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Lya

„Okay, keine Sorge, lass dir Zeit damit!" Fynn lächelte mich an. Endlich hatte er verstanden, dass ich nicht in der Schule darüber reden wollte! Wir gingen gemeinsam in die Klasse und setzten uns auf unsere Plätze. Ich saß in der zweiten Reihe neben meinem besten Freund Henry und Fynn saß in der ersten Reihe, genau vor mir, neben Kailey. Henry war noch nicht in der Schule und somit unterhielt ich mich mit Kailey und Fynn.

In der Klasse gab es zwar Viererreihen, jedoch mussten einige in der ersten Reihe sitzen, aufgrund ihrer Brillen, ihrer Körpergröße oder was auch immer... Deshalb mussten wir uns zu viert aufteilen, jedoch konnten wir immer noch gut miteinander reden. Obwohl Kailey Fynns beste Freundin war, redeten wir recht wenig. Aber Fynn redete vergleichsweise noch weniger mit Henry, als Kailey und ich. Wir waren schon ein merkwürdiger Haufen. Vor allem, jetzt, wo Fynn und ich... Nein! Ich dachte gar nicht daran! Es war ein ganz normaler Tag!

In der Mittagspause war mir nicht nach Essen, also ging ich in die Schulbibliothek. Henry würde sich wahrscheinlich wundern, aber er hatte doch auch andere Freunde. Er würde in der Kantine schon mit anderen reden können. Fynn redete sowieso mit Kailey und ihren Freunden. Ich hatte mir also keine Sorgen zu machen. Es war alles gut! Ich öffnete also die Tür zur Bibliothek und empfing sofort die vertraute Stille. Wieso war ich denn so lang nicht mehr hier gewesen? Ich hatte es vermisst! Und im Moment wollte ich sowieso ein bisschen nachdenken, da passte dieser Ort perfekt. Ich setzte mich in eine Ecke, unter ein Fenster, und sah mich verträumt um. Ein bisschen erinnerte mich das hier an... Nein! Ich dachte nicht an die Bibliothek von gestern!

Schnell verdrängte ich den Gedanken. Ich wollte nicht daran denken... Doch ich konnte über nichts anderes nachdenken. Es gab ja nichts Spannendes in meinem Leben, über das ich hätte nachdenken können... Nicht einmal ein Schulprojekt oder ähnliches! Ich seufzte, als meine Gedanken wieder zur Bibliothek von gestern gingen. Das war alles einfach zu schräg! Vielleicht gab es ja hier Bücher über... Ich sah mich um und sah niemanden in der Nähe. Nein! Was dachte ich denn da? Ich musste es endlich verdrängen! Doch vielleicht hatte Fynn Recht... Vielleicht mussten wir lernen es zu verstehen... Und außerdem war ich einfach zu neugierig!

Leise schlich ich zu den Regalen mit den geschichtlichen Büchern und entdeckte nach einigem Suchen auch eines über...Hexen. Was tat ich denn hier? Unsicher sah ich mich noch einmal um. Keiner war hier. Es waren ja alle in der Mittagspause. Nur die Bibliotheksdame saß an ihrem Tisch und verspeiste gerade eine Semmel. Sie würde mich wohl nicht bemerken, wenn ich ein bisschen darin las...

Ich wandte mich wieder dem Regal zu und sah nach Büchern, die sie über Hexen hatten. „Die Hexenverfolgung in der Stadt Osnabrück" hieß eines. Osnabrück? Wo war das denn? Klang nach Deutschland... Ich sah mich weiter um. Das klang nicht nach etwas, das mir weiterhelfen konnte! Da sprang mir ein Buch ins Auge. Beschriftet war es mit „Der Hexenhammer". Es kam mir bekannt vor. Hatten wir in Geschichte schon darüber gelernt? Doch da ich mir nicht sicher war, nahm ich mein Handy und googlete danach. Ich konnte nicht glauben, was ich da las. Ich wusste, dass es um Hexenverfolgung ging, aber...das war echt schräg! Ängstlich klickte ich auf eine Weiterleitung zu „Hexenverfolgung". Ich wusste nicht, wieso ich Angst hatte. Es war vor über 200 Jahren passiert. Vielleicht war es einfach schräg, zu wissen, dass ich auch so etwas war.

3 Millionen angebliche Hexen wurden damals gefoltert und verbrannt... Okay, das war eine Menge... Mir wurde ein bisschen mulmig, doch ich las weiter. In Mitteleuropa wurden mehr weibliche Hexen verfolgt und in Nordeuropa mehr männliche. Okay, das hieß, dass Fynn genauso betroffen war wie ich... Plötzlich las ich, dass es so etwas wie „moderne Hexenverfolgungen" in Afrika, Südostasien und Südamerika gab. Etwas ängstlich schloss ich die Seite und setzte mich wieder zurück an den Tisch. Ich wusste nicht, wieso, doch ich sah mich die ganze Zeit panisch um. Zu wissen, dass es so etwas immer noch gab, gab mir ein ungutes Gefühl... Ich wusste, dass es uns niemals betreffen würde, doch trotzdem musste ich daran denken. Die konnten genauso gut uns verfolgen...

Fynn

„Sie haben nur so ekligen Milchreis als Nachtisch...", beschwerte sich Violet, eine Freundin von Kailey. „Wie kannst du etwas gegen Milchreis sagen?" Ohje, Kailey liebte ihren Milchreis... Jetzt ging die Streiterei los! „Nein, ich meine, es ist kein guter Milchreis, sondern so ein ekliger!", versuchte Violet, sich rauszureden. Ich konnte nur lachend danebensitzen und den beiden zuhören. Wenn es um Milchreis ging, sollte man Kailey besser nicht aufregen! Daher unterhielt ich mich mit Sam, der ebenfalls an unserem Tisch saß. „Was habt ihr denn nächste Stunde?", fragte ich, da Violet und Sam in die Parallelklasse gingen. „Geschichte" Konnte er mir nicht mehr darüber sagen? Smalltalk hatte er wohl auch noch nie gehört.

„Mit wem denn?" Ich musste dieses Gespräch wieder ankurbeln! Wieso war das nur so schwer? Wenn Lya Smalltalk führte, sah das immer so leicht aus! „Mit der Leicester" „Oh, Mann...", konnte ich nur zurückgeben. Jeder hasste Miss Leicester! Jetzt taten mir die beiden wirklich leid. War das unser Gespräch gewesen? War es vorbei? Okay, na dann! Ich nahm die Plastikgabel, die neben meinem Teller lag, in die Hand und schob mir gerade Nudeln in den Mund, als Sam plötzlich etwas Unerwartetes tat. Er redete mit mir, ohne, dass ich ihm eine Frage gestellt hatte! Wow! Genervt teilte er mir mit: „Ja, wir lernen gerade über Hexenverfolgung und so Zeug" Sofort riss ich die Augen auf und verschluckte mich beinahe an meinen Nudeln. Hexenverfolgung?!

Ich musste mich unauffälliger verhalten! Dass wir Hexen waren hatte nichts mit seiner Aussage zu tun gehabt! Mittlerweile hatten Kailey und Violet sich verwirrt zu mir gedreht. Panisch suchte ich nach einer Ausrede. "Beruhig dich! Beruhig dich!", sagte ich zu mir selbst. Das half nicht wirklich! Doch dann hatte ich die rettende Idee: Ich musste einfach meine Rolle weiterspielen! Ich hatte mich doch „verschluckt"! Also hustete ich ein paar Mal und erklärte schnell lachend: „Das war wohl die falsche Röhre" „Stirb das nächste Mal leiser!" Kailey musste auch lachen.

Erleichtert atmete ich aus und widmete mich wieder Sam. „Hey! Wo sitzt deine Schwester eigentlich?", fragte er mich plötzlich. Ich sah hinüber zu dem Tisch, an dem Lya meistens mit Henry saß und entdeckte Henry auch gleich. „Da drüben" Ich zeigte auf den Tisch, den ich gerade entdeckt hatte. Anscheinend hatten die beiden Mädchen neben uns die Frage mitbekommen, denn Violet rief: „Aber ich seh sie dort gar nicht!" Verwirrt sah ich noch einmal hinüber und merkte, dass sie wirklich nicht dort saß. „Bin gleich wieder da" Mit diesen Worten ging ich hinüber zu Henry und fragte ihn: „Hey! Wo ist denn Lya?" „Nicht hier" Verwirrt sah er mich an. Die Gruppe von Leuten um ihn herum lachte. Doch das war mir ziemlich egal.

Ich gab ihm einen genervten Blick und antwortete: „Das seh ich auch. Wo ist sie?" Er hob nur die Schultern und meinte: „Ich weiß es nicht" Wo war sie nur? Ohne noch etwas zu sagen, ging ich los, um sie zu suchen. Vielleicht war ihr ja was passiert... Vielleicht war Mr. Mills ja nochmal in die Schule gekommen! Sie durfte das ganze coole Zeug nicht ohne mich erleben! Ich rannte herum und versuchte, sie zu finden, was nicht sehr schwierig werden würde, da fast alle Schüler in der Kantine waren. Ich hielt kurz inne und überlegte, wo Lya gerne hinging. Vielleicht war sie ja einfach nur auf dem Klo... Aber wieso hatte Henry dann nicht gewusst, wo sie war? Es regte mich einfach auf! Moment! Ich musste nicht daran denken, wo sie sonst gerne hinging! Ich musste daran denken, wo sie jetzt gerne hinging, wo wir wussten, dass wir Hexen waren! Ich hatte auch schon eine Idee...

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