sechsundzwanzig

3.9K 222 22
                                    

»oh my god how long does it take every lesson that we learned took so long but it made us strong.«

Die Tür wurde schwungvoll aufgerissen und ich blickte in ein bekanntes Gesicht. Der Arzt kam mit der Mappe unter dem linken Arm geklemmt und einem kleinem, aufmunternden Lächeln, welches es wahrscheinlich bei jedem Patient aufsetzte, auf den Lippen herein. Setzte sich auf den Stuhl, auf dem vorher Harry saß und blickte mir in die Augen. Ich wollte in diesem Moment nur noch zu Harry, meine Finger in seinen Locken vergraben und ihn küssen. Immer wieder. Seinen Geruch einatmen, seine Wangen, die Stirn, das Kinn berühren. Eine Stimme riss mich aus den Gedanken. „Um gleich auf den Punkt zu kommen, Miss Lancaster, wir haben festgestellt, dass ihnen nur noch wenig bis zum Untergewicht fehlt." Seine Stimme, sowie seine Mimik hatte jegliche Emotion verloren. Kein aufrichtiges Lächeln mehr, kein Schmunzeln, keine Mundwinkel, die sich hoben. Da war nichts. Er war so Ernst wie nie. Mein Magen zog sich zusammen. Die feinen Häärchen stellten sich senkrecht an meinem Arm auf. „Wir können ihnen eine Therapie anbieten, die Krankenkasse würde die Hälfte zahlen. Dort würden sie ihnen helfen. Sie sind wirklich knapp am Untergewicht."

Entsetzt ließ ich das Glas fallen, es klirrte laut, als es auf den Boden zersprang. Die rote Flüssigkeit breitete sich immer schneller aus und nahm viel Fläche in Platz. Der rote Fleck sah aus wie Blut. Viel, sehr viel Blut, das sich rasant auf dem Boden ausbreitete. Zurück blieb eine riesig große Pfütze, Blutlache. Mir wurde übel. Mein Atem ging schneller und war unregelmäßig. Ich konnte noch nie Blut sehen. Nach einer Ewigkeit fand meine Stimme wieder, stotterte „S-sorry." und starrte wie in Trance eine Ewigkeit auf das Glas, welches in tausend Teile zersprungen war. Er schien meinen Blick bemerkt zu haben, machte eine wegwerfende Handbewegung.  „Die Putzfrauen machen das später schon sauber."

Er machte Witze. Das konnte nicht wahr sein. Er log. Ich und Untergewicht? Ich nahm seine Worte gar nicht mehr war, ich war wie in einer Seifenblase. Seine Worte prallten ab. Sie mussten abprallen, es war Schwachsinn was er redete. Ich wollte dünn sein, jedoch war icmh es noch nicht. Kalter Schweiß brach in mir aus. Meine Finger zitterten. Ich krallte mich wieder in den Laken, sodass die Fingerknöchel weiß hervortraten. „Wer hat mich eigentlich gefunden?" entfuhr es mir.

„Eine Fußgängerin. Sie war vollkommem aufgebracht und dachte sie wären tot." Wieder hatte seine Stimme jegliche Emotion verloren. Ein eiskalter Schauer fuhr mir über den Rücken, bei dem Gedanken, dass mich die Frau tatsächlich für tot gehalten hat.

„Sie haben Glück gehabt, die Frau hat sie sofort in die stabile Seitenlage gebracht." Er schnaubte kurz auf, grinste schief und ich war froh, das er endlich eine Emotion zeigte. „Ein Wunder, dass sie das konnte. Heutzutage leistet fast kein Mensch mehr erste Hilfe oder kann es nicht. Doch die meistens sind einfach zu feige." Ich nickte und biss mir auf die Unterlippe.

Alles drehte sich, ich atmete tief durch und schloss meine Augen, bevor ich anfing zu sprechen. „Können Sie mich jetzt alleine lassen?" Er nickte und stand auf, nahm seine Mappe und zog die Tür auf. Doch bevor er mein Zimmer entgültig verließ, sah er mir direkt in die Augen und sprach klar und deutlich. „Denken Sie darüber nach."

Als ich alleine war, wurde mein Atem unregelmäßig und ich kämpfte damit nicht genügend Luft in meine Luftröhre zu bekommen.

-

Meine Zähne klapperten aufeinander. In letzter Zeit war mir immer so ungewöhnlich kalt. Meine Arme schlangen sich um meinen Oberkörper und fuhren rasch auf und ab, in der Hoffnung ihn zu wärmen. „Entschuldigen Sie?" Meine Stimme klang schwach und brüchig.

Die junge, stark geschminkte Putzfrau drehte sich zu mir um, ehe sie den Eimer nahm, in dem das zersprungene Glas inklusive Tomatenbrühe war. Zum Glück hat mir der Arzt vorhin ein Wasser gegeben. „M-hm?" murmelte sie desinteressiert und sah mich fordernd an.

Ich blickte in ihre mit schwarzem Kajal umrahmten Augen und krallte mich wieder in den Laken. Das tat ich seitdem ich hier war immer, wenn ich nervös oder angespannt war.  „Können Sie bitte die Heizung einschalten?" presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus, sodass meine Zähne nicht erneut so laut aufeinander klapperten.

Die dunklen, fast schwarzen nachgezogenen Augenbrauen schossen abschätzig nach oben. Ihre Augen verengten sich. Sie kaute den Kaugummi wie ein Lama, während sie erwiderte: „Ist das dein Ernst?" Sie drehte sich um und sah mir direkt in die Augen.

Sichtlich verwirrt nickte ich langsam und wich ihrem bohrendem Blick aus. Warum sollte das nicht mein Ernst sein? „Es ist September, doch nicht Winter. Aber ich sag's dem Hausmeister." grummelte sie und spuckte ihren monströßen Kaugummi in die Tonne.

Als sie wieder verschwandt, zwang ich mich krampfhaft daran zu glauben, was die Putzfrau gesagt hat. Die Gänsehaut war nicht von meiner Seite gewichen, sie war da und wollte einfach nicht verschwinden. Genauso wie die Kälte, die meinen Körper zu ummanteln schien. Ein Grummeln. Ich wurde kreidebleich und verschränkte die Hände vor meiner Brust, in der Hoffnung das dadurch der Hunger verschwinden würde. Natürlich war das völliger Schwachsinn, doch ich tat es einfach.

Ich klappte wieder den Laptop auf. Während The Fray mit You Found Me durch meine Kopfhörer trällerte, ploppte eine Benachrichtiung bei Facebook an.

Harry Styles hat dir eine Freundschaftsanfrage geschickt

Ich schmunzelte, als ich bemerkte, dass wir noch nicht auf Facebook befreundet waren und das, obwohl wir uns jetzt schon eine Zeit lange kannten.  Vor ein paar Tagen hat er mir gesagt das er mir eine Freundschadtsanfrage schicken würde, also konnte das kein Fake sein. Also nahm ich sie an. Wieder ploppte der Benachrichtigungston bei Facebook an. Eine Nachricht von Harry.

Ich hol dich morgen um 9 ab.

Ohne x ohne Kuss und ohne Smiley, da war nichts. Aber okay, wenigstens eine Nachricht. Ich schrieb ihm, das es okay ginge. Aber was hatte er nur? Warum war er so anders als sonst? War etwas vorgefallen? Schließlich bekam ich ja von drausen nicht gerade viel, geschweige denn nichts mit. Müde loggte ich mich aus Facebook aus und klappte den Laptop zu, ehe er unter dem Tisch verschwandt.

Erschöpft stand ich auf, ging in das „Bad", welches aus einem Waschbecken und einer Toilette bestand. Am Waschbecken stütze ich mich ab, spritzte mir mit den Händen Wasser ins Gesicht und sah auf zum Spiegel, direkt in mein Spiegelbild. Ich streckte meine Zunge raus und fuhr mir durch die dichten dunklen Haare. Meine Hand zitterte, mein Atem zitterte, alles an mir zitterte und das Grummeln in meinem Magen, das immer lauter wurde, ließ einfach nicht nach. Wie lange hatte ich schon nicht mehr gegessen? Ich wusste es nicht mehr. Mir fiel es einfach nicht mehr ein. Ich konnte nicht mehr denken, nur noch ein Wort. Hunger Hunger Hunger Hunger

Vor meinem geistigen Auge sah ich Hamburger, Pommes, Hot Dogs, Cupcakes, Muffins, Pancakes. Doch dann wurde es schwarz und die vielen Zahlen mit den Kalorieren waren vor mir. Danach sah ich mich, wie ich aussehen wie ein Sack. So dick, so fest, so fett.

Alles drehte sich - erneut. Mir war so schwindelig. Wie in Trance stützte ich meine Hände am Kopf ab, als ob es helfen würde. Obwohl ich wusste das es das nicht tat, keineswegs. Ich wurde immer blasser. Und ich hatte Angst vor der Frage, was als nächstes passieren würde ...

-

Wie immer hoffe ich sehr, dass euch das Kapitel gefallen hat. :)

Song: You found me - The Fray (ICH LIEBE THE FRAY OMG WER NOCH?)

Das nächste Kapitel habe ich schon angefangen, als wird es in den nächsten Tagen kommen.

Ich möchte mich bedanken. Für euere ganze Unterstützung, für's Feedback, für die Votes, für die Kommis. Aber zurück zum Thema Danke. Für alles. Ich liebe euch! ♥

I hate it to be hungry #Wattys2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt