32. Kapitel

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Immer noch Mesmes Sicht:

"Mel, bitte mach die Tür auf! Ich hab ihn weggeschickt, er sitzt in seinem Zimmer!" Wieder passierte nichts. 

Surprise surprise...

"Komm schon Mel, lass mich rein. Bitte! Er ist nicht hier, darauf geb ich dir mein Wort!"

Wieder nichts. Frustriert lehnte ich mich gegen die Tür und wollte mich gerade daran heruntergleiten lassen, da wurde die Tür geöffnet und ich stolperte unbeholfen rückwärts ins Zimmer.

"Mel!" schrie ich und landete unsanft mit dem Hinterteil auf dem Boden.

"Ups, Tschuldigung!" sagte sie schnell und half mir auf, dann schloss sie schnell die Tür wieder und ich tastete mich zu ihrem Bett vor. Dort ließ ich mich auf die weiche Matratze fallen und seufzte.

"Ich soll dir sagen, es tut ihm leid." sagte ich gerade heraus und sie stöhnte aufgebracht.

"Und das kann er mir nicht selber sagen?!"

"Hättest du ihm denn überhaupt zugehört?" fragte ich und zog eine Augenbraue nach oben. "Wohl kaum, er wäre gerade mal bis zu deiner Zimmertür gekommen, sowohl körperlich als auch mit seinen Worten." Daraufhin gab sie nur nochmal einen frustrierten Laut von sich, sagte aber nichts mehr.

"Und... er hat den Typen nicht erschossen, er hat ihn nur angeschossen... Ich weiß, das entschuldigt nicht, was er getan hat und es macht es auch nicht wirklich besser. Ich wollte bloß, dass du das weißt." Sie schniefte bloß, antwortete aber nicht. Sie saß ebenfalls auf dem Bett und ich setzte mich nun auf und ruckte zu ihr rüber. Während ich die weinende Mel in den Arm nahm, überlegte ich, ob ich diesen Tag "Tag der Tränen" taufen sollte.

"Warum?" schluchzte sie an meiner Schulter. "Warum musste das passieren? I-ich hab noch nie gesehen, wie jemand auf einen Menschen geschossen hat, s-sowas kenn ich nur aus Filmen. Und dann war es auch noch ausgerechnet mein Bruder! Ist sowas hier etwa normal?! I-ich komm mit sowas einfach nicht klar! Als ich beschlossen habe, hier herzuziehen, hat Josh mich zwar vor sowas gewarnt, aber ich habe irgendwie nicht geglaubt, dass er das so ernst meinte..." Wieder entfuhr ihr ein Schluchzer, bei dem sie heftig zusammen zuckte. 

Mit einem traurigen Lächeln antwortete ich ihr: "Leider meinte er das sehr ernst... und so etwas ist hier tatsächlich nichts ungewöhnliches."

Immer wieder wurde ihr Körper von weiteren Schluchzern durchgeschüttelt und ich fuhr ruhig und ohne ein Wort mit der Hand über ihren Rücken. Tatsächlich beruhigte sie sich irgendwann und ich schaffte es sogar, sie aus ihrem Zimmer herauszubekommen. Dann holte ich noch den armen Josh wieder aus seinem Zimmer und schob dann Emely so lange auf ihn zu, bis sie sich umarmen mussten. Da gab es dann das nächste Tränenmeer, nur dieses Mal saß ich nicht mitten drin.

Jap, Tag der Tränen schreib ich jetzt in meinen Kalender.

Du hast gar keinen...

Is mir doch egal...

Dann hatten sich auch Emely und Josh wieder vertragen, wir zwei waren zwar immer noch ein wenig angepisst auf ihn, was er auch merkte, aber wir versuchten, denke ich, einfach zu vergessen, was passiert war, auch wenn das schier unmöglich war. 

Wir kochten zusammen Mittagessen und es war auch ganz lustig, aber die Atmosphäre war nicht ganz so locker wie sonst. Nach dem Essen, während dem wir alle versuchten, die bedrückende Stille mit irgendwelchen gezwungenen Gesprächen zu überbrücken, machte ich mich wieder auf den Heimweg. Josh bot mir zwar an, mich zu begleiten, aber ich lehnte ab und machte mich mit Pacha allein auf den Weg. Aus zwei Gründen: erstens, ein Aufeinandertreffen von ihm mit meinem Bruder wollte ich mir nicht auch noch antun. Zweitens wollte ich, das muss ich ehrlich zugeben, jetzt mal für's erste meine Ruhe haben. Ich denke wir brauchten alle so ein bisschen unsere Zeit, um das Ganze zu verarbeiten.

Blind Junk Hood GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt