15. Kapitel

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Josh's Sicht:

Ich war mir Nicks Kraft durchaus bewusst und ich wusste auch, dass man ihn lieber nicht wütend machen sollte, vor allem nicht, wenn es um seine Schwester ging. Aber ich war trotzdem ziemlich geschockt, als ich erfuhr, dass Ben im Krankenhaus war. 

Nick war mein bester Freund, aber ich hatte trotzdem einen wahnsinns Respekt vor ihm. Ben war nicht der Erste, den er in seinem Leben bereits bewusstlos geschlagen oder ins Krankenhaus befördert hatte. 

Nach dem Mesme wieder normal reden konnte, hatte sie uns mitgeteilt, dass jemand sie angerempelt hatte und sie dabei mit dem Kopf gegen die Tischkannte gefallen war und daher die Platzwunde an ihren Kopf stammte. Gut für denjenigen, dass sie nicht wusste wer es war, sonst würde der sich jetzt wahrscheinlich ein Krankenzimmer mit Ben teilen. 

Jetzt saß ich einsam in meinem Zimmer und wünschte mir Menesme wäre hier. Früher hatte ich nicht so alleine in dieser kleinen Wohnung gelebt. Meine Schwester und meine Mutter hatten hier ebenfalls gewohnt, aber irgendwann hatte meine Mom herausgefunden, dass ich klaute und auch sonst ein paar kriminelle Sachen am Laufen hatte. 

Sie konnte sich nicht damit abfinden, dass meine Freunde nunmal so waren wie sie waren... und ich war eben genauso. 

Ich glaube, sie hatte mich nie wirklich gemocht, sie hatte immer gesagt, ich wäre genauso wie mein Vater, so als ob das etwas schlimmes wäre. Ich habe meinen Vater nie kennengelernt, laut meiner Mutter, saß er wegen irgendwas im Knast. Keine Ahnung, ob da was dran war. 

Eines Tages hatte sie jedenfalls einfach ihre Koffer gepackt und war mit meiner Schwester abgehauen. Sie hatte mich hier zurück gelassen als ich elf war, seitdem hatte ich sie nie wieder gesehen. 

Ich war nicht gern zu Hause, diese vier Wände deprimierten mich irgendwie. Sie führten mir immer wieder vor Augen, dass meine Mutter mich, für das was ich war, gehasst hatte und wahrscheinlich immer noch hasste. 

Aber ich war garantiert nicht der Einzige in dieser Gegend, mit Eltern, die einen nicht geliebt oder nicht akzeptiert hatten. In Selbstmitleid zu versinken war keine Lösung. Ich hatte gute Freunde, ein Mädchen das mich liebte, ein Dach über dem Kopf. Es hätte mich wesentlich schlimmer treffen können.  

Da ich nichts besseres mit mir anzufangen wusste, holte ich meinen Laptop rauf und öffnete Facebook. Gelangweilt scrollte ich ein bisschen hin und her und blieb dann an einem Bild hängen, das meinen Blick auf sich zog. 

Ich sah es mir genauer an und konnte einfach nicht glauben, was ich da sah. 

Das war unmöglich! 

Das Bild zeigte ein Mädchen, etwa in Menesmes alter, das fröhlich in die Kamera strahlte. 

Emely. 

Ich konnte etwas aus dem Hintergrund erkennen, das war doch das Brandenburger Tor! 

Meine Schwester war in Berlin! 

Ich öffnete hektisch im Internet das Telefonbuch, gab ihren Namen und Berlin ein. Ich hatte oft versucht ihre Nummer irgendwo zu finden, aber es gab einfach zu viele unter diesem Namen. 

Jetzt, wo ich auch einen Ort angab, zeigte es mir genau zwei Ergebnisse, unter dem Namen Emely Addison, an. 

Ich zückte mein Handy und wählte die erste Nummer. Ohne nachzudenken, was ich da überhaupt tat, betätigte ich bereits den grünen Knopf. 

Während das erste lange Tuuuut erklang, fragte ich mich plötzlich, was ich überhaupt sagen wollte, falls am anderen Ende der Leitung tatsächlich meine Schwester abheben sollte. Da war es schon zu spät...

Blind Junk Hood GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt