siebenunddreißig

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Das Motorgeräus in nächster Nähe ließ mich zusammenfahren. Er war gekommen. Meine Beine fühlten sich an wie Blei und jeder Schritt wurde schwerer. Mit Knien wie aus einem Wackelpudding öffnete ich die Beifahrerseite, stueg ein. Sofort umhüllte mich der altbekannte Geruch. Eine Mischung aus Zitrone und Männerdeo. Kurz - ich liebe Harrys Duft. Doch das war im Moment nebensächlich. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch schnallte ich mich an und wischte mir die vereinzelten Tränen vom Gesicht. Meine Lippen zitterten, ich wollte etwas sagen, doch kein Laut verließ meine Lippen, darum klammerte ich mich an meiner Einkaufstasche fest und krallte meine Fingernägel in die weichr Baumwolle.

Er nahm die Hände vom Lenkrad, fasste mir ans Kinn, zog es zur Seite, sodass ich gezwungen war ihn anzusehen. „Hast du etwa geweint, Rose?" In seiner Stimme klang Misstrauen, jedoch auch etwas Trauer. Meine Zähne schlugen aufeinander, sodass ich sie fest zusammenpresste.

„Quatsch" murmelte ich schnell, beinahe etwas zu schnell  und blickte hastig  in die entgegengesetzte Richtung aus den verdunkelten Fensterscheiben. Überall hin, nur nicht in die Augen meines Freundes. Das konnte ich nicht.

Das Auto bewegte sich, die Reifen quietschten laut, so schnell beschleunigte mein Freund. Einige Passanten drehten sich um, einer von ihnen zeigte sogar den Mittelfinger. Zum Glück waren die Scheiben dunkel. Stumm wartete ich darauf das er mich anschrie, das er fragte, warum ich soviel eingekauft habe, warum ich ihn angerufen habe, doch nichts von all dem geschah. Stattdessen murmelte er nur meinen Namen. Immer und immer wieder. Langsam erschien mir die Situation seltsam.

Tief atmete ich durch. „Du musst mich verstehen. Ich hatte unglaublich Hunger. Es war nicht mehr zum aushalten." Falsch, Rose, verbesserte ich mich selbst in Gedanken. Du hast unglaublich Hunger und es ist nicht mehr zum aushalten.

Harry schnaubte, nahm die schwarze Sonnenbrille ab und schmiss sie achtlos auf das Amaturenbrett. „Ach wirklich?"

Der Ton, in dem er redete, jagte mir einen eisigen Schauer über den Rücken. Augenblicklich wurde ich starr. Er starrte geradewegs auf die Straße. „Ist ja kein Wunder, wenn du nichts isst, meine Güte." Seine Hand klatschte gegen das Lenkrad. Ich wandte den Blick ab und bemerkte, wie die Wut langsam, aber kochend in mir hochstieg.Warum redete er in so einem Ton mit mir? Was gab ihm das Recht dazu?

„Es tut mir Leid." Kaum ein Flüstern. Wie oft ich diesen Satz in den letzten Stunden, Tagen, Wochen hören musste. Rasend vor Zorn knallte meine Hand wuchtig gegen das Amaturenbrett. Selbst ich zuckte vor meinem Ausraster zusammen. So war ich sonst nie. Mein Magen rumorte und knurrte ohne Unterlass. Hastig presste ich meine Hand davor.

Ich bekam fast keine Luft mehr vor Wut und musste deswegen nach ihr schnappen. „Warum konfrontierst du mich immer und immer wieder mit diesem verdammten Thema, Harry!?" Ich war völlig außer mir und musste aufgeregt nach Luft schnappen. Erst jetzt bemerkte ich, dass sein Gesicht vollkommen rot war. Vor Wut oder vor Enttäuschung? Seine linke Hand war zu einer Faust geballt, sodass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Wieder holte ich tief Luft und fing erneut an. „Was soll das? Ich habe dir schon einmal gesagt, dass du dich nicht in mein Leben einzumischen hast. Kapier das endlich!" schrie ich und spuckte ihm die Wörter fast ins Gesicht.

Er starrte auf das Lenkrad und er schüttelte den Kopf. Wieder und wieder. Es machte mich ganz verrückt das er nichts sagte. Wollte er etwa eine Entschuldigung? Nicht ernsthaft, oder. Für was sollte ich mich denn bitte entschuldigen?

Tonlose Sekunden verstrichen. Unruhig nagte ich an meiner Unterlippe und wollte endlich dieses Schweigen unterbrechen, doch um nocheinmal etwas zu sagen, war ich zu stolz. Unwillkürlich stierte ich auf die Banana, die er trug und das die ganze Zeit, während er nun doch endlich sprach. „Es ist dein Leben, klar. Es geht mich eigentlich nichts an, natürlich. Aber ich bin dein Freund. Denkst du ich kann tatenlos uusehen, wie du früher oder später in dir zusammenfällst, wie ein Kartenhaus, welches umfliegt. Dein ganzes Leben wird wie eine Seifenblase zerplatzen. Der Punkt ist, ich will das du wieder glücklich bist - wieder lachst. Ich meine, schau dich doch mal an. Wann warst du das letzte Mal so richtig glücklich?" sagte er ganz ruhig ohne seinen Blick von der Sraße abzuwenden. Es waren nicht, die Worte mir eine Gänsehaut gaben, sondern diese Ruhe. Mir wurde ganz schwindlig. Sterne tanzten im schwarzen Hintergrund. Gerade schaffte ich es noch, mich am Handgriff festzuklammern und mich dadurch wachzurütteln.

I hate it to be hungry #Wattys2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt