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Ein unbekannter Geruch stieg mir in die Nase, ich konnte ihn nicht definieren. Irgendetwas stimmte nicht. Die Matratze fühlte sich unter mir ungewohnt glatt an. Normalerweise besaßen Oma und ich nur diese flauschigen Spannbetttücher. Über meinen Augenlidern wurde es hell, und ich kniff die Augen zusammen. Hatte ich meinen Rolladen nicht heruntergemacht?

Ich schlug die Augen auf und wartete, wie meine Umgebung schärfer wurde und ich mich um sehen konnte. Ich war nicht in meinen Zimmer! Diese Erkenntnis traf mich wie ein Stein in der Magengrube, und ich kniff die Augen zusammen um den Erinnerungen standzuhalten, die auf mich einprasselten. Ich war entführt worden!

Ich holte tief Luft und versuchte mich zu beruhigen. Was sollte ich jetzt tun? Vielleicht erst Mal aufstehen. Ich lehnte mich über den Bettrand und wühlte in meinen Rucksack nach meiner Flasche. Schließlich kippte ich mir das abgestandene Wasser in den ausgedörrten Rachen. Gierig nahm ich ein paar Schlucke und ließ meinen Blick durch das Zimmer gleiten. Das Zimmer war ungefähr so groß wie unsere Besenkammer und mit dem grauen Anstrich wirkte es noch düsterer. Das Bett, was an einzigem Fenster stand, war das einzige Möbelstück im Raum. Ich schaute hinaus. Unter mir ging es Meter in die Tiefe, es gab kein Entkommen. Vor mir ging die Sonne auf und erleuchtete die Obsthaine vor mir. In der Ferne konnte ich Wald erkennen, der sich bis zum Horizont zog. Doch weit und breit war keine Straße zu sehen. Dieser Anblick war wunderschön und wollte gar nicht zu der kleinen Zelle passen, in der ich gefangen war. Ich öffnete das Fenster und ließ die kühle Brise um meine zerzausten Haare streichen. Ich amtete tief ein und fragte mich was jetzt wohl mit mir geschehen würde. Wenn sie mich umbringen wollten, hätten sie es gleich getan, da war ich mir sicher. Konnte ich womöglich nicht doch fliehen? Ich schaute zu dem Regenrohr, das nah an meinen Fenster vorbeiführte und im Boden endete. Ich war eine Katastrophe auf zwei Beinen.Was hatte ich schon zu verlieren?

Ich saß nun auf dem Fenstersims und blickte in die Tiefe. Die Tür war nach wie vor verschlossen gewesen und nach dem ich mein Schlafanzug in eine Jeans und ein T-Shirt gewechselt hatte, fühlte ich mich ein klein wenig mutiger. Mein Rucksack hing an meinen Rücken. Ich krallte meine Finger in den Fensterrahmen und fragte mich, was ich hier eigentlich trieb. Das Adrenalin trieb mich vorwärts. Mit weichen Knien rutschte ich näher an das Regenrohr heran, um danach zu greifen. Vorsichtig löste ich meinen Griff vom Fenstersims. Meine Finger umschlossen die Regenrinne und ich amtete auf. Das Blut rausche in meinen Ohren wie eine Waschmaschine und ich musste auf mein tobendes Herz aufpassen, damit es nicht aus meiner Brust hüpfte. Ich schwang mein rechtes Bein um das Rohr und mein Po verließ den Sims. Jetzt hing ich nur noch mit einer Hand am Fensterrahmen. Schnell ließ ich los und grapschte mit meiner Hand nach der Röhre. Ich rutschte ab und ein entsetztes Keuchen verließ meine Kehle. Schnell klammerte ich mich an die Regenrinne und rutschte langsam hinunter. Plötzlich stoppte ich. Mein Fuß war auf etwas Hartes gestoßen. Ich warf einem Blick nach unten und sah, dass sich mein Fuß mit einem dieser Dinger verhakt hatten, mit denen die Regenrinne an die Wand befestigt war. Ich führte meinen Fuß weiter bis ich wieder an einen Widerstand stieß. So ging das weiter bis nur noch eine Halterung und ungefähr drei Meter mich vom Boden trennten. Erleichtert wollte ich hinunterrutschen, doch ich übersah eine Halterung und rutschte ab. Ich verlor den Halt und der Boden raste auf mich zu. Der harte Aufprall presste mir die Luft aus der Lunge. Es drehte sich alles. Ich konnte für kurze Zeit nicht atmen und mein Kopf dröhnte. Als ich es wieder konnte, stach mir der Schmerz wie Messerstiche in die Rippen. Vorsichtig atmete ich ein und aus, bis ich wieder fähig war aufzustehen. Ich betastete meine Körper und musste erleichtert feststellen, dass ich außer ein paar Schrammen und Schürfwunden nichts Schlimmeres davon getragen hatte. Nur mein Kopf dröhnte und schwankend erhob ich mich. Schritt für Schritt lief ich vorwärts, darauf bedacht nicht zu stürzen. Eine Wurzel lag im Weg und schon stützte ich mich an den nächsten Baum ab. Es war aussichtslos. Ich ließ mich auf den Boden fallen und lehnte mich an einem Baum. Alles drehte sich. Meine Lider wurden schwer. Ich schloss die Augen und hoffte dass es aufhörte. Bitte! Betete ich stumm. Ich wollte hier weg. Egal wohin, einfach nur weg. Meine Augen tränten und meine Wunden brannten. Ich atmete tief ein und aus und als ich wieder wusste wo oben und unten war, rappelte ich mich auf und stolperte weiter.

Die Magie der RoseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt