Kapitel 32

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Selbst zwei Tage später konnte ich seine Berührungen auf meiner Haut spüren. Sie waren so präsent, dass ich fast vergaß, dass sie in der Vergangenheit lagen. Ich war mit meinem Kopf immer bei ihm. Durch ihn verdrängte ich das "Date" mit Alex, der sich danach nicht mehr bei mir gemeldet hatte. Mara warf mir immer wieder böse Blicke zu, die mir klar machen sollten, dass sie es ernst meinte wenn es um Alex ging. Und einmal, in den 3 Monaten, in denen ich hier war, tat ich was sie wollte. Alex war nicht mein Geschmack, was zwar total gelogen war, ich mir aber versuchte einzureden. Wenn ich ehrlich zu mir war, würde ich sofort springen, sollte er es von mir verlangen. Ich meinte, er war verdammt hübsch und konnte auch soo extrem nett sein, aber andererseits war da seine andere Seite. Mein Blick riss geschockt nach oben, direkt an die Tafel, wo bereits mehrere Formeln standen. Mir viel der Plan von früher ein. Shadows Maske brechen! Gleich drauf kam aber wieder der Gedanke an den Weihnachtsmarkt. An dem Tag hatte ich erkannt, dass Shadow keine nette, gute Seite hatte. "Du musst es versuchen!", murmelte ich mir selbst zu. "Was hast du gesagt?", Lia drehte sich zu mir. Ich schüttelte nur kurz den Kopf, um ihr klar zu machen das es nichts war. Ach wo wir bei Lia sind. Sie und Luke haben sich dann noch eine Stunde unterhalten, bevor er sie heimgebracht hatte. Heute war er jedoch nicht mehr aufgetaucht. Dementsprechend war sein Stuhl direkt vor mir leer. Lia konnte sich das alles auch nicht erklären, zweifelte sogar einen Moment daran, ihn wirklich gesehen zu haben, doch ich machte ihr klar, dass ich ihn auch gesehen hatte. Das mit Mara und Alex verheimlichte ich ihr. Sie glaubte nun, dass er einfach nicht mein Typ war.
Durch das Klingeln der Glocke wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. "Katze, es ist schon Anfang  November. Du weißt was das heißt oder?", Lia wandte sich an mich, während sie begann ihre Sachen einzuräumen. "Nein was meinst du?",, irritiert sah ich sie an. "Na Weihnachten.", man konnte die Freude aus ihrer Stimme heraus hören, weswegen ich anfing zu lachen. Ich persönlich fand Weihnachten jetzt nicht so aufregend. Den Gedanken, ohne meine Eltern feiern zu müssen verdrängte ich. "Freu dich doch ein wenig.", mahnte Lia. Lächelnd verdrehte ich die Augen, bevor ich nach meiner Tasche griff und sie schulterte. "Na komm, ich will endlich ins Wochende starten.", meinte ich, wobei ich auf ihre, noch immer nicht eingeräumten, Sachen schaute. "Ich mach ja schon.", nuschelte sie, bevor sie schnell alles in ihre Tasche warf und sie sich dann ebenfalls auf die Schulter hing. Nebeneinander gingen wir aus dem Klassenraum, bis wir im Türrahmen hingen bleiben, weil wir einfach zu fett waren. Wir beide begannen sofort loszulachen, bevor ich Lia vor mir aus der Tür ließ und ihr dann hinterher ging. "Okay, wir sehen uns am Montag Katze", Lia umarmte mich. "Hast du denn keine Zeit dich mit mir zu treffen?", gespielt sauer sah ich sie an. "Ich würde wirklich gerne, aber wir fahren nach Wals zu unserer Familie.", erklärte sie mir, danach verdrehte sie die Augen. Wieder musste ich lächeln. "Okay, dann bis Montag.", schnell schmissen wir uns noch einmal in die Arme, danach trennten sich unsere Wege. Müde steckte ich mir meine Kopfhörer in die Ohren, bevor ich langsam die Straßen zu mir schlenderte. Mein Blick fiel hinauf in den Himmel. Schwarze Wolken zierten ihn. Na toll, ein Unwetter. Kopfschüttelnd ging ich weiter, bevor ich endlich bei mir daheim ankam. Wie immer musste ich in meiner Tasche suchen, bis ich den dummen Schlüssel gefunden hatte. Und kaum hatte ich dir Tür aufgeschlossen, begann es zu regnen. "Das nenn ich Timing.", lächelte ich bevor ich mir meine Schuhe auszog und mich in mein Zimmer verkroch. Ich hatte noch keinen Hunger, weswegen ich mich gleich an meine Hausaufgaben setzte. Ja, ich war einer dieser Menschen die ihre Aufgaben nicht auf den letzten Drücker machten. Zu meiner Überraschung war ich auch ziemlich schnell fertig. Eine Stunde hatte ich gebraucht um Mathe und Englisch fertig zu schreiben. Draußen hatte es mittlerweile schon angefangen zu schütten, so, wie wenn die Welt kurz davor war unter-zugehen. Und mit dem Donner begann mein Bauch zu knurren. Ich legte meinen Arm um meinen Bauch. Okay, jetzt hatte ich Hunger. Immer noch müde trampelte ich die Stiegen hinunter in die Küche, wo ich mir die Lasagne von gestern warm machte und sie aß. Gestern schmeckte sie zwar besser, aber was soll man machen. Ich aß so vor mich hin und lauschte den Regen. In diesem Haus war es so ruhig und kalt. Mein Großvater war kaum daheim. Gerade einmal wenn er Hunger bekam oder nicht arbeiten musste. Er ging mir so gut wie möglich aus dem Weg. Ich wusste nicht wieso, aber es kümmerte mich auch nicht mehr. Er ging seinen Weg und ich meinen. Trotzdem fühlte ich mich hier einsam. Innerlich begann ich zu seufzen. Damals war ich kaum daheim gewesen. Ich hatte soviele Freunde gehabt, die alle etwas mit mir unternehmen wollten. Ich wusste nie wem ich zusagen konnte und wem nicht. Ich hatte sogar einen eigenen Kalender für meine Freunde. Und jetzt? Jetzt saß ich hier allein. In einem großen Haus, in dem fast nur ich lebte. An einem Freitag, an dem andere Feiern gingen.
In Gedanken versunken stellte ich meinen Teller in den Geschirrspüler. "Ob es so nicht doch besser ist?", murmelte ich. Ich hatte Zeit für mich, konnte über alles nachdenken. Außerdem war ich ja nicht alleine. Ich hatte Lia. Und für was brauchte ich schon 20 falsche Freunde, wenn ich die beste Freundin auf der Welt hatte?

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