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Ich schlug die Augen auf. Mein Atem prasselte wie ein Presslufthammer auf mich ein und ich musste nach Luft schnappen um mich zu beruhigen. Es war nur ein Albtraum, Rose, reiß dich zusammen, sagte ich mir. Ich stand auf. Es war mal wieder Zeit für einen Mitternachts Kakao. Da das Zubereiten des Kakaos wie eine Routine für mich war, konnte ich meine Angst etwas eindämmen. Ich war so ein Angsthase. Konnte ich mich nicht mal zusammenreißen? Als mir das Erdgeschoss zu unheimlich wurde, ging ich hoch und trank dort meinen Kakao aus. Nachdem ich mich so zugedeckt hatte, dass nur noch mein Gesicht der kalten Luft ausgesetzt war, schaffte ich es in einen unruhigen Schlaf zu fallen.

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Ich konnte mich kaum auf die Schule konzentrieren. Ständig hatte ich Angst, jemand würde mich verfolgen. Erst als ich endlich daheim war, fühlte ich mich einigermaßen sicher.

Ich machte gerade meine Hausaufgaben, als ich die Klingel hörte. In mir keimte erneut Angst auf, weil Oma gerade einkaufen war und ich deshalb allein zuhause war.

Mein Medaillon fest umklammert, ging ich Schritt für Schritt die Treppe hinunter wobei mein Herz so laut klopfte, dass ich meinte es würde mir gleich aus der Brust springen.

Ich öffnete die Tür einen Spalt breit und spähte hinaus. Mein Blick verhakte sich mit dem des Postboten, der in seiner gelben Uniform einem bunten gelben Vogel ähnelte.

„Tach.", entgegnete er knapp. „Hi", grinste ich. Der Postbote ähnelte in seinem gelben Kostüm einem bunten Vogel, was seine schwarzen Handschuhe und vor allem seine roten Haare noch unterstrich. „Ein Paket für Rose Mai?" „Äh, ja, dass bin ich." Ich versuchte mir meine Verwirrung nicht anmerken zu lassen. Ein Paket? Für mich? Ich hatte noch nie ein Paket bekommen. Es war ein gewöhnliches Paket mit braunen Karton als Hülle, das ungefähr so groß war wie mein Schmuckkästchen, wo ich meinem Schmuck aufbewahrte. Jedoch hatte es keinen Absender.

Ich kritzelte so schnell wie möglich meinen Nachnamen auf das Ding, wo man Unterschreiben musste, sodass man es nicht mehr entziffern konnte weshalb ich es wenig später noch einmal versuchte, bis ich es einfach aufgab und den Postboten den Stift reichte. Ich wurde panisch und schließlich knallte ich den Postboten einfach die Nase vor der Tür zu. Ich hatte es nicht mehr länger ausgehalten allein mit ihm zu sein. Ängstlich linste ich durch den Spion. Er war weg. Nun lag meine ganze Aufmerksamkeit auf dem Packet in meinen Händen. Ich schüttelte es vorsichtig. Es war kein klappern oder klirren zu hören, jedoch wog es schwer in meinen Händen. Auf dem Deckel war ein weißer Zettel geklebt, auf dem mein Name und Adresse stand. Ich beschloss es erst in der Anwesenheit meiner Oma zu öffnen, es könnte sonst was drinnen sein. Als ich zu meinen Hausaufgaben zurückkehrte, wanderte mein Blick andauernd zu dem Päckchen neben mir. Mein Misstrauen wuchs von Sekunde zu Sekunde, und doch musste ich meine Neugier in Zaum halten um nicht das Paket aufzureißen.

Als ich es schließlich nicht mehr aushielt, beschloss ich Natalie zu besuchen und mit ihr das Paket zu öffnen. Es würde sicherlich noch ewig dauern bis mein Großmutter vom Einkaufen zurückkehrte und bis dahin wäre ich bestimmt vor Angst gestorben. Ich schnappte das Paket und machte mich mit dem Fahrrad auf dem Weg zu Natalie. Ich raste so schnell ich konnte und entspannte mich erst, als ich bei ihr ankam.

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Die Sonne war schon untergegangen und Natalie und ich hatten das Paket immer noch nicht geöffnet. Nach genauerer Überlegung betrachtete ich es doch wieder zu gefährlich, es zu öffnen. Ich hatte mich noch nicht getraut, ihr davon zu erzählen dass ich womöglich von hier verschwinden musste. Ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Ich kannte dieses Dorf schon mein Leben lang. Ich wollte nicht weg von hier. Als mir meine Oma schon eine Whatsapp schrieb, um sich nach meinen Aufenthaltsort zu erkundigen, schrieb ich ihr dass ich bei Natalie war und machte ich mich auf den Heimweg. Auf Halber Strecken bemerkte ich, dass ich das Päckchen bei Natalie vergessen hatte.
Wie konnte das passieren? Gerade hatte ich noch an nichts anderes denken können...

Die Magie der RoseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt