elf

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Unruhig biss ich mir auf die Unterlippe. Das tat ich immer, wenn ich nervös war. Eine dumme Angewohnheit. Aber ich konnte es nicht abstellen, so gerne wie ich es auch tun würde. Unsicher sah ich zu ihm auf und krallte mich verkrampft in den Saum meines Kleides.

"Wieso starrst du mich so an?" flüsterte ich heiser, räusperte mich und runzelte dann die Stirn.

"Weil du hübsch bist." Ein vielsagendes Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Dieser Satz ließ mich ungewollt schmunzeln. Er wusste was Frauen gefiel.

"Komm rein." Er lächelte und winkte mit dem Kopf hinein.

Sein Blick schien mich regelrecht zu durchbohren. Und mit jeder Sekunde in der er das tat, wuchs meine Unsicherheit mehr und mehr. Was hatte dieser Typ nur an sich, um mich derartig nervös zu machen? Seine Stimme riss mich aus den Gedanken. "Du siehst gut aus."

Ich lachte leise und schüttelte den Kopf. "Das sagtest du bereits."

Mit einer Mischung aus Unsicherheit und Neugier betrat ich Harrys Anwesen. Gebannt betrachtete ich die Wohnung. Nein, es war keine Wohnung, eher eine Villa. Ja genau, das war das richtige Ausdruck dafür. Na ja okay, er war schließlich Sänger bei der augenblicklich erfolgreichsten Boyband der Welt.

Harry muss ja Geld ohne Ende verdienen, dass er sich diesen Lebensstil finanzieren konnte. Plasma Fernseher, riesige Couch, Wintergarten, so groß wie das Zimmer von Jana und mir zusammen, eine Küchenzeile, größer als mein eigenes Zimmer. Ich kam gar nicht mehr raus aus dem Staunen.

"Na, gefällt dir mein Reich?" lachte er süffisant. Wie im Trance nickte ich nur und konnte mir gar nicht aus dem Bann lösen.

"Wohnst du eigentlich allein hier?" hörte ich mich fragen und schämte mich im nächsten Moment fürchterlich davor. Warum stellte ich nur immer solch unangebrachte Fragen? Seine Fingerspitzen trommelten auf der Küchenplatte. Durchdringend sah mich an und kam näher. Oh, oh, das hätte ich mir wohl lieber sparen sollen..

"Nein, meine Schwester wohnte bis vor kurzem noch hier. Bevor sie mit ihrem Freund nach Amerika gezogen ist." Freund sprach er besonders zynisch aus. In seiner Stimme lag plötzlich die pure Aggression und Wut. Er mochte ihn wohl nicht sonderlich. Oder er liebte seine Schwester so sehr und wollte sie nicht alleine lassen, in einem fremden Land. Jeder anderen Frau würde das hier Angst machen, der Ton von Harry, die pochende Ader an seiner Schläfe, doch ich war froh darüber, dass er mir endlich etwas aus seinem Leben erzählte. Das er sich mir öffnete. Wenn auch nur ein wenig.

Aber warum interessiert mich das eigentlich, sind wir etwa jetzt schon soetwas wie .. Freunde?

Wie so oft riss Harry mich abrupt aus meinen Gedanken. "Setz dich." raunte er mir ganz nah an meinem Ohr zu und zeigt auf die zwei weißen Kunststoffstühle. Ich schauderte. Mein Blick blieb bei den vielen Bildern hängen, während er in die Küchenzeile ging und etwas aus dem Ofen holte. Unmengen von Bildern. Einmal von einer Frau, ich schätze seine Mutter, ein anderes Mal ein Mädchen, ich denke im selben Alter wie ich. Seine .. seine Freundin? Ich wagte es nicht weiterzudenken.

Mit hochrotem Kopf hastete Harry zum Tisch und knallte die Lasagne darauf. "Tja, Topflappen wären von Vorteil, hm." stellte ich grinsend fest.

"Und wenn ich keine habe?" gab er keck zurück und schenkte uns beiden Weißwein ein. "Du trinkst doch, oder?" fragte er dann zögerlich und hielt inne. Ich war keine Person, die sich jedes Wochenende das Limit gab, aber ab und an ein Glas Wein genehmigte ich mir schon mal.

"Du hast wirklich keine Topflappen?" hakte ich dann geschockt nach. Das konnte doch unmöglich sein Ernst sein. Ich meine, jeder hatte doch Topflappen!

"Nein Rose, ich habe keine Topflappen. Ich bin viel unterwegs. Ich koche nicht." murmelte er beinahe beiläufig und teilte die Portionen aus.

"Harry! Nicht so viel!" kreischte ich hysterischer als gewollt und wich nach hinten. Was sollte das? Tat er das etwa mit Absicht?

Er grinst schief und lud mir natürlich noch mal was drauf. "Gott ich hasse dich!" lachte ich leise, woraufhin er sich gespielt geschockt die Hand vor den Mund hielt. Nachdem wir gegessen haben, lehnte er sich betont lässig auf dem Stuhl zurück. Ein Grinsen bildete sich auf seinen Lippen.

"Du kannst es ruhig zugeben, dass die beste Lasagne war, die du jemals gegessen hast!" prahlte er und verschränkte die Arme vor der Brust.

Angeber! "Ich muss zugeben, dass sie gar nicht mal soooo übel schmeckt. Ich hab' sie mir wirklich schlimmer vorgestellt."

Ein selbstsicheres Grinsen macht sich auf seinem Gesicht breit und ich entdeckte seine Grübchen. Ich liebte Grübchen und bei ihm sieht das so niedlich und sexy zugleich aus.

Nachdem Harry darauf bestand selbst alles abzuräumen, gab ich nach. Er war ja so ein Sturkopf!

Danach redeten wir, über sovieles. Beruf, Freunde, Musik, Schulzeit, Kindheit. So, als ob wir uns schon Jahre kennen würden und uns nur aus den Augen verloren hatten. Und das, obwohl ich ihn erst seit ein paar Wochen kannte.

Ich sah auf die Uhr und stand auf. "Schon fast zwölf. Ich mach mich dann wieder auf den Heimweg. Es war schöner als erwartet mit dir. Man sieht sich, Harry."

Er lachte leise, begleitete mich noch zur Tür und flüsterte beinahe tonlos. "Ja ich fand es auch schön. Fahr vorsichtig."

Wir umarmten uns und ich spürte, wie seine Körperwärme mich umhüllte. Der Geruch von Zitrone und seinem Aftershave stieg mir in die Nase. Es war ein schönes Gefühl. Nachdem wir uns voneinander lösen, lächelte ich ihm noch zu und fuhr zu der Wohnung, sperrte auf und ließ mich müde auf mein Bett fallen.

Wo ist heute der Harry geblieben, den ich kannte?

Wo ist heute der Idiot geblieben?

Wo ist heute der Mann geblieben, den ich so sehr verabscheute?

Wo ist heute der arrogante Harry geblieben?

Mein Handy vibrierte, ich zuckte zusammen. Gott, ich war so schreckhaft. Eine neue Nachricht. Von Harry. Ich muss gegen meinen Willen lächeln, als ich sie öffnte.

Hey, Rose. Das müssen wir unbedingt wieder nachholen. War echt schön.

Meine Finger flogen wie von selbst über das Display.

Hey, ja das müssen wir echt nachholen. :)

Schmunzelnd legte ich mich in mein Bett und schlief ein.

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2 Updates an einem Tag, whuup.

Song: S & M - Rihanna :)

I hate it to be hungry #Wattys2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt