chapter sixty-five

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»Habe ich schon einmal gesagt, dass ich Flughäfen hasse?« wollte Vladimir wissen und ich sah ihn schief an.

»Nein, nein, nur ungefähr jedes Mal, wenn wir auf, bei, neben, über oder in einem Flughafen sind.« antwortete ich voller Ironie und er lachte auf.
Wir warteten an unserem Gate und er war genervt von den ganzen Menschen, was ich voll und ganz nachvollziehen konnte.
Weil wir die Nacht zuvor lange wach gewesen waren, nutzte ich die zweieinhalb Stunden Flugzeit wieder und versuchte etwas zu schlafen. Ich schlief für ganze fünfzehn Minuten, was meine Laune, als wir in Wien landeten, natürlich keineswegs verbesserte.

»Ich will diese dumme Untersuchung einfach schnell hinter mich bringen und dann schlafen.« sagte ich seufzend zu Vladimir, als wir uns in das Taxi setzten, was uns zu mir nachhause bringen würde. 

»Hm, Schlafen hört sich wirklich gut an. Das könnte ich auch machen, bevor ich wieder zum Flughafen muss.« gab der Mann neben mir von sich und betonte dabei den Ort, an dem er sich am liebsten aufhielt.
Wir bezahlten den Fahrer und stiegen aus. Ich sah die Straßen entlang und seufzte zufrieden. Es gab zwar viele schöne Städte auf der Welt, aber meine Geburtsstadt mochte ich trotzdem am liebsten.

»Ich liebe Wien.« teilte ich Vladimir mit und er nickte überfordert, während er meinen und seinen Koffer hin und her zerrte.

»So oft wie ich jetzt hier bin, ist es auch so fast meine Heimatstadt.« lachte er.

»Übertreib es nicht Großer, du bist erst zum zweiten Mal hier.« zog ich ihn auf.

Nachdem wir uns umgezogen hatten, mussten wir uns schon auf den Weg zum Frauenarzt machen. Wir saßen in meinem Auto und im Hintergrund lief Musik, zu der wir beide still mitwippten.

»Ich bin gespannt, ich war noch nie bei einer Schwangerschaftsuntersuchung.« teilte er mir mit und ich lachte auf.

»Aber ich glaube, ich muss dich enttäuschen. Ich denke, dass dieser Arzt dich nicht mal mitkommen lassen wird.«
Vor dem Praxisgebäude blieb ich stehen und wir stiegen aus.

»Egal, ich warte dann einfach irgendwo.« lachte er.

Die Assistentin an der Rezeption musste wahrscheinlich denken, dass ich nicht mehr mit dem Vater, Harry, zusammen war und sofort einen Neuen gefunden hatte. Ihr Blick verriet mir nämlich, dass sie mich wiedererkannt hatte und, dass der Typ neben mir, definitiv nicht Harry war. So gespielt freundlich wie ich konnte, sagte ich, wer ich war und, dass ich einen Termin in zehn Minuten hatte. Wir setzten uns in den Warteraum und ich sah auf mein Handy. Mir fiel auf, dass mein Hintergrundbild immer noch ein Harry-Bild war. Er war zwar nicht darauf, aber ich brachte es mit ihm in Verbindung. Es war rosa Wasser mit schwimmenden Blumen darin. Seufzend sperrte ich mein Smartphone wieder. Mein Name wurde aufgerufen und Vladimir sagte mir, dass er im Warteraum sitzen bleiben würde. Er hätte wenigstens mit in das Besprechungszimmer kommen können, dachte ich mir seufzend. 

Der Arzt war wie immer top gelaunt und begrüßte mich strahlend. Wir saßen dort und er erzählte mir, wie meine aktuelle Situation aussah. Ich war genau in der elften Schwangerschaftswoche. Nach dem Ultraschall, sagte er mir dann auch, dass die Entwicklung super voranging und die Babys sich dem Stadium, zwischen der Größe einer Limette und einer Pflaume befanden.

»Wann können Sie mir mehr über die Geschlechter sagen?« wollte ich wissen und der Arzt sah mich an.

»Bei Zwillingen ist es für gewöhnlich zwischen der achtzehnten und zwanzigsten Woche. Also beim übernächsten Termin, ungefähr.« erklärte er mir und ich nickte.

»Die beiden entwickeln sich prächtig, also reicht es vollkommen, wenn Sie zum nächsten Termin, erst in vier Wochen erscheinen. Ich werde es meiner Helferin an der Rezeption weiterleiten, ist das in Ordnung?« fragte der Mann im Kittel mich und ich nickte.

Die Untersuchung war vorbei und ich spazierte wieder in das Wartezimmer.

»Und, werden es zwei Jungs? Dann kannst du sie Vladimir eins und Vladimir zwei nennen!« wollte meine Begleitung direkt wissen und ich lachte.

»Ich weiß es noch nicht, das erfahren wir erst in über einem Monat.« seufzte ich.

Beim Rausgehen bekam ich einen neuen Termin, für den nächsten Monat, und wir verließen das Gebäude.

»Ich bin so hungrig.« meckerte ich, als wir im Auto saßen und wir machten uns auf den Weg, zu einem Restaurant.

Nachdem wir gegessen hatten und wieder bei mir waren, lagen wir auf der Couch. Ich war dabei mich umzuziehen, als ich geschockt in den Spiegel sah. Mein Bauch war wirklich gewachsen. Mir fiel das kaum auf, doch wenn man hinsah, konnte man schon deutlich eine Kugelform erkennen. Die Leute hatten es wahrscheinlich alle schon bemerkt. Ich trug in letzter Zeit aber kaum enge Sachen, weil ich mich darin nicht mehr wohlfühlte. Seitlich stehend betrachtete ich die deutliche Wölbung meines Bauchs. Ich hatte es einfach ständig ignoriert und verdrängt, doch nun war es nicht mehr zu übersehen.

»Fuck.« flüsterte ich.
Ohne mir ein Oberteil anzuziehen, ging ich im BH die Stufen nach oben, wo Vladimir auf der Couch lag.

»Ist dir das nicht aufgefallen?« wollte ich wissen und stellte ich schräg direkt vor ihn.

»Wow, das ist... Der ist ja wirklich schon gewachsen. Warum sehe ich das erst jetzt?« stammelte er vor sich hin.

»Weil ich es anscheinend unbewusst versteckt habe. Ich trage nur noch lockere Sachen, was mir selbst nicht wirklich aufgefallen ist. Ich habe einfach immer das angezogen, was ich am bequemsten fand.« zuckte ich mit den Schultern.

»Das nenne ich mal eine hot Mama!« lachte er und machte ein Foto von mir.

»Das ist nicht lustig. Was soll ich jetzt machen? Jeder Mensch, der auch nur ein Auge im Kopf hat, wird sehen, dass ich schwanger bin. Ich meine, sieht dir das mal an!« gab ich verzweifelt von mir und sah hinab.

»Trag einfach weiterhin lockere Sachen, weite Kleider? Es ist draußen wieder kälter, das heißt Pullis, gehen auch schon. Du wirst eine Lösung finden. Es ist nicht so schlimm, wie es dir jetzt vorkommt.« beruhigte mein Gegenüber mich und ich seufzte.
Was anderes blieb mir auch nicht übrig, oder?

Den Rest des Tages, den wir noch hatten, lagen wir auf meinem Sofa. Am Abend musste ich Vladimir wieder zum Flughafen bringen und es hieß Abschied nehmen.

»Ich werde dich so vermissen.« flüsterte ich unter Tränen, während wir uns fest umarmten.

»Ich dich auch, so sehr. Aber wir sehen uns, so oft wie es geht. Ich werde dich nicht alleine lassen. Du wirst immer mehr zur Kugel, da brauchst du Hilfe.« scherzte er, damit ich nicht traurig war.
Wir lösten uns und ich sah ihm in die Augen.

»Danke für alles.« flüsterte ich und kam mir vor, wie in einem schlechten Film.
Vladimir drückte mich noch einmal an sich und ging dann los. Ich sah ihm hinterher, bis er um die Ecke verschwand. Er war weg und das hieß für mich, dass ich wieder alleine war. Ich stieg in mein Auto und fuhr los. 

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love destroyed through truth 2 | [H.S.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt