Kapitel 34

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9 Stunden. 9 scheiß Stunden lag ich jetzt schon hier. Mein Blick war starr an die Decke gerichtet, während ich mich immer wieder verfluchte nicht schlafen zu können. "Und er ist schuld." murmelte ich. Er wollte mir nicht aus dem Kopf gehen. Die ganze Nacht hatte ich über ihn nachgedacht. Über seine Stimme, über sein Verhalten. Einfach über alles. "Maaaannnn.", rief ich, während ich meine Decke wütend nach hinten schmiss. Sauer setzte ich mich auf, bevor mein Blick aus dem Fenster fiel. Immer noch das gleiche Wetter wie gestern. Na wie schön. Dass machte einem doch gleich viel bessere Laune. Seufzend schwang ich mich aus dem Bett. Das gab's doch nicht. "Geh doch endlich aus meinem Kopf.", ich vergrub meine Hände in meinen Haaren, bevor ich meine Augen zusammen kniff und verzweifelt versuchte an etwas andere zu denken, doch mein Kopf war plötzlich wie leer gefegt. Nur er war da. Sein Geruch, seine Stimme seine Berührungen. Und so wie immer, wenn ich an ihn dachte, bekam ich alle Zustände. Mein Herz begann immer schneller zu schlagen und mein Puls schoss in die Höhe. Das alles hier, fühlte sich so unecht an. So, als würde ich schlafen. "Komm schon Kathrin. Du hast größere Probleme.", schrie meine innere Stimme. Und das stimmte. Lustlos ließ ich meine Hände sinken. Ich hatte viel größere Probleme. Nein! Auch daran durfte ich nicht denken. Krampfhaft versuchte ich mich abzulenken, aber was sollte man um halb 6 in der Früh schon machen? Ich wollte meinen Großvater weder aufwecken, noch stören. Wieder begann ich zu überlegen. Zeichnen? Oder vielleicht Serien schauen?
Schlussendlich entschloss ich mich für die Serien. Ganze 4 Stunden saß ich an meinem Laptop und sah mir tausende Serien an. Dazwischen war ich auch immer wieder mal eingenickt, dass hatte aber nie wirklich lange gehalten. Erst durch die Rufe meines Großvater hörte ich auf zu schauen. "Kathrin, kommst du bitte!" Irritiert schloss ich meinen Laptop, bevor ich mir meine Anziehsachen schnappte, mich anzog und dann auch schon nach unten trampelte. Ich war kein Mensch der leise gehen konnte. Bei mir klang das immer so, als würde ich gleich durch den Boden brechen. Unten angekommen stoppte ich kurz, da ich dachte mehrere Stimmen gehört zu haben. Alle kamen sie aus der Küche. Verwirrt trat ich in den Türrahmen, gegen den ich mich schlussendlich auch lehnte. In der Küche saßen neben meinem Opa noch drei weitere Personen. Eine Frau und zwei Männer. "Guten Tag?" Alle drehten sich zu mir um. Ich schätze sie so etwa auf das gleiche Alter wie meine Eltern. "Kathrin. Sieh dich an, wie groß du geworden bist.", die Frau, die gerade noch gesessen hatte, sprang plötzlich auf um zu mir zu kommen. Sie war etwas größer als ich, hatte langes Blondes Haar und bereits die ein oder andere Falte. Zurückhaltend sah ich sie an, während sie mich lächelnd musterte. "Sie ist Andrea wie aus dem geschnitten.", murmelte sie. Woher kannte sie meine Mutter? Geschockt sah ich sie an. "Kathrin. Darf ich dir vorstellen. Das sind Madeline, Mikey und Even.", mein Opa erhob sich von seinem Stuhl. "Wir waren sehr gute Freunde von deinen Eltern. Hallo, ich bin Mikey", erklärte der Mann, während er mit seine Hand hin hielt, die ich zögernd ergriff. Mikey hatte dunkelblomdes Haar und grüne Augen. Er sah auch ziemlich sportlich aus. Und das mit zirka 40 Jahren. "Sehr gute Freunde? Ha das ich nicht lachte. Wir waren beste Freunde.", widersprach Madeline worauf sie plötzlich ganz Traurig klang. Mikey verdrehte daraufhin nur die Augen. Ich jedoch, kam weder mit, noch verstand ich ein einziges Wort. Freunde meiner Eltern? Wieso wusste ich nichts von ihnen und wieso wurden sie nie erwähnt? "Wir sind hier weil wir dich sehen wollten.", schaltete sich Even. Dabei trat er neben seine Freunde. Er hatte Pech-schwarze Haare und braune Augen. Ich verstand nichts mehr. Wirklich gar nichts "Und wieso?", ich klang unfreundlicher als ich wollte. Madeline's Blick fiel kurz zu meinem Großvater, der jedoch nur den Kopf schüttelte. "Um nach dir zu sehen. Wir können uns alle vorstellen was du empfinden musst.", lächelte Even. Der ganze Satz war gelogen. Das war ganz sicher nicht der Grund. Und außerdem konnten sie ganz sicher nicht verstehen wie es mir ging. Niemand konnte mich verstehen, weil niemand in meiner Haut steckte. Sie wussten gar nichts. Niemand wusste das. "Jedenfalls müssen wir jetzt gehen.", Madeline schien das alles hier mehr als nur unangenehm zu sein. Selbstbewusst trat Even auf meinen Opa zu.  "Bist du dir sicher, dass du das machen willst?", plötzliche Stille trat in den Raum. Verwirrt sah ich zu meinem Opa, der zögernd anfing zu nicken. Er schien so traurig. "Gut. Dann werden wir es so machen. Na dann Leute. Wir müssen los. Es war schön dich kennenzulernen Kathrin, wir werden uns sicher bald wieder sehen." Alle, samt meinem Opa verschwanden ins Vorzimmer. Wenn dass hier nicht komisch war, dann wüsste ich auch nicht. Von draußen hörte ich leises geflüstert, war aber zu sehr in meinen Gedanken vertieft. Ich wusste, dass meine Eltern aus London kamen, hier Freunde hatten, aber den Grund, wieso sie umgezogen waren hatten sie mir nie erzählt. Es wurde immer geschwiegen, wenn es um die Vergangenheit ging. Ich seufzte. Jetzt wo ich so drüber nachdachte, ich wusste nichts über meine Eltern. Es hatte mich auch früher nie interessiert. Doch wenn ich jetzt so drüber nachdachte, wüsste ich am liebsten alles. Ich hätte Eltern, die ich nie wirklich gekannt hatte. Alles in meinem Magen krampfte sich zusammen. Mein Herz fühlte sich plötzlich so schwer an. Tränen bildeten sich in meinen Augen. "Es tut mit so Leid.", murmelte ich, bevor bereits die erste Träne über meine Wange lief.

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