„Nein, du sagst uns jetzt, was los ist!" Emelie ließ ihren Körper aufgeregt hin- und her schwingen. „Es ist kompliziert.", behauptete ich, obwohl es ganz einfach war. Meine Zunge lag schwer in meinem Rachen. Ich fühlte mich albern. Aber wenn ich es ihnen sagen würde, würde sie wollen dass ich arbor holte. Aber ich wollte das nicht. Ich hatte genug Verantwortung gekostet, außerdem würde ich wieder schlafe müssen. Wieder von der leeren Blumenwiese träumen, wo Oma hätte stehen sollen. Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Schießlich sprang Jo dazwischen. „Rose wird ihre Gründe haben. Ich vertraue ihr." Emelie schnaubte. Newt stand auf. „Ich hab jetzt genug von dem Drama. Sagt mir wenn ihr fertig seid, ich geh jetzt essen." „Ich auch.", schloss sich Milla an und griff nach Newts Hand. „Ich würde jetzt auch etwas essen.", kündigte Jo an. „Ich glaube, es würde uns allen guttun." „Also schön.", gab Emelie nach. „Aber der Kuchen ist noch längst nicht gegessen." Und schon war sie durch die Luft davongeflitzt. „Wollen wir?" Jo bot mir seine Hand an. „Ja." Ich setzte eine freundliche Miene auf und schämte mich in Grund und Boden.
JO und ich wollten den Nachmittag zusammen verbringen, bevor uns Emelie und Grace wieder zusammenscheuchen würden. Wir waren gerade mit den Essen geworden und jetzt wartete ich vor dem Jungsklo auf ihn. Ich lehnte mich an die Wand und betrachtete meine durchgelaufenen Schuhe. Es war ungewohnt, so plötzlich keinen Cent mehr zu besitzen, arm in einem fremden Land zu sein. Wie Inmigranten sich dann fühlen mussten? Ich sah Grace auf mich zu schreiten. Ich stand neben einer Gruppe jüngerer Jungs, die ihren Fußball durch den Gang schossen. Erst dachte ich, Grace würde einfach weiterlaufen, doch dann kam sie auf mich zu und drückte urplötztlich meine Handegelenke gegen die Wand. Sie lehnte sie so nah zu mir,dass ich jeden ihrer Sommersprossen einzeln zählen konnte. Sie roch nach etwas würzigen, frischen und ich zog unwillkürlich den Kopf ein. „Was willst du?", presste ich hervor. „Du hörst mir jetzt gut zu, verstanden?", raunte sie mir ins Gesicht. Ich nickte beklommen. Hauptsache, sie hörte auf mich an die Wand zu pressen. Die Jungs dachten wohl, wir würden uns gleich küssen und fingen an irgendetwas in einer fremden Sprache zu johlen und Kussmünder zu formen. „Könntest du vielleicht ein paar Zentimeter zwischen uns bringen?" „Nein. Ich mach es kurz." Sie räusperte sich laut. „Wenn du noch irgendein Sterbenswörtchen von meinen angebliche Supay Tattoo verlierst, sorge ich dafür, dass dein netter Freund für die nächsten Jahre mit einer unheilbaren Krankheit ans Bett gefesselt ist, klar?" Zur Demonstration ließ sie ein paar schmerzhafte Pusteln meinen Armhinaufwachsen, die zum Glück sofort wieder verschwanden. Ich schluckte, verdammt, ich hatte sie unterschätzt. Wohl oder übel musste ich eine Niederlage einstecken. Aber der Krieg war noch nicht zu Ende. So wie es aussah, war das Tattoo wirklich keine Einbildung gewesen. Eine Gänsehaut kletterte meine Arme hoch. „Ist das klar?", wiederholte sie ungeduldig. „Jaha.", sagte ich so ruhig wie möglich. Sie wollte mich gerade loslassen, als ihr noch etwas einfiel. „Und noch was: Steh uns nicht mehr im Weg." Sie ließ mich los und verschwand so schnell, wie sie gekommen war. Sie hatte uns gesagt. Welche Krankheit hatte sie Emelie untergejubelt? Ich biss mir auf die Unterlippe und versuchte das Adrenalin aus meinen Kreislauf zu verscheuchen. Ich würde schon hinter ihr Geheimnis kommen. Sie war eine wahrliche Hexe.
Jo hatte sich ein Messer gekauft und Jo versuchte mir mal wieder das schnitzen beizubringen. Ich liebte es ihn zu beobachten wie er mit flinken Fingern einen Holzklotz in einen Sperling verwandelte. Das Holz hatte er genau wie das Messer aus einem Baumarkt. Doch heute war ich nicht sehr begeistert davon. Immer wieder schlich sich Grace in meine Gedanken, wie sie mir drohend ins Ohr raunte, Jo wie er versuchte mich zu verteidigen, nur weil ich zu viel Angst hatte selbst zu antworten. Zuvor hatten zusammen lachend Hausaufgaben gemacht. Ich lehnte mich an seine Schulter und starrte müde auf das Stück Holz, das nach und nach die Form von arbor annahm. Seit wir das letzte Mal so dagesessen hatten, war so viel passiert. Zuviel, um es in Worte zu fassen. Ich sehnte mich nach dem See, der kühlen Brise und der Fleur, wie sie majestätisch über dem Wasser thronte. Nun saßen wir im Stadtpark, der unserem See nicht im geringsten das Wasser reichen konnte. Der Boden war mehr Fels als Wiese und Bäume gab es auch kaum. Man sah die die dicht zusammengekuschelten Häuser der Altstadt und die vorbeifahrenden Autos sorgten dafür, dass die Luft von Teer geschwängert war.
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Die Magie der Rose
FantasySeit Rose den Tod ihrer Familie mitansehen musste, ist nichts mehr wie zuvor. Als sie dann plötzlich Wünsche erfüllen kann, wird sie in eine Welt gerissen, in der nichts ist, wie es scheint. Und dann ist da auch noch Jo, der Rose in den Bann zieht. ...