Kapitel 8

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„Nein, ich brauche auch noch das englisch Buch.", meinte ich überrascht. Von wo wusste er das? Er dürfte meinen Blick wohl erkannt haben denn er meinte „Die meisten Leute brauchen immer mehr als nur ein Buch." Ich nickte, dann nahm ich auch das zweite Buch dankend an. Zu dritt gingen wir zur Kasse. „Das macht dann 15 Pfund.", bat er. Schnell kramte ich in meiner Tasche herum, bis ich meine Geldbörse fand um ihm das Geld zu geben. „Danke.", bedankte ich mich, dann trat ich, gefolgt von Lia, aus dem Geschäft. „Der war komisch.", murmelte sie, als wir uns auf den Weg zurück zur Hauptstraße machten. Es war gerade mal halb 5 und dennoch war es fast stockdunkel, aber das war für den Herbst nichts Neues. „Immerhin ist er ein Freund von Mara.", gab ich ihr als Begründung. Daraufhin lachte sie. „Hier trennen sich unsere Wege.", meinte ich. Mein Bauch schmerzte vom Lachen. „Wir sehen uns morgen Katze.", lachte sie. „Katze?", fragte ich ebenfalls lachend. „Naja wegen Katharina.", erklärte sie. „Okay. Bis morgen.", lachte ich ebenfalls, dann umarmten wir uns noch schnell bevor wir getrennte Wege gingen. Leise vor mich hin summend ging ich meinen Weg. Es befanden sich immer noch Leute auf meinem Weg. Das ließ mich ein wenig sicherer fühlen, doch etwas stimmte nicht. Aber was? Naja egal. Schulterzuckend blieb ich vor dem Haus meines Opas stehen, schloss die Tür auf und betrat das Haus dann. Hinter mir schloss ich alles wieder zu. Ich trat in die Küche wo mir etwas ins Auge viel. Eine Geige? Zögernd betrachtete ich sie genauer. Meine Mutter hatte früher Geige gespielt. Sie hatte mir oft erzählt wie gut sie doch war, und wie sehr sie bereute jemals aufgehört zu haben. Tränen schossen mir in die Augen als ich daran dachte wie wir gemeinsam in meinem Zimmer saßen. Ich saß an meinem Schreibtisch Stuhl und surfte im Internet, und meine Mutter saß auf meinem Bett. In ihren Armen hatte sie immer eines meiner Stofftiere. Ich musste kurz lachen, bevor die erste Träne auf das Holz der Geige tropfte. Sie redete immer mit mir. Wie mein Tag so war, oder was ich so gemacht hatte. Ich hatte ihr immer nur mit einem Ohr zu gehört. Ich fand das sie mich nervte, das mein Leben doch nur ein einfaches Leben ohne Vorkommnisse war. Und ich kränkte sie jeden Tag aufs Neue damit aber ich merkte es nicht. Oder es war mir einfach egal. Ich dachte ich hätte alle Zeit der Welt. Ein Schrei entkam mir. Tränen rannen mir über die Wangen. Ich war so dumm gewesen. Jeden Tag aufs Neue war sie in mein Zimmer gekommen, und jeden Tag hatte ich sie wieder hinausgeschickt. Nicht einmal hatte ich mich zu ihr gesetzt um mit ihr zu reden. Nicht ein einziges Mal hatte ich mich gefreut das sie bei mir saß und versuchte unlustige Witze zu reißen. „Wie dumm warst du.", schrie ich mich selbst an. Das war mein Stichwort. Ich lief hinauf in mein Zimmer, schnappte mir meinen Koffer den ich endlich ausräumen musste und schnappte mir den Spitzen Gegenstand. Ich zog meinen Pulli hoch. Die roten blutunterlaufenen Striche waren immer noch da, genauso wie alle anderen. Es gab kaum eine Stelle die nicht von Schnitten überseht war, weswegen ich an meinem Oberarm ansetzte und abzog. Drei Mal. Drei Mal schrie ich vor Schmerz fast auf, drei Mal krümmte ich mich. Die Frage wieso ich noch hier war kam in meinem Kopf auf. Ich wollte doch gar nicht mehr hier sein. Was hielt mich hier? Mein Opa? Meine beste Freundin die sich immer noch nicht bei mir gemeldet hatte? Lia die ich gerade einmal 2 Tage kannte? Nein! Nur das schlechte Gewissen hielt mich hier. Es wollte mich leiden sehen, deswegen konnte ich es noch nicht durchziehen. Seufzend ließ ich die Klinge zurück in den Koffer fallen. Nahm mir einen Verband den ich mitgenommen hatte und band ihn mir um. Ich zischte kurz vor mir, fasste mich jedoch schnell. Mein Blick fiel auf die Uhr. 10 vor 6 Uhr. Ich öffnete die Balkontür. Die frische Abendluft wehte mir die Haare ins Gesicht. Tief atmete ich ein bevor ich an das Gerüst nach vorne trat. Ich konnte direkt zum Big Ben sehen. Unglaublich sah ich ihn an. Er war wunderschön. Mein Blick strich weiter bis ich geschockt zurück wich. 2 grüne stechende Augen sahen mich von unten herauf an. Er stand da. Sah mir direkt in die Augen. Ich konnte seinen Blick nicht deuten, dennoch zog sich alles in mir zusammen. Er wusste wo ich wohnte. Panik machte sich in mir breit, weswegen ich sofort in mein Zimmer lief und die Tür verschloss. Hoffentlich würde mein Opa ein wenig später kommen. Keine 50 Sekunden später begann der Big Ben zu läuten. „6 Uhr.", flüsterte ich. Immer noch aufgewühlt setzte ich mich an meinen Schreibtisch, holte meine Schreibsachen und meine Bücher heraus und begann meine Hausaufgaben zu machen doch ich konnte mich nicht konzentrieren. Die Geige und seine grünen Augen wollten mir einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen.

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