11|Langsam aber sicher, Stück für stück.

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Nachdem ich mich bei Jake verabschiedet und bedankt habe, dass er mich mitgenommen hat, bin ich ausgestiegen und ins Haus gegangen. Im Flur habe ich mir meine Converse von den Füßen gestriffen, und bin mit meiner Tasche, die Treppe hoch in mein Zimmer gelaufen. Direkt neben meinem, ist Jade's Zimmer. Ich würde manchmal am liebsten einfach in ihr Zimmer gehen und mich in ihr Bett legen. Und natürlich ist manchmal der Drang so groß, dass ich es wirklich mache. Früher habe ich es öfter gemacht. Mich einfach in ihr Bett gelegt und gewartet. Darauf gewartet, dass sie vielleicht doch nochmal nach Hause kommt.

Ich gehe in mein Zimmer und stelle meine Tasche neben meinem Schreibtisch ab und setzte mich auf den Schreibtisch Stuhl. Einfach so, während ich aus dem Fenster sehe. Die Straße ist leer. Das einzige was ich sehe, ist ein kleines Mädchen mit braunen Locken das verängstigt auf dem Gehweg sitzt und auf die Straße sieht. In ihrem Gesicht sieht man pure Angst gezeichnet. Wut in Trauer. Warum müssen so kleine Kinder, schon solche Angst haben? In diesem jungen alter sollte man nicht diese Angst in den Augen haben. Man sollte sie in keinem alter haben. Man wünscht sie niemandem. Die Angst vor dem, was im nächsten Moment passieren wird. Angst vor der Zukunft.

Ohne zu überlegen renne ich aus meinem Zimmer, die Treppe runter und ohne meine Schuhe anzuziehen, auf die Straße. ,,Hey, kleines." Sage ich leicht lächelnd, während ich auf das kleine Mädchen zugehe und mich schließlich neben sie setze. ,,Was machst du denn so alleine hier?" Das Mädchen gibt mir keine Antwort. Sie sieht nur stur auf die Straße. ,,Weißt du, ich heiße Hope. Willst du mir dein Namen vielleicht auch verraten?" Frage ich sie mit einem leichten Lächeln im Gesicht. ,,Grace." Gibt sie leise von sich. ,,Weißt du, wo deine Mama ist, Grace?" Frage ich sie jetzt etwas leiser und vorsichtiger. Sie dreht ihren Kopf zu mir. Sie mustert mich einen Moment und schüttelt dann ihren Kopf. ,,Okay. Und weißt du vielleicht wo dein Papa ist?" Frage ich sie genau wie davor. Grace schluckt. ,,Mein Papa ist im Himmel." Sagt sie ganz leise so das ich sie nur schlecht verstehen kann. ,,Und wo sind deine Eltern?" Fragt sie auf einmal. ,,Um ehrlich zu sein, bin ich mir nicht ganz sicher wo mein Papa ist. Aber er ist weit weg, und meine Mama ist nicht da." Gebe ich von mir. ,,Sind deine Mama und dein Papa auch Engel?" Fragt sie. ,,Nein, nein Grace. Meine Eltern sind keine Engel. Aber meine Schwester ist einer." Sage ich genau so leise wie sie. Ich weiß nicht wieso ich einem wildfremdem kleinen Mädchen das erzähle, aber Grace scheint es nicht einfach zu haben, und ich glaube das es gut tut jemanden zu haben, der so gut wie das gleiche, wie du durchmachen musste und weiß wie du dich fühlst. ,,Warum?" Fragt sie leise. ,,Krankheiten. Krankheiten, Grace. Die sehr, sehr gemein sein können. Die einen von innen zerstören, bis es einen nicht mehr geben wird." Antworte ich auf ihre Frage. ,,Mein Papa hat sich selbst zum Engel gemacht." Sagt sie mit einem traurigen Blick auf die Straße. ,,Er wollte nachhause. Er wollte nachhause, hat er gesagt." Mir steigen Tränen in die Augen, die ich aber wieder runterschluckte. Grace hat es nicht einfach.

Ich weiß nicht, wie lange ich und Grace hier still neben einander saßen, aber die Zeit ist vergangen. Die Zeit bleibt nicht stehen. Außer wenn sie anfängt langsam zu vergehen, dann kann es sein, dass sie irgendwann stehen bleibt. Genau wie bei Jade. Bei Jade ist die Zeit stehen geblieben ,,Oh Gott, Grace, da bist du ja." Ruft eine weibliche Stimme. Ich drehe mich in die Richtung, von der die Stimme kam und sehe eine Frau auf uns zu rennen. Als sie bei uns zwei angekommen ist, zieht sie Grace hoch und in eine feste Umarmung. ,,Bitte, laufe nicht mehr weg, mein Schatz. Das ist viel zu gefährlich." Sagt die Frau während ich aufstehe. Die Frau nimmt Grace ihre Hand und hält mir ihre andere, freie Hand entgegen. ,,Hallo, ich bin die Mutter von Grace. Es tut mir leid falls sie sie gestört hat. Aber danke, dass sie bei ihr geblieben sind." Gibt die Frau lächelnd von sich. Während ich ihre Hand schüttle sage ich :,,Hey. Ich bin Hope. Und kein Problem, das habe ich gerne gemacht." Gebe ich lächelnd von mir. ,,Danke vielmals. Schönen Tag noch." Sagt die Frau, während sie sich mit Grace an der Hand umdreht und anfängt zu laufen. Grace schaut noch einmal über ihre Schulter nach hinten zu mir und winkt mir mit traurigen Augen leicht zu. ,,Tschüss, Grace." Sage ich leise, während ich ihr kurz zuwinke. Als die beiden hinter einer Straßen Ecke verschwinden, drehe ich mich auch um und gehe wieder ins Haus.

Ich gehe in die Küche um mir etwas zu essen zu machen. Ich esse nur einen Salat. Ich habe keinen so großen Hunger. Ich mache mir keine großen Sorgen, dass mir das gleiche wie Jade passieren könnte. Ich nehme mir was zu essen, wenn ich etwas will und zwischen durch esse ich auch mal was. Aber im Moment ist mir nicht so nach essen. Ich weiß, was mit einem passiert, wenn er immer mehr Sport macht und immer weniger isst. Wenn der Jenige irgendwann aufhört zu essen und irgendwann kein Sport mehr machen kann, weil ihm die Kraft fehlt. Wenn eine Person sich irgendwann nicht mehr auf den Beinen halten kann und so mehrmals am Tag umkippt. Ich weiß, was passiert, wenn du nicht mehr deine Augen offen halten kannst und es dir immer schwerer fällt zu atmen. Da deine Kraft nicht mehr reicht. Ich weiß es, da ich dabei zugesehen hab, wie sich meine Schwester, langsam aber sicher, Stück für Stück, damit selber das Leben nahm.

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Kapitel elf ist da. Hoffe es hat euch gefallen. Danke fürs lesen dieses Kapitels. Würde mich über Kommis oder so freuen. Naja. Man liest sich. :)

~Ale.💗

Let's be Alone together Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt