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Joachim verhielt sich in den letzten Tagen immer seltsamer, er erregte keine Aufmerksamkeit. Er verbot mir sogar da zu bleiben und außerdem behandelte er mich wie eine gewöhnliche Schülerin. Es tat mir weh, und zwar sehr.

„Emily bleiben Sie schnell da" seine Stimme klang kalt und monoton, er sah mich nicht mal richtig an. Stattdessen sortierte er seine Papiere und packte sie zusammen. Ich sah ihn verwundert an und wartete bis alle draußen waren. Er war an sein Pult gelehnt und sah mich komisch an. Dann seufzte er und kam auf mich zu. Er stand vor mir und sah mich nur an. Dann küsste er mich lang und intensiv, so wie ich es schon lange nicht mehr gespürt hatte. Ein Feuerwerk löste sich in mir aus, welches so lange auf ihn wartete. Irgendwann löste er sich von mir. 

„Wir müssen reden" diese Kälte in seiner Stimme. „Joachim was ist denn nur mit dir los?" ich hielt seine Hände, welche auf meinem Gesicht lagen. Seufzend ließ er sie sinken und ich verlor den Halt seine Hände halten zu können. Er sah mich mit seinen blauen Augen an und ich bemerkte Trauer darin. „Wir kennen uns jetzt schon so lange und du weißt, dass ich dich über alles liebe" begann er. Ich bekam Angst. Mir wurde heiß und kalt zu gleich. „Was soll das heissen?" Ich stotterte vor mich hin. Erneut seufzte er. „Es ist besser für uns beide, wenn wir unsere eigenen Wege gehen". Er sah aus dem Fenster. Schockiert von seinen Worten drehte ich mich zu ihm. „Was redest du da?" meine Stimme klang klein und brüchig. Mein Herz zerfiel langsam immer mehr. „Emily" er drehte den Kopf zu mir. In meinen Augen standen die Tränen, sie warteten bis sich ihren Weg runter liefen könnten. „Es ist zu riskant für uns beide. Ich kann dir die Liebe nicht geben die du brauchst, ich werde sie dir nie geben können. Ich will dein Leben nicht zerstören, es würde für uns beide keine Zukunft geben. Wir müssten uns weiterhin heimlich treffen, aufpassen, dass uns niemand erwischt, so eine Liebe hast du nicht verdient". Meine Seele zerbrach sofort. Mit offenem Mund stand ich vor ihm und schüttelte energisch den Kopf. „Ich brauche nur deine Liebe, ich brauche nur dich, mehr will ich nicht!" die Trauer überrannte mich schneller, als ich dachte und die ersten Tränen liefen herunter. Joachim schüttelte leicht den Kopf. „So hat es keinen Sinn.." er ging wieder zu seinem Pult. „Warst es nicht du, der sagte wir schaffen das? Bist es nicht du gewesen, der gesagt hatte nichts könne uns trennen, Joachim?! Wieso auf einmal.. Wieso?" Ich wurde leiser gegen Ende. Die Trauer schnürte mir die Kehle zu. „Doch, aber es geht nicht mehr so weiter" er sah mich an und ich verstand die Welt nicht mehr. „Warum der plötzliche Sinneswandel?!" Ich wurde lauter. Er hielte den Kopf gesenkt. „Rede mit mir. Rede mit mir verdammt!" ich kam näher auf ihn zu. Er kniff die Augen zusammen und schien zu überlegen. „Es war ein Fehler!" sprudelte es aus ihm raus. Fassungslos legte sich in mir alles lahm. Er nannte uns einen Fehler..?

Ich wollte schreien, konnte es aber nicht.
Ich wollte weinen, konnte es aber nicht.
Ich wollte mich bewegen, konnte es aber nicht.

Stille. Nichts als Stille.

Ich wollte meinen Joachim zurück, meinen Mann der mir die Welt zu Füßen legte, der mich liebte so wie ich bin, der mich morgens wach küsste, der mich im Arm hielt und nie wieder loslassen würde. Wo ist er? 

„Du fandest uns einen Fehler?" sprach ich leise. Er atmete tief durch. „Du fandest alles was wir machten einen Fehler?" Tränen bildeten sich erneut. „Es tut mir so leid" ertönte seine Stimme. „Nein, das tut es nicht. Du brichst mir mein Herz, meine Seele. Ich habe nie jemanden so sehr geliebt wie dich, du hast mir die Liebe gezeigt, wie wunderbar schön sie ist, aber gerade zeigst du mir auch wie schrecklich sie sein kann. Sag es Joachim, sag was du über uns denkst, sag mir dass du mich nicht mehr liebst!" ich schrie ihn schon förmlich an. Ich spürte nur noch ein Gemisch von Trauer, Wut und Enttäuschung. „Ich mache Schluss, Emily". Er nahm mir mein Herz raus und machte es kaputt, meine Seele war zerbrochen. Niemand würde sie heilen können. Innerlich war ich in 10.000 Scherben zersprungen. Immer mehr Tränen strömten über meine Wangen und mein schluchzten wurde immer lauter, bis ich keinen Ton mehr raus bekam.

Der Mann, der mich ihn liebenließ, fügte mir unheimlichen Schmerz zu.

Ich packte sofort meine Tasche und rannte zur Tür. Ein letztes Mal drehte ich mich zu ihm um und sah ihn an. Blau traf Blau. Dann schwang ich die Tür auf und stürmte hinaus. Ich lief die Treppen wie im Marathon herunter und hielt mir meine Hand vor den Mund. Ich sah alles nur noch verschwommen, es bildeten sich immer mehr Tränen. Als ich aus dem Schulgebäude stürmte, lief ich den Pausenhof entlang. Ich blieb stehen und sah in mein Klassenzimmer hoch. Er stand am Fenster, mit den Händen in den Hosentaschen und schaute auf mich herab. Er war wie ausgewechselt. Er war der unerreichbare, kalte Lehrer, der sich nach dem Gesetzt richtete und gegen uns. 

Der kalte Wind durchfuhr meine Haare und versuchte meine Tränen zu trocknen. Ich war zerrissen. Ich erkannte ihn nicht mehr wieder. Ich wusste nicht wie alles so sehr eskalieren konnte.

Leb wohl, Joachim Feihl.

His blue eyes | Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt