chapter seventy

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Ich liebte diesen Mann viel zu sehr, um wütend auf ihn zu sein. Ich hatte er mir selbst eingestanden, doch wollte es nicht vor ihm zugeben. Es machte mich unbeschreiblich wütend, dass ich immer und immer wieder nachgab, wenn es um ihn ging. 

»Danke. Ich denke darüber nach.« teilte ich ihm mit und er nickte, bevor er ausstieg und ich es ihm gleichtat.
Etwas hilflos stand ich rum, bevor er mir deutete, wo ich hin musste.

»Geh du vor.« forderte ich ihn wie ein kleines Kind auf und er grinste schief, wenn auch immer noch verletzt.
Ich folgte ihm und sah mir alles an. Man musste ein Stückchen gehen, bevor man zu großen, hölzernen Stiegen kam. Sobald wir oben waren, merkte ich, wie riesig das Ding war. Wir gingen drumherum und standen auf der enormen Terrasse, von der man in alle Zimmer sehen konnte.

»Also hier haben wir einen Pool, hier ist das Wohnzimmer mit Küche. Da vorne ist das größte Schlafzimmer, wo ich eigentlich gedacht habe, dass wir zusammen schlafen könnten, aber wenn du das nicht willst, kann ich auch in einem der kleineren Zimmer dort hinten schlafen...« murmelte er vor sich hin und plötzlich kam mir der große, starke Harry so klein und verletzlich vor.
Klar, er hatte mich für die letzten Wochen im Stich gelassen, aber konnte ich es ihm verübeln? Er war genauso verunsichert wie ich. Wir waren gestresst und er wollte eine Auszeit, war das verwerflich? Jeder würde mich für naiv und dumm halten, aber es war nicht Grund genug, um für immer wütend auf ihn zu sein. Ich merkte, dass er aufgehört hatte zu reden, denn er sah mich so an, wie als ob er auf eine Antwort von mir wartete. Ich hatte absolut keine Ahnung, was er mich gefragt haben könnte, weswegen ich den Abstand zwischen uns überbrückte. Total überfordert, hielt er mich an meinen Hüften und ich nahm sein Gesicht in meine Hände. Bevor er realisierte, was passierte, drückte ich meine Lippen auf seine. Ich hatte ihn so unbeschreiblich vermisst und es war dasselbe wie immer. Er tat etwas, was mich verletzte, ich weinte, war traurig, dann kam er wieder mit einer Entschuldigung und Erklärung zurück und ich verzieh ihm. Doch war nicht genau das, was Liebe ausmachte? Fehler machen und über die Fehler des Anderen hinwegsehen? Wir küssten uns und es war einer der emotionalsten Küsse, die ich je in meinem Leben hatte. Seine Hand fuhr meinen Körper entlang, als er sich ruckartig löste und ich ihn verwirrt ansah. Er hob mein lockeres Shirt an und sah dann zu mir auf.

»Fuck... Dein Bauch ist ja... Oh mein Gott!« stieß er entsetzt aus.

»Was ist er? Fett geworden? Ja.« lachte ich und es sammelten sich Tränen in seinen Augen.

»Es tut mir so unglaublich leid. Ich hätte dabei sein müssen. Ich hätte beim Wachsen zusehen müssen, es tut mir so schrecklich leid, Melli.« redete er vor sich hin und ich schüttelte meinen Kopf.

»Es ist okay, jetzt bist du da und es ist gut.« beruhigte ich ihn und er sah mich traurig an.
Ich konnte sehen, dass er es bereute.

»Ich liebe dich trotzdem, auch wenn du ein Idiot bist.« grinste ich ihn an und lächelnd kam sein Gesicht meinem näher.

Wir küssten uns minutenlang und fühlte mich geborgen und sicher. Es machte mich glücklich wieder bei ihm zu sein. Irgendwann lösten wir uns und sah mich verwirrt an.

»Ich muss mich umziehen gehen, es ist viel zu warm.« keuchte ich und deutete auf die lange Jeans, die ich immer noch trug.
Zusammen gingen wir zum Auto und holten die Taschen, von denen zwei mit meinen Sachen gefüllt waren. Ich folgte dem Größeren in unser Schlafzimmer und durchwühlte die Reisetaschen um zu sehen, was ich überhaupt an Klamotten bei mir hatte. Ich holte ein langes, lockeres Kleid mit Blumenmuster raus und dazu neue Unterwäsche.

»Ich gehe duschen.« teilte ich Harry mit.

»Wollen wir nicht lieber in den Pool? Dann kannst du danach duschen.« schlug er vor und ich stimmte zu.

»Haben deine Diener mir denn einen Bikini eingepackt?« fragte ich schief grinsend.

»Hey, sie sind keine Diener! Sei nicht so gemein.« lachte er.
Ich suchte und fand tatsächlich alle drei Badeanzüge und Bikinis, die ich besaß. Harry hatte schon eine Badehose an und war draußen auf einer der Liegen, als ich raus kam. Als er mich sah, ließ er seine Augen über mich schweifen und blieb an meinem Bauch hängen.

»Ich kann nicht glauben, wie sehr man das schon sieht.« staunte er und ich kam auf ihn zu.

»Darf ich?« fragte er und streckte seine Hand aus.
Lächelnd nickte ich und nahm seine große Hand in meine und legte sie auf meinen Bauch.

»Sind ja nicht nur meine.« grinste ich und meinte damit die Zwillinge.

Der Tag hatte in Fiji erst angefangen, doch ich war schon unglaublich müde und gähnte vor mich hin, während wir im steinernden Pool waren. Ich sah, wie Harrys Blicke immer wieder an mir hingen, aber wir wollten beide nichts überstürzen. Ich kletterte wieder raus aus dem Wasser und sah in die Ferne, wo ich nur unendliches Meer sah.

»Bist du dir sicher, dass uns hier niemand sieht? Ich meine, sieh dir das an, jeder normale Mensch checkt, dass kleine Kreaturen in mir wachsen.« fragte ich Harry und zeigte auf meinen Bauch.

»Ich bin mir zu hundert Prozent sicher. Die Leute wissen nicht mal, dass ich hier bin.« versicherte er mir und machte eine kurze Pause, bevor er fortsetzte, »Außerdem könnte man auch einfach denken, dass du zugenommen hast. Noch ist es keine offensichtliche Kugel.«.

»Ja, noch nicht, aber so schnell wie das wächst, passe ich spätestens morgen Abend in keine meiner Sachen mehr. Ich kann jetzt schon nur noch die breiten Klamotten tragen und davon habe ich nicht unglaublich viele.« lachte ich und legte mich auf eine der Liegen.

»Wenn du was brauchst, können wir es dir besorgen. Du musst es mir nur sagen.« sagte er, während er seine Arme am Poolrand aus Stein platzierte und sich hochstemmte.
Das Wasser perlte an seinem tätowierten Körper ab und die nassen Haare fielen ihm ins Gesicht. Ich biss mir auf meine Unterlippe, um mich erneut daran zu erinnern, dass ich nicht sofort vergessen durfte, was alles passiert war.

»Ist das eine neue Angewohnheit?« wollte er wissen und ich kam wieder in die Realität.

Ich zog meine Augenbrauen zusammen und verstand nicht, worauf er hinauswollte, »Was meinst du?«.

»Dieses auf die Lippe beißen. Du hast es heute schon ungelogen dreißig Mal gemacht.« grinste er und ich merkte, dass er vielleicht recht haben könnte.

»Nein, keine Ahnung. Ich... also...?« stammelte ich vor mich hin, weil ich ihm den richtigen Grund nicht sagen wollte, aus dem ich es tat.

»Hm, also falls es ein neues Ding von dir sein sollte, ich mag es.« lächelte er und ich drehte verlegen meinen Kopf weg.
Wieso konnte dieser Mann mich immer wieder um den Finger wickeln? Jedes Mal! Ich war ihm aussichtslos ausgeliefert. Ich schloss meine Augen und versuchte die Sonne zu genießen. Nach einiger Zeit, in der wir einfach schwiegen, unterbrach er die Stille.

»Hast du Hunger?«

Ich richtete mich auf und sah ihn an, »Harry, ich bin schwanger. Ob ich Hunger habe, sollte keine Frage sein!«.

»Okay, okay, Misses Stimmungsschwankung.« zog er mich auf und stand auf.
Er ging in Richtung der Schlafzimmer und ich sah ihm hinterher. Sein Rücken war wirklich schön, wieder biss ich mir auf meine Unterlippe und erwischte mich dabei.

»Was tut er bloß mit mir?« murmelte ich leise vor mich hin.

Kurz darauf kam er mit seinem Handy zurück und erklärte mir, dass wir anrufen mussten und das Essen uns gebracht werden würde. Er zeigte mir auf seinem Smartphone eine lange Liste von Speisen und Getränken, die wir haben konnten. Ich suchte mir etwas aus und er rief an. 

love destroyed through truth 2 | [H.S.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt