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Lya

„Ich habe vor ewigen Zeiten einmal eine Ketten-Email erhalten, dass die beiden Zwillinge bekommen haben... Ich wusste nicht mal eure Namen, aber mir war klar, dass ihr es geerbt haben würdet...", erzählte Arthur weiter. Es war so schön, diese Sachen zu hören. Doch was meinte er mit „es"? Was hatten wir geerbt?

„Haben wir deswegen diesem 'es' diese Sachen gesehen?", fragte Fynn nun, wieder auf das Thema zurückkommend.

Arthur zeigte ohne ein Wort auf die beiden bequemen Ohrensessel, die gegenüber von dem standen, in dem er gesessen hatte. Wenn wir Antworten wollten, mussten wir uns nun wohl setzen. Ich setzte mich also und auch Fynn ließ sich seufzend hineinsinken.

„Eine Hexe...oder ein Hexer..." Er zeigte auf Fynn. Oh, das war also die männliche Form davon! „...hat drei Hauptfähigkeiten: Heilen, Zaubern und Wahrsagen. Zaubern tritt anfangs meist als einfache Telekinese oder Energieausstoß auf und Wahrsagen sind diese Träume oder Visionen"

„Was ist mit Heilen? Wie tritt das auf?" Ich war wirklich zu neugierig!

Arthur merkte wohl, dass wir nun wirklich neugierig wurden, und grinste wieder.

„Heißt das, wir können uns heilen?", mischte Fynn sich ein. Jetzt wollte er es also doch auch genau wissen.

„Nein, nein! Euch selbst könnt ihr nicht heilen, nur andere. Aber es ist sehr kraftraubend..." Tadelnd hob er den Zeigefinger, als wären wir Kindergartenkinder, die nicht wussten, wie man mit einem Spielzeug umzugehen hatte. Vielleicht waren wir das ja auch irgendwie... „Beim Wahrsagen ist es umgekehrt: Ihr könnt nur eure eigene Zukunft sehen und es tritt einfach so auf, unkontrollierbar" Ich musste zugeben: Das klang alles ziemlich interessant. Ich sah mich in der kleinen Bibliothek um und fragte:

„Was sind das eigentlich alles für Bücher?"

„Sind das etwa Zauberbücher?" Fynn verdrehte die Augen.

„Hexenbücher?" Meine Miene hellte sich auf.

„So in etwa..." Arthur grinste wieder. „Die drei Hauptfähigkeiten könnt ihr mit der Energie in euch praktizieren, aber um größere Zauber, wie Teleportation, Unsichtbarkeit oder Telepathie, auszuüben, benötigt ihr gewisse magische Gegenstände... Alles, was ihr dafür braucht, steht in einem von diesen Grimoires hier!" Demonstrierend zeigte er auf die riesigen Regale. Es war wie eine andere Welt hier unten! Es war ziemlich cool! Aber... was hatte er gesagt?

„Grimoire?" Verwirrt sah Fynn ihn an.

„Grimoires. Ein Grimoire ist ein Buch voller Zauber, die von Hexen aufgeschrieben wurden. Vielleicht schreibt ihr auch eines Tages eines" Begeistert sah er uns an. Wir sollten eines von diesen dicken Büchern schreiben? Wieso sollten wir das tun? Wir waren keine „Hexen". Oder? Ich wusste wirklich nicht, ob ich ihm jetzt glauben sollte. 

Mit einem Blick zu Fynn wusste ich schon, was er sagen würde. Er würde ihm nicht glauben. Außer diesen komischen Tagträumen hatten wir keinen Beweis, dass er die Wahrheit sagte. Aber meine komischen Träume waren wirklich passiert... Schon zwei Mal hatte ich so etwas also gesehen und Fynn nun auch schon. Schon vor Wochen hatte ich gesehen, wie ich mir Brot kaufte, doch das hatte ich fast vergessen, weil es so langweilig gewesen war. Doch vor einer Woche, noch bevor ich Arthurs Nachricht bekommen hatte, hatte ich geträumt, wie mir in unserer Küche ein Glas aus der Hand gefallen war und mich eingeschnitten hatte. Ich sah auf den mittlerweile verheilten Schnitt in meiner linken Handfläche und erinnerte mich. 


Oh, verdammt! Ich versuchte noch, das Glas mit ein paar verzweifelten Handbewegungen aufzufangen, doch es war hoffnungslos. Das Glas fiel zu Boden und zersplitterte in tausend Stücke. In meiner Panik griff ich nach dem bereits zerbrochenen Glas und rammte mir dabei eine Scherbe genau in die linke Handfläche. Ich zischte kurz vor Schmerz und sah auf meine Hand. Moment... Ich hatte das alles schon einmal gesehen... In einem Traum! Wie cool war das denn? Woher hatte mein Unterbewusstsein das denn gewusst? Ich musste das irgendjemandem erzählen! Ich war jedoch gerade allein zuhause. Also schrieb ich Henry. Er würde bestimmt überrascht sein, wie cool das war! 

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