass ein Studiumsplatz für uns Omega weitaus schwieriger zu bekommen war als für einen Alpha und selbst mit abgeschlossenem Studium uns noch kein fester Arbeitsplatz sicher war. Gerade die gut bezahlten Berufe waren nunmal ziemlich ausnahmslos mit Alpha besetzt. Also war es auch dahingehend klüger, würde Tim studieren gehen und nicht ich. Tim wusste von diesen Plänen noch nichts und etwas in mir drin sagte mir, dass er auch nicht allzu sehr begeistert davon wäre, dass ich nicht studieren gehen wollen würde. Aber auch er würde irgendwann diese Problematik rational betrachten und dann hoffentlich mit mir einer Meinung sein. Und vielleicht, ganz vielleicht, wenn ich mir jetzt schon einen Job suchen würde, konnten wir es uns auch leisten, schon vor unserem Abschluss auszuziehen und uns selbstständig zu machen. Und genau das war es, was mir, neben den Schuldgefühlen für meinen Parasitismus Tims Eltern gegenüber, die Motivation gab, mich jetzt erneut um eine feste Anstellung irgendwo zu kümmern. Meine Zukunft, die endlich wieder eine Perspektive hatte. Die Aussicht auf ein Leben, das mir mehr als nur gefallen würde und die Vorstellung davon, die mir jetzt schon gefiel.
DU LIEST GERADE
Daunted and Broken ~ #Stexpert ~ #Kostory ~ #Venation
FanficHauptnebenpairings: #Kostory, #Venation ~ Als Alpha ist es Tims Aufgabe, einen Omega zu finden, mit dem er für immer zusammenleben möchte und sich um ihn zu kümmern und ihn zu beschützen. Stegi jedoch hasst sein Schicksal, er möchte kein Omega...