chapter fifty-three

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»Oh mein Gott, perfekt! Ich wollte sowieso von zuhause weg für heute Abend. Ich sag dir eins, sei niemals mit deinem Geschäftspartner verheiratet! Ich muss dir dann gleich alles erzählen.« seufzte sie und ich lachte auf.

Wir einigten uns darauf, dass sie um halb neun zu mir kommen würde, weil sie nicht früher konnte. Bis dahin hatte ich noch ein paar Stunden Zeit. Ich merkte, dass ich mich wieder müde fühlte und dachte ernsthaft darüber nach, noch etwas zu schlafen, bevor sie kam. Weil das nicht mehr normal sein konnte, googelte ich, ob extreme Müdigkeit eine Auswirkung von Schwangerschaften war und bekam meine Antwort schnell. Man nannte das Ganze "Schwangerschafts-Müdigkeit" und ziemlich jede Schwangere hatte es ungefähr, bis zum vierten Monat.

»Super, nur noch mehr als eineinhalb Monate.« murmelte ich genervt und legte meine flache Hand auf meinen Bauch.
Geschockt starrte ich an mir hinab und strich nochmal darüber. Mein Bauch war größer geworden! Nur minimal, aber er war es. Ich konnte eine leichte Wölbung spüren. Wieso war es mir nicht schon vorher aufgefallen? Ich rannte zum nächstbesten, großen Spiegel und zog mein Shirt hoch. Seitlich stehend betrachtete ich meinen Körper und stellte tatsächlich fest, dass mein Bauch etwas größer geworden war. Nicht auffällig größer, man konnte auch einfach meinen, dass ich zu viel zum Mittag gegessen hatte. Doch er war tatsächlich gewachsen. Ich erinnerte mich an eine Broschüre vom Frauenarzt und ging zum kleinen Tisch im Schlafzimmer, um sie zu holen. Darauf war die Größe des Embryos, in verschiedenen Schwangerschaftswochen, mit Früchten und Gemüse verglichen. Laut dem Blatt, waren meine Babys irgendwo zwischen der Größe einer Pflaume und einer Limette. Irgendwie musste ich, bei dem idiotischen Gedanken daran, dass ich eine Pflaume und eine Limette in mir hatte, lachen.

Es klingelte an der Tür und ich ging aufgeregt auf sie zu, um sie mit einem breiten Grinsen zu öffnen und Camila mit einer Umarmung zu begrüßen.

»Oh Gott, hier riecht es gut!« war das Erste, was Camy von sich gab, als sie reinkam.

»Und es ist alles so... sauber? Wow, was ist passiert?« lachte sie und ich stimmte mit ein.

»Sechs Stunden Putzen sind passiert.« zuckte ich grinsend mit den Schultern und sie wollte wissen, was mich dazu gebracht hatte, zu putzen.
Sie kannte mich nur zu gut.

Als wir mit Kaffee in der Küche saßen, fing Camy mit ihrer Erzählung über ihren Mann an, »Männer sind solche Idioten. Also nicht alle, aber die meisten. Ich habe mich mit Thomas gestritten, weil der Trottel doch ernsthaft hinter meinem Rücken, einfach einen guten Sponsor abgelehnt hat, weil er ihn nicht mochte!«.
Aufgebracht und mit wildem Gestikulieren, schilderte sie mir alle aktuellen Streitsituationen in ihrer Ehe. Einige Gesprächszeit später, waren die Tassen leer und wir waren zu dem Entschluss gekommen, dass wir ohne Männer weitaus besser dran waren. Camila machte Scherze darüber, dass sie einfach mich heiraten würde und sich von ihrem Mann scheiden lassen würde, weil der, Zitat, eh blöd war. Danach kamen wir auf meine Schwangerschaft zu sprechen und ich erzählte ihr einiges darüber. Auf die Frage, ob sie fand, dass mein Bauch gewachsen war, nannte sie mich eine angehende Kugel und wir lachten. Dass ich Angst davor hatte, nach meiner Schwangerschaft nie wieder, nicht wie eine Kugel auszusehen, vergaß ich. Wir hatten unglaublich viel Spaß und waren beide gut gelaunt, weil wir einander hatten.
Kurz darauf saßen wir mit Gesichtsmasken und frisch lackierten Nägeln auf meiner Couch. Camy trank Champagner, während ich mich mit einem schwangerschaftsfreundlichen Getränk zufriedengeben musste.

»Sam hätte das alles so gehasst.« lachte meine beste Freundin auf und betrachtete ihre Nägel.
Sie hatte Recht, Sam hatten wir zu so etwas immer zwingen müssen, weil sie nicht der Typ für Mädelsabende gewesen war. Sie war zwar immer dabei, aber nur um uns auszulachen, weil wir mit unseren feuchtigkeitsspendenden Gesichtstüchern witzig aussahen.

»Stimmt.« grinste ich traurig.

»Vermisst du sie sehr?« wollte Camila leise wissen und starrte auf den Teppich vor uns.

»Unendlich...« flüsterte ich und sah nach links zu ihr.

»Ich auch, Melli. Ich auch.« entgegnete sie und lehnte ihren Kopf an meine Schulter.

»Glaubst du an den Himmel und sowas?« war meine Frage.

»Keine Ahnung, eigentlich nicht. Aber mittlerweile hoffe ich, dass es sowas gibt und, dass sie dort ist.«
Wir nahmen uns vor, am nächsten Tag ihr Grab zu besuchen. Bevor wir in Depressionen versanken, wechselten wir das Thema und suchten nach einem Film, den wir uns ansehen wollten.

Mitten in der Nacht wurde ich wach, wegen einem Ziehen in meinem Bauch. Warum hatte ich schon befürchtet, dass ich mit den paar ruhigen Nächten nur Glück hatte? Ich richtete mich auf und sah um mich. Die einzige Lichtquelle war der Fernseher, der angegangen war, weil ich mich auf die Fernbedienung gewälzt hatte. Vorsichtig stand ich auf und sah mich um. Camilas halber Oberkörper hing von der Couch runter und ihr Gesicht berührte fast den Boden. Trotz der unvorteilhaften Schlafposition, schlief sie tief und fest und schnarchte leise vor sich hin. Meine Bauchkrämpfe holten mich wieder in die Realität und ich setzte mich in Bewegung, um mir ein Glas Wasser zu holen. Ich trank ein paar Schlucke und das kalte Wasser bahnte sich seinen Weg, durch meine trockene Kehle durch. Ich fühlte mich wirklich nicht gut, weswegen ich mich an den Esstisch setzte, um durchzuatmen. Warum mussten verdammte Schwangerschaften denn auch so anstrengend sein? Weil ich mich informiert hatte, wusste ich was ich bei solcher Übelkeit machen musste und ich tat es. Etwas Tee, ein paar Atemübungen und hinlegen.

Ich goss das kochende Wasser in die Tasse, in der bereits der Teebeutel war und nahm sie mit ins Wohnzimmer. Eigentlich hätte ich auch einfach ins Bett gehen können, aber ich wollte Camy auf dem Sofa nicht alleine lassen. Mit meinem Beruhigungstee kuschelte ich mich in eine Ecke der Couch und ließ irgendeine Tierdokumentation leise auf dem Fernseher laufen. Irgendwann schlief ich auch wieder ein.

Ein lautes Geräusch ließ mich wach werden. Das gesamte Wohnzimmer leuchtete grell, weil die Sonne reinschien. Ich sah um mich und fand die Lärmquelle. Camila. Sie schnarchte friedlich vor sich hin. Bei dem Versuch nochmal einzuschlafen, knurrte aber mein Magen und ich gab es auf. Nachdem ich ein Kissen unter die Couch gelegt hatte, für den Fall, dass Camy wegen ihrer interessanten Schlafposition doch runterfiel, ging ich nach unten. Ich stellte mich direkt unter die Dusche und schloss meine Augen, während das Wasser auf mich hinablief. Duschen war zu einer meiner liebsten Beschäftigungen geworden, weil ich dabei einfach an nichts dachte. Mein Gehirn schaltete ab und das tat mir gut.

Als ich fertig war, verließ ich mit einem Handtuch um meinen Körper das Bad. Auf dem Weg zum Schlafzimmer, hörte ich ein Schmatzen aus der Küche. Ich lugte hinein und dort saß Camy und aß Toast.

»Morgen.« murmelte sie mit vollem Mund und ich lachte.

»Morgen. Hast Rückenschmerzen?« fragte ich schmunzelnd und sie sah mich verwirrt an.

»Deine Schlafposition hat wirklich interessant ausgehen. Würde mich nicht wundern, wenn du zum Arzt müsstest.« grinste ich sie an.

Während sie weiter aß, zog ich mich an und gesellte mich dann zu ihr. Wir frühstückten fertig und planten den Tag, den wir noch zusammen verbringen würden, bevor sie wieder wegmusste. Wir wollten zu Sam, danach Shoppen und als Abschluss, Essen gehen. Camy ging noch duschen, während ich den Tisch abräumte. Ich fing an mich zu schminken und in der Zwischenzeit, kam meine beste Freundin fertig aus dem Badezimmer. Kurz darauf stand ich mit meiner Handtasche im Flur und zog mir meine Sneaker über.

»Können wir?« fragte Camila mich und ich nickte.

Die Stimmung im Auto war still. Wir bereiteten uns beide mental auf den Besuch beim Friedhof vor. Gegenüber von diesem, war ein Blumengeschäft. Ich parkte den Wagen und wir stiegen aus. Wir wollten ihr Blumen kaufen, weswegen wir über die Straße, in das kleine Geschäft gingen. Sams Lieblingsfarbe war schwarz gewesen, weswegen wir nach schwarzen Blumen suchten, die sie allerdings nicht hatten. Am Ende verließen wir den Laden mit einem Strauß dunkelvioletter Rosen.
Wir standen vor dem Torbogen des Friedhofs und hielten uns an den Händen. Beide atmeten tief durch und wir traten ein. 

love destroyed through truth 2 | [H.S.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt