Kapitel 37

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"Freitag!", Lias Stimme dröhnte in meinem Kopf. Ich schüttelte bloß den Kopf. "Hast du Lust morgen einen Mädchen Tag beziehungsweise Abend zu machen?", okay, zugegebenermaßen klang das lustig, dennoch sträubte sich alles in mir. "Ich weiß nicht ob mein Opa mich lässt.", antwortete ich auf Umwegen wahrheitsgemäß. "Okay klar, sag mir einfach bescheid. Meine Handynummer hast du ja.", sie zwinkerte mir noch schnell zu, bevor sie sich verabschiedete mich umarmte und dann nach links abbog. Langsam schlenderte ich durch die Gassen die mich nachhause führten. Wie immer war alles dunkel, und niemand war zu sehen. Ich seufzte, tolles Leben. Ohne was zu essen lief ich in mein Zimmer, wo ich mich gelangweilt hinsetzte, bis mein Blick bei etwas wichtigem hängen blieb. Ich hatte schon lange nicht mehr Geige gespielt. Innerlich wurde ich traurig, bevor ich mich aufrappelte, die Tasche schnappte und die Geige auspackte. Ich seufzte, bevor ich anfing meine Notenblätter herzurichten. Meine Finger zitterten während sich ein unbekanntes Gefühl in mir ausbreitete. Unbewusst begann ich zu lächeln. Ich fühlte mich beschützt und geborgen, so als wäre ich daheim. Alles um mich herum wurde unwichtig. Nur die Melodie, die durch die Geige entstand war wichtig. Für einen Moment fühlte ich mich meiner Mutter so nah, als wäre sie direkt hinter mir und würde mir zuhören. Eine Träne löste sich aus meinen Augenwinkel. Langsam rann sie meine Wange hinunter,doch das unterbrach mich nicht! Es spornte mich nur noch mehr an, einfach alles zu geben. All meine Gefühle in dieses eine Lied zu stecken um meine Mutter stolz zu machen. Sie sollte sehen, dass ich alles gab, nicht aufgeben wollte, auch wenn alles versuchte mich zu zerstören. Erst als das Lied zu Ende war, begann ich zu seufzen und zu weinen. Gemeinsam mit der Geige in der Hand sank ich zu Boden. Die Tränen flossen ununterbrochen und mein Herz fühlte sich an als würde es zerbrechen. Panisch atmete ich ein und aus, während meine Seufzer immer mehr wurden. Das Gefühl zu ersticken machte sich in mir breit. Meine Hand umklammerte die Geige, als wäre sie mein Anker.  "Es tut mir so leid.", schrie ich. Eine Stimme in meinem Kopf versuchte mich zu beruhigen, doch ich konnte nicht. Der Schmerz, der mein Herz befallen hatte war stärker. Er baute sich wie eine Mauer auf und lies nichts durch. Keine Gedanken, keine Angst, nichts. Alles was ich spüren konnte, war dieser unerträgliche Schmerz, der mich fast lähmte. "Shorty!", eine panische Stimme drang in meinen Kopf, wurde aber gleich wieder ausgeblendet. Ich hatte keine Kraft um aufzusehen. Links neben mir wurde es plötzlich ganz warm. Jemand legte seinen Arm um meine Schulter und flüsterte mir beruhigend zu. Meine hysterischen Seufzer wurden langsam immer ruhiger und weniger, auch meine Tränen verebbten. "Ich bin da, es ist alles gut.", Shadow' Stimme war sanft und leise. Es war nicht alles okay! Meine Eltern waren tot und ich war schuld. Shadow musste wohl mitbekommen haben dass ich wieder in meine Gedanken eintauchte, denn er packte mein Kinn und drückte es zärtlich nach oben, sodass ich ihm direkt ins Gesicht sehen musste. Meine Sicht war immer noch tränenverschleiert, dennoch konnte ich seine Besorgnis erkennen. Ohne darüber nachzudenken fiel ich ihm um den Hals. Innerlich sträubte sich alles dagegen, doch das war mir für einen kurzen Moment egal. Auch Shadow schien für einen kurzen Moment überrascht, lies es schlussendlich aber zu. Sanft strich er mir durch die Haare, während ich meinen Kopf auf seine Schulter legte. Und so saß ich jetzt hier, auf dem Boden meines Zimmers, in einem Haus, dass sich nicht wie mein Zuhause anfühlte, mit einer Person die ich eigentlich hassen müsste. Zwischen uns war es still geworden, nicht unangenehm still. Es war eine dieser, bei der jeder seinen Gedanken nach hang. Ich war froh, dass Shadow gekommen war, mich sozusagen gerettet hatte. "Danke.", murmelte ich in den Stoff seiner Jacke. Ich konnte spüren wie meine Wangen rot anliefen. Wie peinlich. Ich bekam keine Antwort, er drückte mich bloß noch stärker an sich. Müde schloss ich meine Augen. Das alles hatte meinem Körper zu viel Kraft entzogen. Ich fühlte mich plötzlich schwach. So, als wäre ich drei Stunden durchgelaufen. Ohne, dass ich es wollte begann ich zu gähnen. Langsam ließ Shadow mich los, um mir direkt in die Augen zu sehen. Ich wollte ihm widersprechen und sagen, dass er mich weiter umarmen sollte, doch ich blieb still. "Bist du müde?", seine Stimme bescherte mir eine Gänsehaut, die ich nicht beschreiben konnte. Zögernd nickte ich, bevor ich plötzlich hochgehoben wurde. Ein erstickter Schrei verließ meine Kehle. Shadow hatte ich wie eine Braut hochgehoben und lächelte mich schelmisch an. "Keine Angst Shorty, ich lass dich nicht fallen.", wir sahen uns tief in die Augen. Es fühlte sich so an, als würde alles in mir eine Party feiern. Seine Lippen hatte er zu einem Lächeln verzogen, dass mich voll und ganz in seinen Bann zog. Dieser Junge sah wirklich gut aus. Im echten Leben mussten ihm wohl viele Mädchen hinterher laufen. Plötzlich fühlte ich mich unwohl. Ich kannte ihn nicht! Vielleicht hatte er ja eine Freundin! Oh mein Gott. Durch einen sanften Aufprall wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Shadow hatte mich auf mein Bett gelegt. Er hingegen stand neben mir, und beobachtete mich aus seinen wunderschönen Augen. Ich konnte sein Aftershave riechen, welches mich fast um meinen Verstand brachte. Augenblicklich wurde ich rot. Na toll. "Du solltest schlafen gehen.", das klang eher wie ein Befehl als ein Rat, doch er hatte recht. Schlaf würde mir und meinem Körper gut tun. Endlich abschalten und diesen Tag verdauen. "Wann sehen wir uns wieder?", meine Stimme klang so heißer, dass es, gut hätte sein können, dass er mich nicht hörte. "In den nächsten paar Tagen. Ich habe viel zu tun.", ich wusste was er damit meinte. Viel zu tun, dass ich nicht lachte, doch ich nickte nur. Diesen Streit würde ich sowieso verlieren. "Okay Shorty. Ich sollte gehen.", man hörte, dass er nicht gehen wollte. "Okay.", ich richtete meinen Blick an die Decke, damit er die Enttäuschung nicht sehen konnte. Mein Herz zog sich kurz schmerzhaft zusammen, als ich hörte wie meine Balkontür geöffnet wurde. "Bis dann Kleines.", war das Letzte was ich hörte, bevor ich meine Augen schloss. Dieser Junge war mir ein Rätsel, ein Rätsel, dass ich unbedingt lösen musste damit ich ihn retten könnte

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