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Am Abend, als ich mein Handy checkte, sah ich unendlich viele verpasste Anrufe und Nachrichten, die alle von einer Nummer kamen. Seiner.

>Emily, bitte melde dich<

>Lass uns reden, bitte<

>Ich verstehe gar nichts mehr, was ist los? Was ist passiert? Bitte erzähl es mir, ich werde dir helfen, nur melde dich bitte<

>Schatz, bitte<

Es ging so weiter und ich war einfach am Ende. Tag für Tag weinte ich mich in den Schlaf, weil ich die Entfernung und den Schmerz nicht ertragen konnte. Es war schlimm. Am folgenden Tag kroch ich niedergeschlagen zur Schule, wir hatten Montag und das ganze Wochenende versuchte Joachim sich zu melden. Ich hatte so ein furchtbar, schlechtes Gewissen. Ich musste an seine Worte denken. Wieso machst du schluss, wenn es dir genauso weh tut wie mir?  Ich konnte es ihm nicht sagen, Tim würde mich fertig machen und die Tragödie würde seinen Lauf nehmen. Ich lief am Bäcker vorbei, hunger hatte ich sowieso nicht und lief die Treppen hoch. Ich setzte mich auf meinen Platz und wurde sofort von Olivia angesprochen. "Du siehst so traurig aus, alles okay?". Ich setzte ein fake Lächeln auf und versicherte  ihr, dass ich nur schlecht geschlafen hatte, naja sie nahm es mir ab. Heute würde ich ihn wieder sehen. Bei dem Gedanken zog sich mein Herz zusammen und tat weh. Noch 6 Stunden. Wir hatten GW und ich wollte einfach nach Hause.

Zur 1. Pause gingen wir runter um frische Luft zu schnappen. "Ah, da ist sie ja!" rief jemand mir zu. Es war Tim, der auf mich zu kam und eine Gruppe von Typen sahen in meine Richtung. "Na Baby, wie geht's dir?" er legte einen Arm um mich und flüsterte mir noch etwas zu. "Ich hoffe, du hast deinen Teil erfüllt". Ich sah in fassungslos an. "Ich nehme das als ein ja an" er strich mir meine Wange entlang. Ich war wie gelähmt, ich wusste nicht was ich machen sollte. Ich ließ es einfach zu, weil ich zu viel angst hatte, er würde es verbreiten. Er zog mich zu seinen Freunden und stellte mich als seine Freundin vor. Es war der reinste Wahnsinn. Er bedrängte mich und ich hatte angst, dass er mich wieder belästigen würde. Wir saßen am Rand und er hatte immer noch einen Arm um mich, ich hatte angst. "Man Tim, das ist echt eine Süße, die du da hast" schleimte einer dieser Typen, ekelhaft. "Was denkst du? Immer nur das Beste!" lachend zog er mich näher zu sich. Ich war so erniedrigt. Joachim hatte mich anders behandelt, so wie jede Frau behandelt werden möchte, nicht so. Ich riss mich aus seinem Griff und bekam Aufmerksamkeit. "Was soll das?" fragte mich Tim gefährlich leise. Ich sah ihn mit angsterfüllten Augen an und brachte nur ein "Ich muss aufs Klo" heraus. Als ich mich ungedreht hatte und los lief, sah ich ihn. Meine Venen froren ein und mir überkam ein kalter Schauer. Er sah, dass ich ihn seinen Armen war und sein Gesicht verzierte ein stechender Schmerz, man sah es ihm an. Ich tat ihm erneut weh, was ich liebend gerne aufgeklärt hätte, doch es ging nicht. Er sah mich fassungslos an und verletzt gleichzeitig. Er sah uns ein letztes Mal an, bis er dann verschwand. Ich hatte das starke Bedürfnis zu weinen, doch ich konnte jetzt nicht.

Als es zum Schulschluss klingelte, packte ich wie gewohnt meine Sachen zusammen und schlenderte zur Tür. Ich ging die Treppe runter doch irgendjemand rief mich. Ich drehte mich um und in mir stieg wieder Panik hoch. Es war Tim, er sah echt wütend aus und kam schon auf mich zu gerannt. "Hör mal, was fällt dir eigentlich ein?! Du weißt um was es hier geht oder?!" er kam mir gefährlich Nahe und ich bekam angst. Ich erkannte mich selber nicht mehr. Ich war stark, selbstbewusst und wusste was ich wollte, aber jetzt war ich klein und hatte angst. "Ich will das aber nicht!" versuchte ich stark zu klingen, was aber nicht so rüberkam. Er packte mich am Arm und kam noch näher. "Ich werde dein Leben zerstören, aber zuerst wird er leiden, wenn du so weiter machst. Dann wirst du ihn zuerst leiden sehen und dann wirst du dran sein" flüsterte er mir zu. In meinen Augen konnte man leichte Tränen sehen. "Warum machst du das? Nur weil ich nicht mit dir zusammen sein will? Was hast du davon mich so zu quälen?". "Ich will, dass du spürst wie sich das anfühlt verletzt zu werden". "Aber du kanntest mich nicht mal!" schrie ich schon fast. Sein Griff wurde stärker. "Halt deinen Mund!". Ich hatte angst, dass er mich irgendwann schlagen würde, deswegen war ich still. 

Ich fühlte mich so unterdrückt, ich bekam keine Luft zu atmen. "Wie oft muss ich noch sagen, dass Sie sie loslassen sollen?!" fauchte jemand uns zu. Es war Joachim. Bitte nicht. Er kam zu uns und riss ihn von mir los. "Hat er Sie belästigt?" sein Blick bohrte sich durch meine Augen zu meiner Seele. Ich schüttelte eingeschüchtert meinen Kopf. Joachim sah mich schockiert an und glaubte mir nicht. Tim stattdessen, grinste nur breit. "Aber es sah nicht gewollt aus" versuchte Joachim mir klar zu machen. "Es ist alles gut" ich sah Tim an, der triumphierend schaute. Joachim ließ ihn los und schaute mich immer noch unglaubwürdig an, er wusste, dass ich angst vor Tim hatte, aber was soll er schon tun können? Ich meine, wenn eine Schülerin sagt, alles ist gut, dann kann der Lehrer auch nichts machen. So ist es bei der Polizei auch. Tim sah zu Joachim, der mich immer noch musterte und sagte dann noch etwas zu mir. "Wir sehen uns" hörte man ihn grinsend sagen und er strich mir noch über meine Wange bis er verschwand. Er machte alles mit Absicht, um Joachim zu provozieren. Joachim schaute ihm wutentbrannt hinterher. "Was soll das alles? Wieso lügst du und nimmst ihn in Schutz? Ich weiss doch, dass du angst vor ihm hast!" er sah mich mit aufgerissenen Augen an, ich sah stattdessen weg. "Hab ich nicht" flüsterte ich ohne mein Blick abzuwenden. "Ach komm schon, rede keinen scheiß, Emily!" ich zuckte zusammen und sah ihn an. "Was geht hier ab? Was soll das alles? Wieso bist du bei ihm und die wichtigere Frage ist, wieso bist du ihn seinen Armen und lässt dich von ihm begrabschen?!". Joachim wurde lauter und ballte seine Hände zu Fäuste. In ihm war pure Eifersucht und Wut. Ich musste ihm noch mehr weh tun, damit er sich von mir fernhält. Tut mir leid Joachim. 

"Bist du mein Vater oder wieso interessiert dich das?" schnaubte ich. Er sah mich erschrocken an. "Was redest du? Ich bin dein Freund, was redest du da? Natürlich interessiert es mich was tu machst!". Ich bin dein Freund. Diese Worte taten so weh, mein Herz zog sich zusammen. Ich sah ihn an, "Nein, das bist du nicht!" sagte ich hart. Diese Worte trafen ihn unglaublich hart, denn seine Mimik verblas, er sah mich nur fassungslos an. "Was soll das alles auf einmal? Was geht ihn dir vor?". Ich sah ihn weiterhin an und er macht mir alles so unfassbar schwer. "Sie sind mein Mathelehrer, mehr nicht". Joachim schien kaputt zu gehen und ich spürte schon förmlich seinen Schmerz. Er sah weg und überlegte. "Da stimmt irgendwas nicht. Du kannst nicht von heut auf morgen mich nicht mehr lieben, das ist unmöglich". Er setzte eine lange Pause ein. "Erpresst er dich?" er versuchte aus mir schlau zu werden. "Lass Sie mich in ruhe, rufen Sie mich nicht an, schreiben Sie mir nicht und laufen Sie mir nicht hinter her. Lassen Sie mich endgültig in Ruhe!" ich ging an ihm vorbei. Er hielt mich aber noch am Handgelenk fest und ein kribbeln durchfuhr meinen Körper. Er sah mich intensiv an. "Ich liebe dich trotzdem noch, Emily" flüstert er mir zu. Er ließ nicht locker, egal was ich tat. So einen Mann wünscht man sich einfach. Ich erwiderte seinen Blick. "Ich dich nicht. Ich will dich nie wieder sehen" sagte ich festentschlossen und riss mich aus seinem Griff. Ich konnte nur die Fassungslosigkeit in seinem Blick sehen.


His blue eyes | Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt