chapter twenty

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Harry und ich verließen Liams Haus nicht mehr, bis zum Tag unserer Abreise. Ich wäre gerne noch länger mit ihm dortgeblieben. Hätte gerne für immer meine Zeit mit Harry auf der Couch, im Pool oder am Esstisch verbracht.
Sex, Essen, Lachen, Reden, Schlafen und am nächsten Tag wieder von vorne. So hatten wir unsere Spontantrip nach Miami verbracht. Doch wir konnten nicht länger bleiben, weil ich zu meinem Job nach Stockholm musste. Es handelte sich nicht um einen gewöhnlichen Shoot, sondern um einen Werbedreh. Eine Werbung für ein Shampoo. Wie schon besprochen und ausdiskutiert, kam Harry mit mir mit. Ich wusste immer noch nicht, wieso er das unbedingt wollte, aber natürlich nahm ich ihn mit.
Wir sammelten unsere Sachen zusammen, die wir über die kurze Zeit im Haus verteilt hatten und der Größere ging noch ein letztes Mal prüfend durch die Villa. Er wollte sichergehen, dass wir nicht eine Tür oder ein Fenster offen gelassen hatten. Wir hatten nämlich schon genug Scheiße angestellt und Liam tat mir mittlerweile leid. Obwohl er danach gefragt hatte, hatte ich ihn noch nicht kennengelernt.
Endlich fertig und bereit verließen wir das Grundstück, davor wartete bereits Harrys Fahrer auf uns. Er brachte uns zum Flughafen. Wir flogen bei diesem Mal mit einem normalen Flugzeug. Der Privatjet war mir zu übertrieben und der öffentliche Teil des Flughafens war mir auch nicht wirklich recht. Ich fühlte mich so, wie als ob alle Blicke auf uns lagen. Harry schien dies zu merken, denn er lächelte mir aufmunternd zu. Allerdings griff er nicht nach meiner Hand und hielt irgendwie auch dauernd Abstand von mir. Einerseits verstand ich, dass er es tat, weil er die Gerüchte um uns nicht nur noch mehr verschlimmern wollte, aber gleichzeitig verletzte es mich auch. Schweigend folgte ich ihm und den zwei Bodyguards die sich links und rechts von uns befanden. Als wir aus dem Auto stiegen und den Flughafen betraten, ging das Blitzlichtgewitter los, legte sich dann aber wieder, nachdem wir schnell weitergegangen waren. Die Security von Harry schien mir anfangs überflüssig und eingebildet, aber in diesem Moment war ich überglücklich, dass sie uns begleiteten. Durch die Fotografen waren wir spät dran und schafften den Flug gerade noch so. Erschöpft ließ ich mich auf meinen Sitz fallen und Harry direkt neben mir auch.

»Geschafft.« lächelte er mich an und drückte mir einen Kuss auf meine Wange worauf ich einfach nur nickte.
Ja, wir hatten es geschafft, vorerst. Vor uns lag ein langweiliger elf Stunden langer Flug.

»Alles okay?« fragte er mich, als ich einige Minuten lang nichts sagte und in meinen Gedanken versunken war.

»Ja, was soll sein?« antwortete ich und lächelte ihn an.
Ich wusste nicht wieso, aber mir war schlecht und ich fühlte mich nicht wohl. Das konnte ich Harry aber nicht sagen, weil er sich wahrscheinlich sofort Sorgen gemacht hätte. In der Hoffnung, dass die Übelkeit wegging, schloss ich meine Augen.

»Ich versuche ein bisschen zu schlafen.« erklärte ich ihm und hörte ihn deutlich ausatmen.

»Mhm.« seufzte er und ich öffnete meine Augen wieder und griff nach seiner Hand.

»Harry, wirklich.« versicherte ich ihm und lächelte ihn an.
Er durfte sich keine Sorgen um mich machen, das wollte ich nicht.

»Gut.« ergab er sich und ich bekam einen Kuss auf die Stirn.
Ich lehnte mich an seine Schulter und kuschelte mich an ihn, bevor ich meine Augen erneut schloss und dann tatsächlich, nach dem wir über eine Stunde in der Luft waren, schlief ich ein. 

