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„Er hat mich betrogen." Milla starrte in die Ferne. „Das kann doch nicht sein. Newt liebt dich mit ganzen Herzen.", meinte Emelie und strich Milla beruhigend über den Rücken. „Doch. Ein roter BH lag auf seinem Bett. Und es war definitiv nicht meiner." Wir schwiegen. Ich glaubte Milla, konnte es aber trotzdem nicht fassen. Ich hatte Newt vertraut. Ich dachte er hätte nur Augen für Milla. Ich hatte mich getäuscht. „Komm." Emelie stand auf und hielt Milla die Hände hin. Als sie sich nicht rührte, nahm sie ihre Hände und zog sie hoch. „Mädelsabend?" Emelie zog die Nase kraus und schaute Milla tief in die Augen. Sie zuckte mit den Schultern. „Ach komm. Wir müssen es ja nicht übertreiben. Vielleicht heitert es dich ja ein bisschen auf. Du kannst den Idioten ja immer noch morgen zusammenscheißen." „Wir werden sehen.", meinte sie und zwang sich zu einem Lächeln. Sie stand mit einer geschmeidigen Bewegung auf und lief zur Tür, Emelie folgte ihr und ich fühlte mich wie ein Schatten, als ich schweigend hinterher trottete.

Wir gingen zur Fleur. Während Emelie anfing Millas Lieblingsessen zu kochen, gingen Milla und ich ins Wohnzimmer, damit sie sich einen Film aussuchen konnte. Sie zeigte schweigend auf den Film, der ihr gefiel. Sie sprach an den Abend allgemein fast nichts. Meistens starrte sie ins Leere, versunken in der dunklen Suppe ihrer Gedanken. Emelie kochte eine rote Suppe, die Milla am liebsten aß. Sie rührte die Suppe kaum an, während ich dummerweise einen großen Löffel davon nahm, nur um später Feuer zu spucken. Die Suppe war abartig scharf. Emelie fiel vor lauter Lachen fast von Stuhl, doch als sie in Millas ausdrucklose Miene Blickte, verging ihr das Lachen sofort. Selbst als der Film nichts half und ich die Fleur zum Shweben brachte, konnte selbst der atemberaubende Sonnenuntergang sie nicht aufheitern. Schließlich verbrachten wir den Rest des Abends mit Filme schauen und Chips essen. Irgendwann mussten wir dann eingeschlafen sein.

Am nächsten Morgen frühstückten wir gemeinsam und landeten wieder auf dem See, um ans Ufer zu fahren. „Ich werde mit ihm reden.", sagte ich zu Emelie, als Milla gerade auf dem Klo war. „Ich kann es einfach nicht glauben, dass Newt so etwas tun würde." „Mische dich lieber nicht ein. Milla wird ihm schon eine Standpauke halten.", behauptete Emelie und räkelte sich im Netz. „Aber..." „Nichts aber. Das ist eine Sache zwischen den Beiden. Ich kann mich einfach nicht gegen Newt stellen. Auch wenn er... na ja du weißt schon." Ich seufzte. Ich wollte es einfach nicht glauben. Selbst ein Blinder mit Krückstock hätte gesehen, dass die beiden sich über beide Ohren liebten. Ich wollte ihm keine Standpauke halten, ich wollte nur Antworten. Die Geschichte war so absurd, ich musste es mit eigenen Augen sehen um es zu glauben. „Kannst du mich rüber fliegen? Ich muss noch Hausaufgaben machen.", fragte ich Emelie. Ich hatte wirklich vor noch Hausaufgaben zu machen, gleich nachdem ich mit Newt geredet hatte. Emelie sah mich prüfend an.

„Ich will wirklich Hausaufgaben machen!", verteidigte ich mich. Ich hasste es, jemanden etwas zu verschweigen oder jemanden anzulügen. Besonders wenn dieser jemand eine Freundin oder ein Freund von mir war. Sie seufzte. „Na schön. Aber komm danach wieder zurück, okay?" „Klar.", bestätigte ich. „Na dann komm." Sie stand auf und öffnete das Fenster. Ich kletterte hinaus und Emelie ließ mich zum Ufer schweben. Ich brüllte ihr noch ein Danke hinterher und verschwand dann zwischen den Obstbäumen.

Newt war nicht aufzufinden. Weder in seinem Zimmer, noch auf dem Sportplatz. Ich beschloss später weiterzusuchen und verzog mich in die Bibliothek, um Hausaufgaben zu machen. Doch als ich zum Mittagessen wollte, fand ich ihn schließlich neben der rothaarigen Schulköchin in der Cafeteria. Er wollte mir gerade köstlich duftende Frühlingsrollen auf meinen Teller kippen, als ich ihm fragend ansah und sein verwahrloster Blick, der zuvor auf meinen Teller gestarrt hatten, begegnete meinen. Ich hielt die Hand schützend über meinen Teller. „Wir müssen reden.", zischte ich. Er nickte kaum merklich und ich ließ zu, dass er meinen Teller füllte. Was in aller Welt trieb Newt in der Küche? Verwirrt setzte ich mich an einen leeren Tisch am Fenster und starrte in die Ferne. Plötzlich tippte jemand an meine Schulter, und ich fuhr erschrocken herum. Es war Jasmin, Millas Zimmergenossin. „Ähm...könnte ich mich vielleicht zu dir setzen?" „Klar.", meinte ich gedankenverloren. Was sollte ich Newt denn sagen? Die Fakten waren einfach zu offensichtlich...nachher würde er noch denken ich stände auf seiner Seite obwohl er sie betrogen hatte. Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen uns beiden aus. Als mein Teller leer war, wusste ich nicht was ich machen sollte. Sollte ich einfach gehen, oder auf sie warten? Ich beschloss auf die zu warten. „Welche Gabe hast du eigentlich?", fragte ich um die Stille zu durchbrechen. Dann fiel mir ein, dass ich das ja schon wusste und wäre am liebsten im Erdboden versunken. „Ich... ich kann eine Wahrheit von Lüge unterscheiden.", erwiderte sie leise. „Woher weißt du, was wahr und was falsch ist?", wollte ich wissen. Vielleicht vergaß sie ja, dass ich sie das schon einmal gefragt hatte. Vielleicht konnte sie mir ja wegen Newt helfen. „Ich weiß nicht. Irgendwie weiß ich es einfach, so wie du weißt dass du deine Freunde magst. „Ja.", bestätigte ich. „Könntet du mir vielleicht bei etwas helfen?", fragte ich unsicher, auch wenn mir das irgendwie peinlich war. Ich wollte Newt zur Rede stellen. „Also... kommt drauf an. Weißt du, manchmal ist es besser wenn die Wahrheit verborgen bleibt." „Meinst du? Also es geht um Milla..." „Milla?" Plötzlich klang Jasmin viel selbstbewusster. „Sie war gestern so komisch. sie hat mir nicht gesagt was los ist, und dann war sie einfach weg. Hoffentlich ist ihr nichts passiert." „Milla geht es gut", bestätigte ich. Wenn Milla es ihr nicht sagen wollte, muss sie ihre Gründe gehabt haben. Andererseits machte sie sich Sorgen um Milla... „Newt hat sie betrogen. Aber ich kann das einfach nicht glauben." So, jetzt war es raus. Ich biss mir auf die Unterlippe. „Du bist dir unsicher.", sagte sie laut. „Aber aus deinen Worten kann ich die Wahrheit nicht erkennen. Lass uns zu Newt gehen. Die arme Milla." Mit diesen Worten stand sie auf und ich folgte ihr zum Tablettwagen.

Die Magie der RoseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt