Ich versuchte, mir meine Unsicherheit, die sich anfühlte, als würde sie mich von innen heraus auffressen, nicht anmerken zu lassen, als ich gleichzeitig mit einigen anderen Schülern durch das Tor auf das Schulgelände trat. Wie viel Uhr es genau war, wusste ich nicht, aber es schien noch ein wenig Zeit zu sein bis zum Unterrichtsbeginn, was ich aus den Schülermassen schloss, die auf dem Pausenhof herumlungerten. Beinahe automatisch schlug ich den Weg zu der Wiese ein, auf der ich mit meinen Freunden immer gesessen hatte, blieb aber sofort stehen, als ich dort nicht nur Tobi und Mik, sondern auch, wie zu erwarten, Veni und Tim stehen sah. Ich zögerte keine Sekunde, sondern machte auf dem Absatz kehrt und ging wahllos in irgendeine andere Richtung, wo ich mich schließlich wortlos an eine Hauswand lehnte. Es dauerte keine Minute, bis ich merkte, dass meine Freunde und die, die ich irrtümlich für diese gehalten hatte, zu mir sahen und sich schließlich Tim von der Gruppe löste und auf mich zukam. Wortlos wandte ich mich ab und ging in die Richtung des Schulgebäudes, in dem ich zur ersten Stunde Unterricht hatte. Leider blieb der Alpha nicht stehen, sondern folgte mir weiterhin, beschleunigte seine Schritte, als ich fast im richtigen Gang angekommen war, sogar so weit, dass er mich einholte.
»Stegi, bitte. Hör mir kurz zu.«, rief er fast schon und wütend fuhr ich herum, um ihn aus zusammengekniffenen Augen anzufunkeln.
»Hau ab, Tim. Ich habe es verstanden, okay? Ich bin lange genug darauf hereingefallen!«
Ich drehte mich wieder um und wollte die letzten Schritte zu meinem Klassenzimmer gehen, jedoch folgte Tim mir immer noch und hielt mich zu allem Überfluss jetzt auch noch am Arm fest. Sofort spürte ich die Angst wieder in mir aufsteigen, riss mich los.
»Fass mich nicht an, verdammt!«
Ich spürte langsam, wie der Frust und die Wut in mir immer größer wurden und konnte nicht verhindern, dass meine Stimme sich wie von selbst erhob.
»Verpiss dich, Tim! Lass mich einfach in Ruhe! Es war ein verdammter Fehler dir zu vertrauen!«
Dieses Mal schien es zu klappen, denn als ich in mein Klassenzimmer stürmte, in dem nur drei meiner Klassenkameraden, alle drei Beta, saßen, fiel die Tür hinter mir ins Schloss und öffnete sich auch nicht mehr. Zitternd lief ich zu meinem Platz, wo ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen und mich auf meinen Stuhl fallen ließ. Ich konzentrierte mich auf meine Atmung, die sich panisch beschleunigt hatte. Ja, ich hatte, auch wenn ich es zu verbergen versuchte, Angst. Angst vor den Reaktionen der Alpha, jetzt, wo ich noch weniger Schutz hatte als vor unserem ersten Zusammentreffen mit Tim und Veni. Denn Max wusste Bescheid, so viel war sicher. Es konnte ihm gar nicht entgangen sein. Wütend schloss ich diae Augen, versuchte, tief durchzuatmen. Da war er wieder, der alte Stegi, der kratzbürstige Stegi, der keinen außer seinen Freunden an sich heran ließ und selbst Alpha gegenüber noch frech und aufmüpfig war. Der Stegi, der ich wieder hatte werden wollen. Warum war ich dann trotzdem nicht glücklich? Warum fühlte es sich dann trotzdem so an, als würde etwas ganz gewaltig wichtiges fehlen?
Es dauerte noch einige Minuten, ehe nach und nach alle Schüler eintrudelten und damit auch Tobi irgendwann das Zimmer betrat. Wortlos kam der Braunhaarige auf mich zu und zog mich in eine erleichterte Umarmung. Ich ließ es geschehen.
Ich wusste, dass Tobi auf Venis Seite stand, musste er ja, und trotzdem konnte ich ihn nicht von mir stoßen. Nicht ihn auch noch.
»Wir haben uns solche Sorgen gemacht. Tim hatte uns angerufen, dass ihr Streit hattet und ob du bei einem von uns seist, da du weggelaufen wärest. Wo warst du? Tim hat die ganze Nacht nicht geschlafen vor Sorge um dich!«
Ablehnend schüttelte ich den Kopf.
»Tim kann mich mal. Es ist mir scheißegal, was er behauptet hat, zu fühlen.«
Fragend schockiert sah Tobi mich an, bevor er ein leises »Warum? Was ist passiert?« murmelte. Schnell erzählte ich ihm die ganze Geschichte, angefangen von dem Kuss, der das erste Mal von mir aus gekommen war, über das Halsband bis zu meiner Flucht und der Erkenntnis, dass Tim nicht besser war als alle anderen.
»Stegi. Ich weiß, dass du sauer bist und ich kann das verstehen. Aber dass Tim dich verändern wollte stimmt nicht. Er hat sich in dich verliebt, in den Stegi, der du warst, und alle haben das mitbekommen. Warum hätte er dich dann verändern wollen sollen, wenn er doch glücklich mit dir war, so wie du bist?«
Entgeistert sah ich meinen besten Freund an.
»Hast du mir überhaupt zugehört?«, fuhr ich ihn an.
»Natürlich. Und du hast dich verändert, klar. Aber bist du dir sicher, dass diese Veränderung nicht von dir aus ging? Vielleicht hat Tim recht. Vielleicht solltest du noch einmal mit ihm reden.«
Wütend funkelte ich meinen Sitznachbarn an, bevor ich mich enttäuscht abwandte.
»Ich hätte nicht gedacht, dass du dich auch noch gegen mich stellst«, brachte ich flüsternd heraus und hatte in diesem Moment echt Mühe, meine Tränen zurückzuhalten.
»Wobei ... du lässt dich ja eh schon von deinem tollen Alpha abrichten.«
Wütend und irgendwie frustriert riss ich meinen Blick von Tobis Halsband los.
Die ganze Zeit über hatte ich nicht weinen müssen, doch jetzt wischte ich mir verstohlen die Nässe aus den Augen. Nun hatte ich wirklich nichts mehr. Keinen Tim, keine Besitztümer, kein Geld, kein Zuhause, keine Perspektive und nun auch keine Freunde mehr. Alles was mir blieb war die Kleidung, die ich trug und mein Omega-Dasein. Ach ja, und natürlich die Angst. Die Angst, die mich zu erdrücken drohte und die mich wohl immer einholen würde.
Die letzte Minute, bis der Lehrer, zu allem Überfluss auch noch ein Alpha, um Ruhe bat und den Unterricht begann, verbrachte ich von Tobi abgewandt und ignorierte seine leisen Annäherungsversuche.
Hatte ich gedacht, es konnte nicht schlimmer kommen?
Ich hatte mich geirrt.
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Daunted and Broken ~ #Stexpert ~ #Kostory ~ #Venation
أدب الهواةHauptnebenpairings: #Kostory, #Venation ~ Als Alpha ist es Tims Aufgabe, einen Omega zu finden, mit dem er für immer zusammenleben möchte und sich um ihn zu kümmern und ihn zu beschützen. Stegi jedoch hasst sein Schicksal, er möchte kein Omega...