Plötzlich wachte ich auf und sah mich um. Harrys Hand lag locker auf meinem Oberschenkel, während sein Kopf nach hinten in den Sitz gelehnt war und er hörbar schlief. Bei dem Anblick musste ich grinsen. Mit meinen Fingerkuppen fuhr ich über das kleine Tattoo, welches die Form eines Kreuzes hatte. Ich starrte auf seine wirklich schönen Hände und verlor mich erneut in meinen Gedanken.
Nachdem ich mich wieder gesammelt hatte, blickte ich auf und sah, dass wir noch ganze sieben Stunden Flug vor uns hatten. Wenigstens hatte ich von den vorherigen zwei geschlafen gehabt. Vorsichtig und ohne den leise schnarchenden Mann neben mir zu wecken, griff ich nach meinem Handy und meinen Kopfhörern.
Während ich Musik hörte, scrollte ich etwas auf Instagram und dankte Harry innerlich tausende Male dafür, dass er extra mehr bezahlt hatte, damit wir WLAN im Flugzeug hatten. Natürlich hatte er wieder darauf bestanden, diesen Flug zu bezahlen. Mittlerweile versuchte ich gar nicht mehr gegen ihn anzukommen, wenn es um Sachen ging wie, dass er bezahlte. Bei anderen Paaren gab der eine Partner dem anderen, vielleicht mal ein Abendessen aus, bei uns waren es eben Flüge von Miami nach Stockholm in der First-Class. Als mir das durch den Kopf ging, musste ich  lachen. Was waren Harry und ich eigentlich für komische Menschen? Bei uns war einfach alles umgekehrt. Normalerweise lernte man sich in unserem Alter in Bars, Clubs oder auf irgendwelchen Partys kennen, aber wir trafen uns zum ersten Mal bei einer Fashionshow in Shanghai. Andere Leute lernten sich besser kennen, indem sie dann auf ein erstes Date gingen und redeten. Er und ich mussten zufällig zwei Wochen nach unserer ersten Begegnung zusammen und "vertraut" shooten, ohne uns richtig zu kennen. Andere waren enttäuscht von ihrem Beziehungspartner, wenn dieser ihnen nicht zuhörte, wenn sie sprachen, oder wenn der Partner über eine Kleinigkeit gelogen hatte. Mein erster großer Schock der mit Harry in Verbindung stand, war der Tod meiner besten Freundin. 

Die Hand auf meinem Oberschenkel bewegte sich und kniff mich. Da ich die Wolke beobachtet hatte, während ich in Gedanken war, musste ich mich erstmal wieder zu Harry drehen. Grüne Augen blitzten mir entgegen und er grinste mich an. Ich nahm meine Kopfhörer raus.

»Gut geschlafen?« fragte ich und er nickte zufrieden, während er sich streckte.

»Du auch?« stellte er die Gegenfrage, die auch ich bejahte.

»Nur noch bisschen weniger als sechs Stunden, woohoo.« freute ich mich sarkastisch, worauf Harry seufzte und mit seiner Schulter zuckte.
Kurz darauf war sein Lächeln wieder zurück und er beugte sich näher zu mir.

»Solange du bei mir bist, können wir auch für zwanzig weitere Stunden hier sitzen.« flüsterte er in mein Ohr und ich bekam Gänsehaut, weil sein warmer Atem gegen meine empfindliche Haut prallte.

Die restlichen Stunden des Fluges waren akzeptabel, wir redeten viel und Harry erzählte mir von witzigen Sachen, die auf seiner Tour passiert waren. Während er begeistert und euphorisch sprach, hörte ich ihm einfach nur gebannt zu und schmolz dahin. Es gab eine Sache, die konnte ich einfach nicht verstehen. Wie konnte er so süß und so unglaublich heiß zur selben Zeit sein? War das biologisch überhaupt möglich? Anatomisch möglich? Allgemein wissenschaftlich irgendwie möglich? Er würde mir für immer ein Rätsel bleiben. Nicht nur sein umwerfendes Aussehen, sondern auch er als Person. Sein Charakter, Humor und der Respekt mit dem er seinen Mitmenschen gegenübertrat.

»Ich weiß, dass du mich gerne ansiehst, aber wir sollten uns vielleicht, aber wirklich nur ganz vielleicht, bewegen.« riss Harry mich aus meinen Gedanken, bei denen ich ihn ganz offensichtlich angegafft hatte. Wow.
Tatsächlich warteten die Bodyguards am anderen Ende des Ganges schon auf uns und ich stand unmittelbar vor dem Größeren und versperrte ihm den Weg. Er zog meinen großen Koffer mit seiner Reisetasche darauf, mit dem linken Arm hinter uns her, während er seinen rechten um meine Taille legte und mir einen Kuss auf die Schläfe drückte.
Harry und ich waren sicher und gut in Stockholm gelandet und ich war überglücklich. Mein Job lief gut. Ich hatte den besten, schönsten, talentiertesten und klügsten Freund auf der Welt an meiner Seite. Meine Familie war wohl auf und meine beste Freundin auf Flitterwochen.
Ich fragte mich, wie lange es dauern würde, bis wieder etwas kam und alles an Freude und Glück zerstörte. So wie ich mein chaotisches Leben kannte, konnte es sich nur um wenige Stunden handeln, dachte ich mir im Auto, welches uns zu unserem Hotel brachte. 

love destroyed through truth 2 | [H.S.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt