1 Jahr ~ #Venation

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Nervös betrachtete Tobi seine Hände, die kontrolliert auf seinen Knien lagen und nichts von dem aufgeregten Zittern, das ihn gerade plagte, verrieten.

Er hasste es, solche Gespräche mit seinen Eltern führen zu müssen und hätte Rafi gewusst, was er vorhatte, wäre er bestimmt nicht allzu begeistert gewesen.

»Vater?«

Tobi hasste den höflichen Umgang, der in seiner Familie herrschte, umso mehr, seitdem sein Alltag mit Rafi so anders aussah, nicht so gespielt, nicht so bemüht gehoben.

»Was ist, Tobias?«

Sein Alpha-Vater sah nur für einen Moment von seinen Unterlagen auf, unterbrach seinen Schreibfluss jedoch nicht.

»Ich ... Ich wollte mit dir sprechen.«

Tobis Vater unterdrückte einen leisen Seufzer, als er den Stift schließlich doch aus der Hand legte, faltete die Mappe mit den Papieren, an denen er bis gerade gearbeitet hatte, zusammen und schob sie ein Stück zur Seite.

»Worum geht es?«

»Ich wollte eine Bitte äußern.«

Tobi bemühte sich, seine höflich gewählten Worte in dem Tonfall auszusprechen, den seine Väter von ihm hören wollten, wenn sie ihn zwei Mal in der Woche in ihr Haus bestellten, um ihm beizubringen, wie er sich zu benehmen hatte. Schließlich war es für sie schon Schande genug, dass er an einem Alpha wie Veni, der bei ihnen auch striktes Hausverbot hatte, gebunden war. Höflicher Tonfall, sicher klingende Stimme, die trotzdem nicht hart oder dominant war, sondern mit einer für einen Omega gehörigen Priese Unterwürfigkeit.

»Worum geht es?«

»Ich hab letztens mit Veni -«, der zierliche Omega unterbrach sich selbst, begann den Satz von neuem, verbesserte seine vertraute, umgängliche Sprache, die er von Zuhause, bei Veni, so gewohnt war.

»Ich habe einige Überlegungen aufgestellt. Mir ist aufgefallen, dass Rafael einen großen Teil des Geldes, von dem wir leben, von seinen Eltern gestellt bekommt und beim Arbeiten verdient. Ich bin der Meinung, es gehört sich nicht, von dem Geld Anderer zu leben, ohne einen Teil dazu beizutragen. Deswegen wollte ich mit euch darüber sprechen.«

Tobis Vater zog die Augenbrauen missbilligend in die Höhe.

»Ein Alpha muss für seinen Omega sorgen können. Wenn er dazu nicht in der Lage ist, darf er sich nicht an diesen binden.«

Tobi hatte das Gefühl, als würde ihm etwas im Hals stecken bleiben, er schluckte, doch auch das half nichts. Rafi sollte alleine für sie beide sorgen können, ohne je die Möglichkeit gehabt zu haben, Reserven anzulegen, alleine für alles arbeiten. Denn dass Tobi als Omega, noch dazu aus ursprünglich gutem Hause, arbeiten ging, das ging natürlich gar nicht und seine Väter hatten es ihm streng verboten, sonst würden sie ihm auch noch die wenigen Zuschüsse, die sie zahlten, streichen. Sein Vater schien noch nicht geendet zu haben, fuhr fort:

»Ein Alpha dieser Art ist bloß an jemandem wie dir interessiert, weil er sich davon etwas erhofft. Ich werde keinem fremden Alpha Geld geben, das ihm nicht zusteht.«

Die Kälte und Verachtung, mit der sein Vater über Veni sprach, ließ Tobi ein Stück kleiner werden, im war, als könne er den Schmerz, den dies auslöste fast schon physisch spüren. Er dachte an die Abende, wenn sein Freund von der Arbeit kam und erschöpft zu ihm ins Bett kroch, wie er nach kaum einer Minute einschlief und am nächsten Morgen trotzdem mehr als erschöpft wirkte. Er dachte daran zurück, als sie in ihrer Wohnung Schimmel entdeckt hatten und zusammen immer wieder durchgerechnet hatten, wo sie Geld entbehren konnten, um die Reinigung zu zahlen. Tobi kam sofort sein letzter Geburtstag in den Sinn, als seine Eltern ihm ein Abendessen geschenkt hatten, dass sie ein paar Wochen später - wohlgemerkt ohne Veni, der in der Einladung sogar explizit nicht gewünscht war - in einem teuren Restaurant in der Gegend eingelöst hatten. Der Abend war kühl und förmlich verlaufen und Tobi war froh gewesen, als er wieder heim gekonnt hatte, in ihre kleine Zweizimmerwohnung. Von Veni hatte er zu dem Geburtstag ein Armband aus Leder bekommen, das Tobi inzwischen liebte und fast jeden Tag trug, Blumen und einen ganzen Tag, den sie gemeinsam mit ihren alten Schulfreunden verbracht hatten und Tobi wusste, dass es der schönste Geburtstag gewesen war, den er je gehabt hatte, so viel schöner, als all die förmlichen Gratulationen und Feierlichkeiten in all den letzten Jahren mit seinen Eltern, Partys zu seinem Geburtstag mit Menschen, die er nicht einmal kannte, aber die für die Geschäfte seines Vaters relevant waren.

Daunted and Broken ~ #Stexpert ~ #Kostory ~ #VenationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt