30. Kapitel

131 16 4
                                    

Josh's Sicht:

"Bleib weg! Geh einfach weg! Vai via, Josh!" 

Diese Worte schmerzten mehr als alles andere, was man je zu mir gesagt hatte. Und Menesme redete grundsätzlich nur auf italienisch, wenn sie extrem wütend oder unglaublich tief verletzt war.

"Du hast ihn getötet..." 

Das Entsetzen, die Fassungslosigkeit und unendlicher Schmerz hatten sich in ihrem tränenüberströmten Gesicht widergespiegelt und dieser Anblick riss mir eine tiefe brennende Wunde ins Herz.

Ich hatte die Waffe mitgenommen, weil ich mir geschworen hatte, dafür zu sorgen, dass ihr nichts passierte. Ich wollte unter keinen Umständen zulassen, dass sie wieder in die Fänge einer anderen Gang geriet und vielleicht hatte ich es sogar geschafft, sie vor körperlichen Verletzungen zu bewahren, hatte ihr aber den größten inneren Schmerz überhaupt zugefügt. 

Da war noch etwas in ihrem Gesicht abzulesen gewesen. 

Angst. 

Nackte panische Angst, vor mir und vor dem, was ich getan hatte... Sie hat Angst vor mir.

Ich fühlte mich so unglaublich schlecht, ich hatte mächtig Scheiße gebaut. So richtig. Und dann war sie weg gerannt, immer wieder spielte sich diese Szene in meinem Kopf von neuem ab. Zu sehen, wie der wichtigste Mensch meines Lebens so offen und verletzt vor mir stand, sich umdrehte und weinend davon rannte. Und ich hatte einfach nur dagestanden und ihr hinterher gestarrt, hatte nicht begreifen können, was so eben geschehen war. 

Nick hätte wahrscheinlich schneller reagiert als ich, doch er war noch mit einem der Rocks, die uns entdeckt hatten, beschäftigt und so kam es, dass er, als Menesme bereits lange aus unserem Blickfeld verschwunden war, an mir vorbei stürmte und mir zu rief, ich solle in den Wagen steigen, Emely sicher nach Hause bringen und dann dort bleiben. 

Er war natürlich wütend gewesen und war es jetzt wahrscheinlich immer noch und das zurecht. Ich wollte ihm erst hinterher eilen, doch der hasserfüllte Blick, mit dem er mich bedachte, ließ mich stehen bleiben. Sie hatte gesagt, ich solle wegbleiben, also machte ich nach langem Ringen mit mir selbst, kehrt und brachte meine ebenfalls weinende Schwester nach Hause. 

Seit dem saß ich regungslos auf meinem Bett und durchlebte in Gedanken immer und immer wieder diesen einen Moment, in dem mein Herz zerbrochen war. Diesen Gesichtsausdruck würde ich nie mehr vergessen. All das Entsetzen und die Enttäuschung.

Meinetwegen.

Meine Schwester stand ebenfalls unter Schock, hatte sich in ihrem Zimmer eingesperrt und war seitdem nicht mehr heraus gekommen. 

Es war sechs Uhr morgens und ich wartete immer noch auf Nicks Anruf, ich hatte ihn bereits drei mal angerufen und gefragt, ob er sie gefunden hatte, dann hatte er mich angeschrien, ich sollte damit aufhören, er würde mir dann eine SMS schicken. Er hatte mir verboten nach ihr zu suchen, er meinte, ich hätte bereits genug Scheiße gebaut und damit hatte er auch recht. Trotzdem schrie alles in mir, nach ihr zu suchen, doch Nick war ihr Bruder und mein Boss, wenn er mir einen Befehl erteilte, musste ich gehorchen und er war auch so schon verdammt schlecht auf mich zu sprechen.

Und sie will, dass ich weg bleibe...

Also saß ich nun schon seit circa sechs Stunden hier auf meinem Bett, unfähig auch nur ein Auge zu zu tun, und neben mir lag der große Plüschhase, den Mes fallen gelassen hatte, als ich sie so unsanft in den Wagen gezerrt hatte.

Nickis Sicht:

Ich bring ihn um! 

Seit sechs Stunden, war ich nun auf der Suche nach meiner Schwester und konnte nicht mehr aufhören, meinen besten Freund mit den schlimmsten italienischen Beschimpfungen, die mir einfielen, zu verwünschen! Erst hatte der Depp auf einen Rock geschossen und uns allein dadurch schon eine Menge Ärger eingebracht und dann war meine Schwester auch noch weggerannt und der Vollhorst hatte einfach mal nichts dagegen unternommen! Ich war so wütend, dass ich mir nicht sicher war, ob ich meinen besten Freund für diese Scheiße nicht ins Koma prügeln würde.

Blind Junk Hood GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt