40. Letzter Abend

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Nachdem wir alle das Abendessen mehr oder weniger überstanden hatten, Mik war sich danach erst einmal lachend das vollkommen verschmierte Gesicht waschen gegangen, hatten wir uns noch alle einen schönen letzten Abend im Zimmer unserer Freunde gemacht und einfach nur geredet. Morgen Vormittag würde es mit dem Bus wieder zurück nach Hause gehen, die vier Tage hier waren wie im Flug vergangen und - dank Tim - war es nicht halb so schlimm gewesen, wie zuerst befürchtet. Vor ein bis zwei Stunden war der Alpha in unser Zimmer gegangen und mit einem Stapel Kleidung von sich zurückgekommen, bevor ich im Bad meiner Freunde geduscht hatte, um meinen Geruch, bevor wir wieder in unser Zimmer zurückgehen würden, erneut möglichst zu minimieren. Nachdem ich - wieder Mal in Tims Klamotten - wieder aus dem Bad gekommen war, waren wir noch bis jetzt zusammen gesessen, doch inzwischen war es wieder einmal weit nach Mitternacht und seit einigen Minuten konnte keiner von uns das Gähnen mehr so recht unterdrücken. Ich war mir nicht ganz sicher, doch Tobi war in Venis Armen, der ihn glücklich betrachtete, so still geworden, dass ich vermutete, dass er inzwischen schlief. Auch ich war kurz davor, weg zu dösen und lauschte nur noch den beruhigenden Stimmen meiner vier Freunde. Schläfrig richtete ich mir das Kissen zurecht, das ich mir unter den Körper geschoben hatte. Als wir uns alle am frühen Abend auf dem Boden niedergelassen hatten, hatten wir das gesamte Bettzeug so verteilt, dass es jeder gemütlich hatte. Ich lächelte leicht, während ich dem ruhigen Gespräch meiner Freunde lauschte und wurde erst wieder etwas wacher, als ich meinen Namen hörte.

»Stegi?«, fragte Tim vorsichtig, er schien sich unsicher zu sein, ob ich noch wach war. Verschlafen richtete ich mich auf und fuhr mir mit dem Handrücken über die Augen.

»Lass uns langsam in unser Zimmer. Sonst schläfst du hier auf dem Boden ein und ich muss dich tragen«, fuhr der Alpha fort, doch ich zuckte bloß mit den Schultern und ließ mich wieder auf das Kissen sinken. Gar keine so schlechte Aussicht. Leise hörte ich Dennis lachen und Tim stimmte ein, bevor ich hörte, wie er sich aufrappelte und seinen Geruch wahrnahm, der direkt bei mir stehen blieb. Blinzelnd konnte ich erkennen, wie Tim vor mir in die Hocke ging.

»Jetzt komm«, forderte er mich sanftmütig auf, doch ich grummelte bloß leise. Sekunden später spürte ich Tims Hände, die sich unter meine Kniekehlen und und Schultern schoben und mich vorsichtig hochhoben. Sofort schlang ich meine Arme um seinen Hals, um mich festzuhalten und vergrub mein Gesicht in seinem T-Shirt. Genüsslich atmete ich einmal tief ein. Gedämpft hörte ich Tim lachen und wie er sich von Veni und den beiden Beta verabschiedete, bevor er mich auf den Flur trug. Erst als wir vor unserer Zimmertür standen, ließ er mich vorsichtig wieder runter und lächelte mir sanft zu. Ich konnte ein Gähnen nicht unterdrücken, woraufhin Tim auch gähnen musste. Als er die Tür zu unserem Zimmer öffnete, richteten sich fünf Augenpaare auf uns.

»Stegilein, da bist du ja. Wir haben dich schon vermisst«, flötete Max übertrieben freundlich, doch ich versuchte, ihn zu ignorieren. Wortlos ließ ich mich von Tim zu seinem Bett ziehen und setzte mich im Schneidersitz neben ihn. Erst jetzt bemerkte ich, dass auf Bastis Matratze eine weitere Person saß, dicht an den Braunhaarigen gelehnt. Der Alpha hatte einen Arm um die Schultern von Felix, der sich an seinen Alpha kuschelte, gelegt. Als er meinen Blick sah, verfinsterte seine Miene sich.

»Ein Wort zu den Lehrern, dass er hier ist und du wirst es bereuen«, drohte er leise, doch ich schüttelte bloß den Kopf, während Felix seinem Freund einen zugleich glücklichen als auch leicht verärgerten Blick zuwarf. Noch bevor ich den Mund aufmachen konnte, ergriff Tim das Wort.

»Keine Sorge, Basti«, antwortete er leicht schnippisch, »Wir sind nicht so wie Max. Stegi verpetzt niemanden, wenn er nicht in seinem Zimmer schläft. Meinetwegen kann Felix die ganze Nach hierbleiben.«

Ich nickte bestätigend. Schon ironisch, dass, nachdem Max mich erst vorgestern bei den Lehrern genau deswegen verpetzt hatte, jetzt einer von seinen Leuten uns darum bat, oder besser gesagt drohte, genau das nicht zu tun. Aber was Tim gesagt hatte stimmte. Ich war nicht Max, ich würde nicht wie er handeln. Außerdem war Felix immer noch ein Freund von Dennis und Mik und, soweit ich das bis jetzt feststellen hatte können, zwar etwas verrückt, aber voll in Ordnung. Und auch, wenn Basti zu Max' Freunden zählte, schien er mir noch der zu sein, der mir am friedlichsten schien. Das wurde gerade auch bestätigt, als er ruhig nickte und dann, zu meiner Überraschung, ein »Danke« herausbrachte. Ich nickte ihm zu und lehnte mich an die Wand hinter mich.

Einige Minuten lang geschah gar nichts, während Tim neben mir etwas auf seinem Handy herum tippte und ich in Gedanken versunken war. Doch dann stand Leonard-Lennard von seinem Bett auf und setzte sich neben Felix auf Bastis Matratze, der inzwischen auch in sein Handy vertieft schien und seinen Freund kaum mehr beachtete. Ich würde die Beziehung der Beiden wohl nie verstehen. Sie schienen einander nur abzuweisen, entweder sie zofften sich oder ignorierten einander, wie gerade, fast schon, und dennoch schien ihnen wirklich aneinander zu liegen. Denn dass sie einander wirklich mochten, auch wenn es meistens nicht den Anschein machte, wurde gerade erneut bewiesen, als Leonard-Lennard seinen Arm machohaft um die Schultern des Omegas legte, der es nicht schaffte, schnell genug darunter wegzutauchen. Basti, der das aus dem Augenwinkel bemerkt zu haben schien, fuhr sofort auf und schupste den anderen Alpha zur Seite.

»Verpiss dich.«, fuhr er Leonard-Lennard an und dann an alle gewandt: »Finger weg von Felix oder ich schneid euch jeden einzelnen ab.«

Leonard-Lennard verzog sich erstaunlich still wieder auf sein eigenes Bett, während Max nur kurz aufsah und der dritte Alpha eine Augenbraue hochzog. Felix jedoch grinste breit über die Verteidigungen seines Freundes den anderen Alpha gegenüber. ich konnte sehen, wie sehr ihm das gefiel, genauso wie er es sichtlich zu genießen schien, dass Basti ihn jetzt, wenn auch nicht sehr behutsam, an der Schulter packte und neben sich zog, so dass sie dicht nebeneinander auf der schmalen Matratze lagen. Ich beobachtete, wie der Alpha das Handy zur Seite legte, bevor er sich zu seinem Freund drehte und einen Finger unter dessen Halsband einhakte, um ruckartig daran zu ziehen, was Felix scharf Luft einziehen ließ, während Bastis andere Hand sich um die Hüfte des Omegas schlang. So hielt er ihn dicht an sich gepresst und beide schienen langsam die Augen zu schließen.

Jetzt, da die beiden sich schlafen gelegt hatten, wurde auch ich wieder müder. Tim schien es ähnlich zu gehen, denn ich spürte seine vorsichtige Hand an meiner Schulter.

»Ich geh schlafen. Willst du wieder hier schlafen oder gehst du hoch?«

Fragend deutete er auf meine Matratze in der oberen Hälfte des Hochbetts. Ich überlegte kurz.

»Wenn es dich nicht stört, würde ich hier bleiben«, erklärte ich dann leise und merkte im selben Moment, wie das Blut mir in die Wangen schoss. Tim nickte.

»Im Gegenteil. Es ist mir sogar lieber. Dann weiß ich dich in Sicherheit«, erklärte er lächelnd, bevor er sich so hinlegte, dass ich mich zwischen ihn und die Wand legen konnte, was ich auch tat. Die Wärme des Alphas neben mir und sein angenehmer Duft waren eine Wohltat für meine Läufigkeit und eine solch schöne Mischung, dass ich wenige Sekunden später schon am Einschlafen war und kaum mehr das »Gute Nacht« hörte, das Tim mir zuflüsterte.

Seine Hand, die mich ein Stück näher zu sich zog und seinen Oberkörper dicht an meinem Rücken spürte ich schon nicht mehr.

Daunted and Broken ~ #Stexpert ~ #Kostory ~ #VenationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt