neunundzwanzig

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Immer mehr Tränen liefen mir über das Gesicht. Ich wusste nicht mehr wann ich aufgehört hatte zu weinen, mir das kalte Wasser ins gespritzt habe und beschlossen habe in ein Fitnessstudio zu gehen. Sport zu treiben, einerseits um mich auszupowern und abzulenken, andererseits um Kalorieren zu verbrennen. Ich hatte noch keine Ahnung wie oft ich dort in der Woche hingehen würde oder wieviel eine Monatskarte kosten würde, doch eines stand fest, ich würde dort hingehen, entschied ich, während ich mir einen Pferdeschwanz machte und die Laufschuhe zuband.

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Ein Mann stand hinter dem Tresen, der mit Werbebroschüren überhäuft war. Dunkelbraun gebrannte Haut, harte Gesichtszüge, Drei-Tage Bart, ein Lächeln, das aufgesetzter nicht mehr gehen konnte, strahlend weiße Zähne, wahrscheinlich gebleicht. Eine Cap, sollte wohl die Glatze auf seinem Kopf verdecken, na ja klappte wohl nicht ganz. Sein Lächeln war wie eingefroren. Bei den Muskeln, sah er so aus, als ob er hier Tag und Nacht verbringen würde.

„Guten Tag." Er musterte mich von oben bis unten. „Hallo, wie viel kostet das, wenn ich mich für eine Stunde auspowern möchte?" Statt mir eine Antwort zu geben, beäugte mich der Mann weiterhin, der Meister Propper aus der Fernsehwerbung glich. Unruhig kaute ich auf meiner Unterlippe. Ich wusste, dass ich viele Kilo zuviel hatte, doch das gab mir den Rest. Meine Arme zitterten.

Der Mann sah zu mir auf, zog die Brauen hoch. „Wie alt sind Sie?" Innerlich zuckte ich zusammen. Für einen Moment zögerte ich. „Neunzehn." Meine Wangen glühten und ich starrte auf meine blau - grauen Laufschuhe.

Seine Mundwinkel zuckten spöttisch nach oben. „Ach ja?" fragte er bloß und mein Blick lag auf seinen widerlich gegeelten Haaren, die so aussähen, als ob er sie seit Tagen nicht mehr geschwaschen hätte, die sein vom Solarium viel zu gebräuntes Gesicht umrahmten. Die Bräune war absolut nicht mehr schön. Generell ließ die Symapthie zu wünschen übrig.

Ich riss die Augen auf und sah mein Gegenüber entgeistert an, wurde kreidebleich. Sah ich denn wirklich so jung aus? Mit einem beklemmendem Gefühl im Bauch schob ich meinem Gegenüber den Person über den Tisch. Sein kritischer Blick flog über die Zeilen, ehe er ihn mir in die Hand drückte und nickte. „Gut, das erste Mal ist kostenlos. Da Sie achtzehn sind, müssen Sie nicht soviel zahlen, wie jemand, der über 20 ist." Ein aufgesetztes, falsches Grinsen zierte seine pinken Lippen. Ich hasste es. Es war abscheulich. „20£ pro Stunde, wären das, wenn sie 3 - Mal die Wochen zu uns kommen würden. Wenn sie 4, 5 oder 6 - Mal kommen wollen, wären das 50£ pro Stunde." Völlig perplex von den vielen Worten nickte ich unzurechnungsfähig und murmelte etwas wie danke.

Mit einem komischem Gefühl im Bauch wandte ich mich um und lief an den Boxern vorbei, hindurch an der Bar, zu den Laufbändern. Ich blieb stehen und erstarrte. Ich war wie betäubt von dem perfekten Anblick. Lange, perfekt gebräunte Beine. Mein Gott. Benommen riss ich mich los und suchte mir ein freies Laufband. Alles war voll mit schlanken Frauen, alles! Zwischen ihnen kam ich mir vor wie eine Kartoffel, oder nein, wie ein ganzer Kartoffelsack umgeben von schlanken Bohnen. Horror!

Ich lief weiter und versuchte an etwss anderes zu denken. Die argwöhnischen und vorallem misstrauischen Blicke, die mir zugeworfen wurden, ließen mich ich mehr verunsichern, verzweifeln.

Direkt vor mir befand sich ein Laufband. Perfekt. Der Ausblick war nicht ganz optimal, doch das spielte überhaupt keine Rolle. Ich stellte meine Tasche ab, trank einen großem Schluck und stellte die geforderten Angaben ein.

Eine Stunde

Geschwindigkeit: Fast

Ich fing an und ich musste sagen, es fühlte sich gut und vorallem richtig an. Mit jedem Schritt, den ich tat, wuchs mein Wille, weiterzulaufen. Kalorien zu verbrennen, Fett wegzuschleudern. Der Schweiß rann meine Schläfen hinunter. Ich fühlte mich, als ob ich einen Maraton bei 40 Grad im Schatten liefe. Ich bließ die Wangen auf und pustete die Luft heraus. Wow, eine kleine Abkühlung. Ich schmunzelte und verschnellerte meine Schritte.

I hate it to be hungry #Wattys2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt