Immer noch Mesmes Sicht:
"Mes, wir gehen heute shoppen!"
Erster Gedanke zu dieser unheilvollen Verkündung: Niemals!
Zweiter Gedanke: Hat die mir gerade einen neuen Spitznamen gegeben...?
Alles klar, für Emely war ich jetzt also Mes. Der Spitzname war irgendwie bescheuert... Aber okay besser als Nessi. So hatte meine Mutter mich früher oft genannt und mich mit dem Loch Ness Monster verglichen. Ja, also gemocht hatte sie mich nicht wirklich...
Aber momentan gab es eine andere Katastrophe: Ich sollte shoppen gehen!
Da zeigten sich wieder die Vorteile, wenn man ausschließlich Jungs als Freunde hatte: Man musste nie shoppen gehen! Dabei warf man doch nur Geld für unnötig hübsche Klamotten aus dem Fenster, die man dann eh fast nie anzog. Ich kaufte mir nur Klamotten, wenn ich welche brauchte und dann gescheite Hosen und Shirts, die man immer tragen konnte. Also war meine Antwort klar und deutlich: "Vergiss es! Ohne mich!"
"Ach Mes, jetzt stell dich nicht so an! Ich wette du bist noch nie so richtig shoppen gegangen, mit Jungs kann man ja auch nicht shoppen gehen. Es wird dir wahrscheinlich sogar richtig gefallen!"
"Mel," Ach du Schande, jetzt fing ich ja auch schon mit den dämlichen Spitznamen an. Waren wir jetzt Mes und Mel oder was?! "falls du es immer noch nicht gemerkt haben solltest: bei uns fällt Geld nicht vom Himmel." spielte ich meine letzte Karte aus. Den eigentlichen Grund, warum ich nicht mit ihr in die Innenstadt wollte, wollte ich ihr nicht sagen.
"Bei meiner Mutter schon und ich hab, als ich abgehauen bin, ein paar Scheinchen eingesteckt. Das Shoppen geht also auf mich. Und erzähl mir jetzt nicht, dass das Geld gestohlen wäre und du es deshalb nicht benutzen willst! Ich weiß, dass ihr da einige krumme Sachen am Laufen habt!" Damit hatte sie recht, das war dann wohl kein Argument mehr.
Ach Mist!
Ich versuchte es noch mit einem quengeligen "Aber ich will nicht!", gab dann aber auf, sie würde mich sowieso, mit oder ohne meine Zustimmung, in jeden Laden schleifen, den sie finden würde.
Jetzt hatte ich noch die tolle Wahl zu treffen: würde ich, die Hand eines mir noch ziemlich fremden Mädchens haltend, oder mit einem Blindenstock durch die Stadt latschen? Beides keine tollen Aussichten.
Das war der Grund, warum ich nicht mit ihr shoppen gehen wollte. Wenn ich mit einem der Jungs unterwegs war, merkte wenigstens nicht jeder sofort, dass ich absolut nichts sehen konnte, weil es eben natürlich war, wenn ein Mädchen die Hand eines Jungen hielt. Die Hand eines anderen Mädchens zu halten war eher weniger natürlich. Das würde extrem demütigend werden...
Ich erzählte (mit der miesesten Laune die ich je gehabt hatte) meinem Bruder, dass Mel mit mir shoppen gehen würde und er mich bitte retten sollte.
"Versuchs doch mal, vielleicht macht's dir sogar Spaß." meinte dieser nur.
"Es macht definitiv keinen Spaß mit einem dämlichen Stock durch die Gegend zu laufen oder wie ein Kleinkind die Hand eines anderen Mädchens zu halten!" zischte ich.
"Ouh, ok dann sag ihr, dass du hier bleibst." meinte er dann verständnisvoll, auch wenn sein Rat ziemlich unkreativ war und mich nicht weiterbringen würde. Gerade wollte ich ihm erklären, dass ich das genauso gut der Wand erzählen könnte, da kam mir Josh dazwischen.
"Ich komme mit."
Völlig verdutzt wandte ich mich in seine Richtung. "Seit wann gehen Jungs freiwillig shoppen?" fragte ich irritiert.
DU LIEST GERADE
Blind Junk Hood Girl
Teen FictionDie Welt durch Menesmes Augen sehen. Schwarz und dunkel. Aber ist die Welt wirklich nur schwarz und dunkel, wenn man blind ist? Oder entdeckt man vielleicht etwas, das Augen nicht erfassen können? Menesme sieht die Welt mit ganz anderen Augen, si...