Ich zwängte mich in den Tarnanzug. Da es gefühlt fünfunddreißig Grad hatte, zog ich auch meine Hose und mein Oberteil darunter aus. Es war schwierig, etwas anzuziehen was man nicht sehen konnte, doch ich schaffte es. Dann lief ich zur Krankenstation. Ohne Newt war ich ein bisschen schneller. Ich umrundete das weiße Gebäude und suchte nach einem offenen Fenster. Ich hatte Glück, im Erdgeschoss war ein Fenster offen. In diesem Zimmer lag ein schmächtiger Junge in einem Bett. Ich kletterte so leise wie möglich hinein und hoffte, dass er mich nicht gehört hatte. Aber meine Sorgen waren unbegründet, es sah so aus als würde er tief und fest schlafen. Wenn er schlief, würde er ja nicht merken, wenn die Tür sich von Geisterhand öffnete... Ich schlich an sein Bett vorbei zur Tür und spähte durchs Schlüsselloch. Nichts regte sich. Ganz langsam drückte ich die Klinke hinunter. Das Einzige was ich hörte, war mein Herzschlag, der so laut war, dass ich fürchtete jemand könnte ihn hören.
Nach einer gefühlten Ewigkeit war die Tür endlich offen. Ich öffnete die Tür langsam einen Spalt breit, gerade so groß, dass ich durch passte. Ich kam mir vor wie ein Einbrecher, als ich durch die Gänge schlich. Emelie hatte gesagt, dass sie in alle äußeren Schlafzimmer geschaut hatte. Deswegen lief ich rasch an den Türen vorbei, die aussahen wie des Jungen. Ich befand mich in einem Gang, von dem links und rechts Türen abgingen. Ich wusste, dass dahinter sich nur Schlafzimmer befanden, da das Haus relativ schmal war. Schließlich kam ich in die Eingangshalle, wo sich auch die Treppe in den zweiten Stock befand. Ich ging die Treppe hoch, doch dann kamen mir zwei Jugendliche die Treppe hinunter, die nebeneinander liefen. Ich presste mich so dicht wie möglich an das Geländer, und konnte einfach nur hoffen, dass der andere mit den Krücken das Geländer nicht benutzen würde. Doch zu meinem Pech nahm der eine Junge dem einen eine Krücke ab, der sich dann an Geländer festhielt. Ich wollte wieder umkehren, doch eine andere Gruppe von Jungen und Mädchen kamen die Treppe hinauf und versperrten mir den Rückweg. Was sollte ich jetzt tun? Panisch schwang ich ein Bein über die Brüstung, das andere folgte. Ich klammerte mich an die Brüstung um nicht von dem schmalen Sims herunterzufallen. Meine Finger wurden feucht. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Warum war ich nicht mit den anderen in die Cafeteria gegangen, dann hätte ich jetzt ein warmes Mittagessen! Dumme Rose! Plötzlich berührte mich etwas an den Händen. Erschrocken blickte ich in das Gesicht von dem Jungen mit den Krücken. Ich rutschte mit einem Fuß ab und hing war kurz davor zu fallen. Ich bekam Schweißausbrüche, als das Geländer ein verräterisches Geräusch von sich gab, das sich anhörte wie eine Glocke. Der Junge runzelte die Stirn, humpelte dann aber weiter. Ich wagte es nicht, mich zu rühren, und meine Finger verkrampften sich. Als die Treppe wieder leer war, schaffte ich es meinen einem Fuß wieder auf den Sims zu bekommen und ich kletterte wieder über das Geländer. Dann schlich ich weiter die Treppe hinauf, und befand mich in einem beinahe identischen Gang wie der aus dem ersten Stock, nur, dass sich am Ende des Ganges kein Fenster, sondern eine weitere Tür befand. Sie war nicht nummeriert, und ich ging schnurstracks auf sie zu. Es war niemand außer mir im Gang. Ich linste durchs Schlüsselloch, und da ich keine Stimmen hörte, öffnete ich sie einem Spaltbreit. Ich lugte durch den Spalt. Enttäuscht schloss ich dir Tür wieder-es war nur eine Besenkammer. Jetzt blieb mir nur noch der dritte Stock. Ungesehen huschte ich die Treppenstufen weiter hinauf. Erst im dritten Stock befanden sich die Zimmer wo man untersucht wurde und operiert.
Ich schlich weiter von Raum zu Raum, doch nichts wies darauf hin, dass sich Milla darin befand. Ich hatte noch ein paar Türen vor mir, als ich hörte, dass jemand die Treppe hinunter stürmte. Es war richtig laut, so als wäre jemand auf der Flucht. Aus Neugier ließ ich zurück zum Treppenhaus und sah Gorn die Treppe hinunterrennen. Was machte er denn hier? Und weil nicht mehr glaubte, etwas zu finden, beschloss ich ihn zu folgen. Seit ich ihn kennengelernt hatte, wunderte ich mich darüber, was er zu mir gesagt hatte. Dieser Typ trug Geheimnisse mit sich herum, ich wusste es. Wenn ich schon einmal unsichtbar war...So leise wie möglich folgte ich ihm aus dem Haus. Er schaute sich immer wieder um, als er einen schmalen Pfad den Berg hinaufeilte. Ich folgte ihm außer Atem. Plötzlich wusste ich, wohin er wollte. Wenn man den Berg weiter hinauflief, befand sich in einer Senke ein Haus. Es war das Haus, indem ich in meiner ersten Nacht eingesperrt wurde. Jedes Mal, wenn ich vom Sportplatz nach oben schaute er und dieses Haus sah, fragte ich mich, was es für einen Zweck erfüllen sollte. Außer diesem einen Raum hatte ich davon nichts gesehen. Warum wurde ich in der ersten Nacht dort eingesperrt? Endlich kam das Haus in Sicht. Ich musste mich beeilen, um Gorn einzuholen. Wenn ich es nicht rechtzeitig zu ihm schaffte, wusste ich nicht wie ich ungesehen in das Haus gelangen konnte. Ich begann zu rennen. Ich hielt den Atem an und lief mit angewinkelten Knien, sodass ich etwas leichter auf dem festgetretenen Boden aufkam. Gorn drehte sich um und runzelte die Stirn. Mein Herz pochte so schnell das es drohte aus meiner Brust zu springen. Doch schließlich drehte er sich wieder Richtung Tür und ging hinein. Danach schloss er die Tür ab. Ganz klasse. Wie konnte ich jetzt hineingelangen. Ich schlich ums Haus herum und suchte nach einem offenen Fenster in Erdgeschoss. Leider waren alle fest verschlossen, doch dann hörte ich leise Stimmen aus dem ersten Stock. Ich meinte Milla heraus zu hören und kletterte auf den Fenstersims des unteren Fensters und besser lauschen zu können.
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Die Magie der Rose
FantasySeit Rose den Tod ihrer Familie mitansehen musste, ist nichts mehr wie zuvor. Als sie dann plötzlich Wünsche erfüllen kann, wird sie in eine Welt gerissen, in der nichts ist, wie es scheint. Und dann ist da auch noch Jo, der Rose in den Bann zieht. ...