Ich schwieg. Ich wusste nicht was ich erwidern sollte. Die Rose, die sie kannte existierte nicht mehr. Ich öffnete den Mund, doch kein Wort verließ meine Lippen. Stattdessen ging ich in einem gleichmäßigen Tempo in Richtung unserer Kajüten. Erst jetzt bemerkte ich, dass meine Bewegungen einer Maschine ähnelten. Jeder Schritt war gleichgroß, meine Füße liefen genau parallel nebeneinander. Schließlich löste sich Emelie aus ihrer Starre. „Warte!", rief sie und raste auf mich zu. Mir fiel ein, dass ich ihr eine Erklärung schuldig war. Ich sagte mir den Satz, der mich dazu gebracht hatte, überhaupt den Geist meiner Vergangenheit zu folgen. Wenn dir alles egal ist, kannst du es auch machen. Ich blieb abrupt stehen und drehte mich mechanisch um. „Ich erkläre dir alles.", sagte ich mit kalter Stimme. Sie schaute mich verwirrt an. „Ich hole dir mal ein Handtuch.", entgegnete sie mit zitternder Stimme und ging halb laufend, halb fliegend davon. Ich brauchte kein Handtuch, aber egal. Schaden konnte es auch nicht. Ich ging zum Esstisch und ließ mich neben Jo nieder, der mich die ganze Zeit stirnrunzelnd angeschwiegen hatte. „Was geht dir durch den Kopf?", fragte ich, doch es interessierte mich nicht. Ich wusste nur, dass es nicht schlecht war mit Newt ein Gespräch anzufangen um die Atmosphäre zu lockern. Und das ging nur, wenn sie mir vertrauten. Er blickte auf. „Du machst alles nass." Ich zuckte mit dem Schultern. Er wollte nicht dass ich seine Gedanken mitbekam. „Du hast dich verändert." Er presste die Lippen aufeinander. „Ich dachte, du würdest zu mir halten. Dabei hast du diesen Mistkerl vertraut." Er lehnte sich zurück. „Wach einfach mal auf." Ich überlegte. Es brachte nichts, dass ich ihm Reue vorgaukelte. Am bestem spielte ich mit offenen Karten. „Es war falsch, ihm zu vertrauen.", bestätigte ich. Er wunderte sich über mich. Wenn ich mich nicht verwandelt hätte, würde ich jetzt in Tränen ausbrechen. Emelie kam zurück. „Na ja..."Sie legte mir ein Handtuch über die Schultern und gab mir noch eines, auf das ich mich setzen sollte. Ich gehorchte ihr tonlos. Sie holte tief los. „Was ist passiert?" Sie setzte sich auf dem Stuhl, auf dem Jo noch vor einigen Stunden gesessen hatte. Ich erzählte ihnen alles.
Ihre Mienen wurden immer ernster und verbissener. Ich starrte auf den Tisch. „Mein früheres ich hätte nicht gewollt dass ihr mich so seht.", sagte ich tonlos. Emelie wischte hastig ein paar Tränen weg. „Wir kommen mit.", entgegnete sie entschlossen. „Aber..." „Es ist schon in Ordnung." Sie schaute mir tief in die Augen. Ich wusste nicht, was ich erwidern sollte. „Du brauchst uns. Wenn dir wieder alles egal ist brauchst du uns umso mehr. Ich will nicht, dass dir etwas zu stößt. Du bist immer noch meine Freundin. Außerdem darf die Welt um keinen preis ins Chaos gestürzt werden. Wir kommen mit. Einverstanden?" Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Wenn ich zustimmen würde, würde ich mein altes Ich verraten. Aber mein Verstand sagte mir, dass es besser war, mit ihnen zu gehen. Sie hatten mich ja sowieso schon gesehen. „Einverstanden." Ich gab nach. Es war einfacher, mit ihnen zu gehen, ich machte es mir leicht. Emelie setzte ein Lächeln auf. „Gut." „Ich gehe ohne Milla nirgendwohin.", sagte Newt plötzlich. In Emelies Kopf rattere es. „Es wäre klüger, sie zurückzulassen.", flüsterte sie. Man konnte ihr vom Gesicht ablesen dass auch sie das alles andere als gut fand. Newt zog die Augenbrauen zusammen. „Das kannst du ihr nicht antun." Emelie seufzte. „Ich will es genauso wenig wie du. Aber was bleibt uns anderes übrig? Sie könnte uns alle töten. Und wenn wir sie mitnehmen, wie solle wir sie hier her bekommen? Was sollen wir mit ihr anstellen? Sie wird dich nur unglücklich machen, und uns auch." Newt spielte mit seinem Armband. „Wenn du sie nicht mitnehmen willst, dann bleibe ich hier.", sagte er mit fester Stimme. Emelie riss die Augen auf. „Aber..." „Ich gehe." Er stand auf und starrte ins Leere. Emelie schien wieder den Tränen nahe. Sie öffnete und schloss den Mund wie ein Fisch. Schließlich stand sie auf und warf sich in Newts Arme. Sie kniff die Augen zusammen und weinte leise in Newts T-Shirt, der sie in den Armen hielt. „Ich werde unter keinen Umständen irgendwas ausplaudern. Versprochen." Er starrte immer noch ins Leere. Emelie fragte sich bestimmt schon, wie sie die Reise, mit mir, der herzlosen Maschine überstehen sollte. „Es ist okay.", flüsterte Emelie. „Pass auf dich auf." Er drückte ihre Hand. „Das werde ich." „Wir fahren dich ans Ufer." Emelie und Newt gingen die Treppe hoch. Ich blieb sitzen, legte meine Stirn auf die kühle Tischplatte und fragte mich, ob es überhaupt sinnvoll war, meiner Vergangenheit gerecht zu werden.
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Die Magie der Rose
FantasySeit Rose den Tod ihrer Familie mitansehen musste, ist nichts mehr wie zuvor. Als sie dann plötzlich Wünsche erfüllen kann, wird sie in eine Welt gerissen, in der nichts ist, wie es scheint. Und dann ist da auch noch Jo, der Rose in den Bann zieht. ...