37. Missverständnisse

13 2 0
                                    

Als ich wieder allein war, machte ich mich tatsächlich daran, den Raum zu inspizieren. Ich hatte recht gehabt. Mit der Kette konnte ich tatsächlich ziemlich weit gehen. Nur die Tür erreichte ich nicht. Das waren wahrscheinlich Sicherheitsmaßnahmen. Ich musste grinsen. Für so gefährlich hielt man mich also.
Dann ging ich zu dem Schrank. Ich konnte ihn problemlos erreichen. Ob die großen Flügeltüren auch abgeschlossen waren? Ich probierte es aus. Der Schrank war offen und zu meinem Erstaunen befand sich darin eine Toilette. Großartig. Das andere Zimmer hatte mir doch irgendwie besser gefallen. Naja, immerhin hatte ich überhaupt eine Toilette und musste nicht immer nach irgendjemandem rufen.
Sonst gab es in diesem Zimmer gar nichts, weshalb ich mich wieder auf dem Bett niederließ. Jetzt hieß es warten.

Zwischendurch brachte Karin mir etwas zu essen, was mein Magen dankbar annahm. Ich hoffte einfach mal, mein Vater hatte nicht vor, mich zu vergiften. Aber dann hätte er mich schon längst beseitigen können. Genug Gelegenheiten hatte er ja gehabt.
Danach wurde ich von drei mir fremden Wachen abgeholt. Ich war überrascht, dass es nicht mehr waren. Karin hatte wohl doch ganze Arbeit geleistet. Sie befreiten mich von meiner Fessel und dann musste ich mich wieder in diesen dämlichen Rollstuhl setzen. Zum Glück hielten die Wachen es wieder nicht für nötig, mich festzubinden. Ich musste nur zeigen, dass ich ganz brav sein konnte.

Die Gänge erkannte ich sogar zum Teil wieder. Ich glaubte zu wissen, wo es zum Büro meines Vaters ging. Als wir nicht diesen Weg einschlugen, wurde ich misstrauisch.
„Wo bringt ihr mich hin?"
Doch ich erntete nur Schweigen. Darüber würde ich auch noch einmal mit meinem Vater reden müssen! Wo man vom Teufel sprach! Er kam gerade aus einer Tür und auf mich zu.
„Malina, schön dich zu sehen."
„Zu schade, dass ich diese Freude nicht erwidern kann!"
„Warum denn so sauer? Ich habe gehört, du wurdest gut behandelt und deine Zahl an Wachen wurde auch verringert."
„Aber es redet keiner mit mir. Ich will sofort wissen, wo ich hingebracht werde!"
Cameron lachte. „Das ist alles? Okay, du wirst in ein Bad gebracht, wo du dich waschen kannst. Dann bekommst du neue Kleider und anschließend werde ich einen weiteren Teil meiner Vereinbarung einhalten. Ich habe deine Freunde in extra Zellen hier im Gebäude bringen lassen. Sie werden auch hier bleiben. Einmal die Woche darfst du sie sehen, heute ist der erste Tag. Vorausgesetzt du benimmst dich und hältst damit deinen Teil der Vereinbarung ein."
Unwillkürlich musste ich lächeln. Ich würde Anna und Caleb wiedersehen! Dann wurde ich wieder ernst. „Es wäre besser für dich, wenn sie mir sagen würden, dass es ihnen gut geht!"
Cameron lachte wieder und ging dann einfach.

Wütend blickte ich ihm noch eine Weile nach, doch dann wurde der Rollstuhl angeschoben und Cameron verschwand aus meinem Blickfeld.
Der Weg war nicht mehr weit, schon einige Türen weiter blieben die Wachen stehen. Sie klopften an eine Tür, woraufhin diese geöffnet wurde und ich hineingebracht. Es war ein großes Zimmer, in dem sehr viele riesige Schränke standen. Dazu ein Sofa und mehrere Spiegel. Eine Tür führte in ein Nebenzimmer.
Drei Frauen kamen auf mich zu. Sie hatten keine Uniformen an, also gehörten sie wahrscheinlich nicht zu den Wachen meines Vaters. Die Wachen, die mich hergebracht hatten, drückten der älteren, etwas streng aussehenden Frau einen Knopf in die Hand.
„Wenn etwas ist, drücken Sie den. Wir sind im Raum gegenüber und kommen dann."
„Wenn etwas ist?"
„Ja, wenn das kleine Biest Schwierigkeiten macht."

Die Frau nickte und die Wachen verschwanden. Dann legte sie den Knopf beiseite und knackte mit ihren Fingern. „Dann lasst uns mit der Arbeit beginnen!"
Wie sich herausstellte, führte die Tür in ein riesiges Badezimmer. Ich durfte dort erst duschen. Allerdings nur unter Bewachung, wogegen ich zunächst protestierte. Als die ältere Frau jedoch drohte, die Wachen zu rufen, lenkte ich ein. Aber nicht, ohne ihr einige böse Blicke zuzuwerfen.
Anschließend wurde für mich neue Kleidung rausgesucht. Ich setzte mich dafür ein, ein T-Shirt und eine normale Hose zu bekommen, doch das entsprach wohl nicht dem Modegeschmack meines Vaters. Er hatte bereits ein bodenlanges Kleid für mich zurechtgelegt, in dem ich aussah, als würde ich auf eine Halloweenparty gehen. Die Haare wurden mir zu einem Zopf geflochten.
Wenn ich irgendwann fliehen wollte, musste ich mir etwas wegen des Kleiderproblems überlegen. Niemals konnte ich mit einem langen Kleid rennen oder kämpfen. Wobei ich bezweifelte, dass mein Vater da mit sich reden ließ. Aber irgendetwas würde mir schon einfallen. Das war es bis jetzt doch immer.

Malina und AnnaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt