Regungslos starrte ich ihm hinterher. Man, warum habe ich dämliche Kuh auch nicht meimen Mund aufbekommen!? Blut schoss mir in die Adern, sodass ich endlich wieder klar denken konnte. Der Ärger mit Harry war noch lange nicht vorbei, das wusste ich.
Entschlossen schlug ich die Türe hinter mir zu. Während ich joggte, überlegte ich mir meine heutige Route, die ich laufen würde. Um den See, an ihm entlang, wie die Strecke, die ich mit Daisy gelaufen bin? Nein, ich brauchte etwas längeres. Kurzerhand entschloss ich mich für die anspruchvollste Strecke, die ich kannte. Entlang durch den Regent's Park zum Hyde Park, an der Bond Street vorbei und wieder zurück.
Die Hitze brannte in meinen Augen. Wieder und wieder musste ich mich überwinden, um weiter zu joggen. Immer uns immer mehr motivieren, schneller zu laufen. Das funktionierte jedoch reibungslos. Ich hatte schließlich ein klares Ziel vor Augen. Harry hatte ich während der ganzen Anstrengung vollkommen vergessen.
Und plötzlich war er wieder da. Direkt vor meinem inneren Auge. Wütend, schwer atmend, beschimpft er mich. Fetter Klops, schäm dich mit soetwas wie dir will ich nicht zusammen sein! Überrumpelt schlug ich die Augen wieder auf, versuchte an etwas anderes zu denken, doch das war leichter gesagt als getan. Meine Augen brannten und ich merkte gar nicht, dass es kein Schweiß war, der mir über die Wangen rann, sondern Tränen. Ich versuchte sie wegzublinzeln, doch es gelang mir nicht. Wie sovieles in meinem armseligen Leben. Ich wollte endlich die 45 Kilogramm erreichen. Dabei fiel mir ein, dass ich mich schon so lange nicht mehr gewogen habe. Wenn ich zu Hause war, musste ich es unbedingt tun.
Plötzlich prallte ich gegen etwas hartes. Ein zornig drein blickender Mann, ich würde ihn auf Mitte fünfzig schätzen, baute sich gefährlich vor mir auf. Humpelnd wich ich ein paar Schritte nach hinten. Ich taumelte noch weiter zurück, stotterte ein leises sorry und wollte gerade weiterrennen, als mich eine Hand packte. Mein Herz setzte aus. Zuerst dachte ich, der Mann hat mich gepackt und wollte mich zur Rede stellen oder womöglich ein Drama aus der ganzen Sache machen, doch der kurze Blick in die rehbraunen, vertrauten Augen verrieten mir um wen es sie handelte. Jana, Daisy in ihrer linken Hand und in der anderen einen dampfenden Kaffeebecher. Daisy, mein Gott wie lange wir uns nicht mehr gesehen haben. „Puh, das war ja knapp!" kommentierte die braunhaarige das beobachtete Geschehen und bließ in ihren heißen Kaffeebecher. Kurz lachte ich auf und nickte danach. Meine beiden Freundinnen hielten Blickkontakte und flüsterten etwas, was unmöglich war aus der Entfernung zu verstehen. Die Hand der blondhaarigen war ganz knochig, das Gesicht so unnatürlich blass und die Wangen eingefallen. Schnell sah ich woanders hin und mein Blick hing an ihren Beinen. So schmal wie zwei Stöcke. Mir.gefiel der Anblick. Alles an ihr war so zierlich. Es war perfekt, so perfekt.
Die blonde wechselte einen flüchtigen Blick mit Jana. Was hatten die beiden bloß vor? Daisy ergriff als erste von uns dreien das Wort. „Kommt, lasst uns in ein Café gehen und in Ruhe quatschen." Beklommen und ohne länger darüber nachzudenken, nickte ich, so schwach, sodass man sah, das ich es gar nicht ernst meinte. Doch Jana ergriff schon meine Hand. Und ehe ich mich versah, haben sich die beiden schon bei mir eingehakt.
Die blondhaarige wandte sich mit gerunzelter Stirn an Jana. „Sag mal, hast du deine Haare getönt oder gefärbt?" grübelte sie und machte den Anschein, als ob sie laut dachte. „Getönt." erwiderte meine Freundin lächelnd und warf dabei ihre unzähligen Locken nach hinten. „Der Frisör meinte das er mindestens fünf Centimeter abschneiden müsste, weil sie kaputt wären. Das die immer soviel abschneiden wollen, mein Gott die wollen doch alle nur Kohle machen . . ." murmelte Jana und strich sich dabei eine störrische Locke weg, die ihr wirr im Gesicht hing. Während sich die beiden noch über Tönungen und anderem Haartratsch unterhielten, war ich mit meinen Gedanken ganz wo anders. Bei Harry, mal wieder. Ich konnte den Streit einfach nicht aus meinem Kopf bekommen. So sehr ich es auch wollte, es ging nicht. Harry, seine Worte, meine Lüge davor - alles schien wie in mein Gehirn eingebrannt zu sein.
Plötzlich hielt ich inne und war wie zu Stein erstarrt. Mein Mund öffnete sich, doch kein Ton entwich meiner Kehle. Meinen beiden Freunden schien es nicht anders zu gehen. Nach einer Ewigkeit fand ich als erste meine Stimme wieder und sah entsetzt zu Boden. „Scheiße!" fluchte ich, zog mir ein paar lange Haarfransen ins Gesicht um möglichst viel zu verdecken, doch es war schon zu spät. Der Fotograf hatte mich bereits entdeckt. Ausgerechnet heute hatte ich meine Sonnenbrille vergessen. Innerlich verfluchte ich mich dafür. Im Augenwinkel sah ich, wie der Fotograf die Kamera auf ein Stativ stellte und dann unzählige Male auf den Auslöser drückte. Klack, Bild im Kasten. Klack, Bild. Klack, Klack, Klack, Bild. Wieder und wieder es verfolgte mich regelrecht. Daisy fuhr herum und sah mich mit ihren blauen Augen entsetzt an. Jana schien ebenfalls der Schock im Gesicht geschrieben zu stehen. Ohne länger darüber nachzudenken, riss ich mich aus der Starre, schlug die Hände meiner beiden Freundinnen weg und rannte. Rannte so schnell mich meine Beine tragen konnten, immer schneller ohne mich noch einmal umzudrehen. Mein Name wurde mehrmals gebrüllt, wahrscheinlich Jana, doch sie gingen im Großstadtlärm unter.
So sehr ich diese Papparazis auch verabscheute und allesamt nicht ausstehen komnte, war ich einmal in meinem Leben froh, das genau jetzt einer zur richtigen Stelle und am richtigen Ort war. Meine beiden Freundinnen hätten sich bestimmt wieder einen extragroßen Café Latte und ein Stück Kuchen bestellt. Wenn ich dann mit „Hab schon gegessen" gekommen wäre, hätte es hunderpro wieder Zoff gegeben. Die beiden waren ja sowieso von Geburt an, schlank und konnten mühelos diese Zuckerbomben essen. Ich hingegen nicht - das war der Unterschied.
Ich bekam nur noch nebensächlich mit, wie ich kraftlos die Haustüre aufsperrte, mir ein Handtuch schnappte mich mit letzter Energie in die Küche schleppte und völlig ausgelaugt auf den Stuhl taumelte. Fix und fertig griff ich nach der halbvollen Wasserflasche und trocknete mich mit den rosafarbenem Handtuch ab. Wieder und wieder trank ich einen langen Zug von der Wasserflasche, doch das Grummeln in meinem Magen, war nicht von meiner Seite gewichen. Verdammt, ich durfte mir nichts erlauben. Nicht jetzt!
-
WOW WOW WOW, schon über 16K Reads und sooo viele Votes oh my gosh.. Erstmal danke, für die Glückwünsche zu meinem Geburtstag. Hat mich wirklich sehr gefreut. ^-^
Und ja, die Bond Street gibt es wirklich. Hehe, ich mag den Namen.
Wie immer hoffe ich sehr das euch das Kapitel gefallen hat. :)
Frage: Was denkt ihr? Wird Rose durchhalten oder wird sie schwach werden?
Herbst oder Winter? Winter wegen all dem Schnee, aber der Herbst ist auch toll *~*
Oreos oder Skitless? beides :3
-Nina x
DU LIEST GERADE
I hate it to be hungry #Wattys2015
Fanfiction"A-aber Harry ich wollte doch nur schlank sein." Schlagartig wurde mir kalt. Eiskalt und ich krallte mich in den Saum meines Pullis. Vor Aufregung. Vor Wut. Vor Angst. Seine Augen zu schmalen Schlitzen zusammengepresst. Von einen Moment auf den ande...