74. Besuch

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»Timmi?«

Leise murmelte ich den Namen meines Freundes und streckte die Hände schwach nach dem Alpha aus, der neben meinem Krankenhausbett auf einem Stuhl saß und bis eben in sein Handy vertieft gewesen war, während ich gedöst hatte. Ob es an Tims Anwesenheit gelegen hatte oder an etwas anderem wusste ich nicht, aber so herablassend der Arzt mich auch beim Gespräch behandelt hatte, war er bei der Untersuchung professionell und neutral gewesen. Und dank Tims Anwesenheit und Unterstützung war es auch nicht ganz so schlimm gewesen, mich von einem Alpha Arzt untersuchen zu lassen, zumal Tims direkte Nähe und seine misstrauischen Blicke, mit denen er jede Bewegung des Weißkittligen verfolgt hatte, mir das Gefühl gegeben hatte, dass mein Alpha immer und jederzeit dazwischen gegangen wäre. Lange hatte die Untersuchung auch nicht gedauert, der Arzt hatte ziemlich schnell eine Diagnose gestellt. Gehirnerschütterung, vermutlich von einem Schlag oder Fall. Und ich wusste auch genau, von welchem Schlag oder Fall. Max. Der Bruder meines Freundes hatte mich ins Krankenhaus geprügelt. Was für eine kranke Welt war das?

Während ich die Eröffnung, dass ich eine Weile zur Beobachtung hier im Krankenhaus bleiben sollte mit einem Schulterzucken aufgenommen hatte, war Tim, jetzt da er die Bestätigung seiner Vermutung hatte, förmlich in die Luft gegangen. Hätte er nicht Schuldgefühle gehabt, mich alleine hier zurückzulassen, wäre er wohl auf der Stelle nach Hause gefahren und hätte Max in der Luft zerrissen. Nicht nur zerrissen wahrscheinlich, sondern regelrecht zerfetzt. In tausende und abertausende winzig kleine Stückchen, bis man seine Überreste in alle Winde hätte zerstreuen können. So aber war Tim mir keine Sekunde von der Seite gewichen und hatte mich auf das Zimmer begleitet, das mir zugewiesen worden war. Und tatsächlich schien ich zur Abwechslung einmal Glück zu haben und das zweite Bett in diesem Zimmer war tatsächlich nicht belegt. Weder mit einem Alpha, der wahrscheinlich gleich dafür gesorgt hätte, dass ich doppelt so lange hier hätte bleiben können, noch mit einem bitchigen Omega. Nein, einfach nicht belegt.

Auf Tims liebevollen Befehl und um meine erschöpften Augen ein wenig zu schonen, hatte ich bis jetzt eine Weile gedöst. Ruhe. Das war eh das, was mir laut dem Arzt nun am besten tun würde, wobei ich ihm sogar zustimmen konnte. Dass zu dieser Ruhe auch Tims Abwesenheit zählen sollte, sah ich dahingegen mal so gar nicht ein und auch diese Ruhezeiten, die schließlich dafür sorgten, dass ein Pfleger meinen Freund freundlich aber unmissverständlich aufforderte, die Station zu verlassen, hielt ich für vollkommenen Blödsinn. Als ob Tims Anwesenheit mich schon jemals vom Gesundwerden abgehalten hätte. Im Gegenteil. Und wen anders würde er ja auch nicht stören, wenn er bleiben würde, war ja keiner da außer mir im Zimmer.

Über diese Argumentation hatten die Pfleger aber nur gelacht und mir versichert, es hätte bis jetzt hin noch jeder ausgehalten, ein paar Stunden von seinem Freund getrennt zu sein. Pah, die hatten gut reden. Schließlich hatten die ja jetzt alle Feierabend und fuhren heim zu ihren Partnern, während ich hier einsam und alleine die Decke anstarrte. Und langweilig war mir auch noch. Dazu kam, dass selbst nachts von überall Lichter kamen, die mir Kopfschmerzen bereiteten, was, wie die Pfleger erklärten, an der Gehirnerschütterung lag. Nein, dieses Krankenhaus war nichts für mich. Ich wollte doch wieder heim. Nicht heim zu Max, aber heim zu Tim. Zwar war das leider das gleiche »heim«, aber selbst das war mir im Moment egal. Ich würde sogar Max ertragen, wenn ich dafür Tim haben würde.

Die Nacht verging quälend langsam und ich verbrachte gefühlte Stunden damit, die Innenseiten meiner Augenlider zu mustern. Ich hatte schon fast den Glauben daran verloren, als tatsächlich das Wunder geschah und es draußen langsam dämmerte. Irgendwann kam ein weiterer Pfleger herein und begann, meinen Blutdruck und Fieber zu messen. Zu dessen Glück war ich ja eh wach gewesen, denn hätte er mich aufgeweckt, hätte er wohl meine ungefilterte schlechte Laune ertragen müssen. Wer kam eigentlich auf diese beschissene Idee, um halb sechs Uhr morgens erst einmal alle Patienten zu untersuchen? Und das jeden Tag? Nee, das wäre auch kein Job für mich.

Als wenige Stunden später Tim aufkreuzte war ich zwar etwas überrascht, freute mich aber unglaublich, während er mir erklärte, dass er heute Schule schwänzen würde. Mit Tim verging die Zeit auf einmal wieder viel schneller und ich schmiedete schon Pläne, ihn in der nächsten Nacht einfach unter meinem Kopfkissen zu verstecken, so dass er unbemerkt bleiben könnte. Wahrscheinlich hätte mir ein bisschen mehr Schlaf in der Nacht wohl nicht geschadet, zumindest wäre ich dann wohl nicht mitten während unseren Spinnereien, wie Tim sich herschmuggeln könnte, einfach auf der Brust meines Freundes eingeschlafen.

Tatsächlich öffnete ich die Augen erst wieder, als die Tür zu meinem Zimmer aufging und auf einmal Stimmen durch den Raum hallten. Verschlafen blinzelte ich gegen das auf einmal so helle Licht, während Tim zu etwas mehr Ruhe mahnte. Vor mir standen Veni, Mik, Tobi und sogar Dennis, die mich alle einer nach dem anderen zur Begrüßung umarmten. Dennis war die ganze Zeit über ungewohnt still und man merkte die Kühle, die zwischen ihm und unseren Freunden herrschte. Trotzdem war ich unglaublich froh, dass auch er hier war, zumal er sich bestimmt ein halbes dutzend Mal bei mir und auch der ganzen Gruppe entschuldigte. Ich winkte immer ab. Das war auch so eine Eigenart von mir. Ich konnte anderen einfach nie lange böse sein, da war es fast egal, was sie verbrochen hatten. Mit jeder Minute, die wir alle zusammen wieder hier verbrachten, schien die Gruppe auch wieder mehr wie früher zu werden und alle näherten sich Dennis, der auf einmal wieder wie vor seiner Zeit mit Louis war, wieder ein Stück weit an. Ja, langsam begann ich, tatsächlich an ein Happy End zu glauben. Keins fürs Leben, selbstverständlich, denn das Leben endete immer mit dem Tod einer geliebten Person, aber an ein kurzzeitiges Happy End.

Ein Happy End unseres gemeinsamen Lebensabschnittes.

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AN: S/O: Meine Youtuber-OS-Sammlung wurde veröffentlicht. Schaut auf meinem Profil vorbei.

Daunted and Broken ~ #Stexpert ~ #Kostory ~ #VenationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt