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Der blöde Wecker klingelte, weil ich ihn, obwohl ich seit Stunden wach lag, nicht ausgeschalten hatte. Ich strich über mein Handy Display und stellte somit die nervtötenden Töne aus. Wie man das morgens so machte, stand ich auf und zog mich für die Schule um. 

Ich kramte lang in meinem Schrank herum, um ein gut aussehendes Outfit zu finden, schließlich stand ich heute im Mittelpunkt und viele werden mich mal bemerken. An so einem Tag schlecht auszusehen, wäre verheerend.

Wenn ich so darüber nachdachte, könnte man mich mit einem Mädchen vergleichen, das "nichts zu anziehen" hat. Genauso fühlte ich mich nämlich gerade und ich verstand, welches Problem die eigentlich hatten. 

Schließlich fand ich ein Hemd, das ich offen ließ und ein weißes T-shirt darunter anzog. Dazu fand ich auch noch meine Lieblingshose, die einfach schwarz und bei normal gewichtigen Jungen auch hauteng war. Bei mir saß sie eher locker, was aber lässig aussah, weshalb es meine Lieblingshose war.

Im Bad kämmte ich mir meine Haare extra lange und befestigte sie mit extra viel Haarspray. Als ich die Treppe unseres kleinen Hauses hinunterspazierte, roch ich schon die brennenden Kerzen. Ich atmete nochmal durch und öffnete dann schwungvoll die Tür.

"Alles Gute zum Geburtstag!", rief meine Mutter. 

Sie umarmte mich und wollte mich gar nicht loslassen. Danach kamen meine zwei Brüder in die Küche, die mir dasselbe -nur etwas verschlafender- wünschten. 

"Ich fahre dich heute zur Schule. Du hast also noch etwas Zeit", teilte meine Mutter mir mit. 

Meine Brüder waren schon längst aus der Schule. Sie waren mehrere Jahre älter als ich, aber auch ich würde in weinigen Jahren die Schule hinter mir lassen können. 

"Danke, Mama", bedankte ich mich lächelnd. 

"So einen Luxus durften wir nie genießen!", rief Peter empört, der schon etwas wacher war als Sebi, welcher das ganze wahrscheinlich noch gar nicht mitbekommen hatte. 

Ich kicherte nur leise, während ich meine Geschenke aufpackte. 

Die ganze Zeit wartete ich auf einen Anruf oder das Klingeln an der Tür, aber nichts geschah und als ich dann meine Sachen für die Schule zusammenpackte, war ich sehr enttäuscht. Entweder er schlief noch oder er hatte es vergessen. Dabei tippte ich ganz stark auf letzteres. Letztes Jahr hatte er einen Tag zu spät angerufen mit der Ausrede, er hätte zu viel in der Arbeit zu tun gehabt. Aber ich konnte ihm nie wirklich böse sein, schließlich war er mein Vater.

°°°

"Mama?", fragte ich. 

Ich wollte sie nicht vom Fahren ablenken, aber diese Frage wollte ich schon lange los werden. 

"Ja?" 

"Warum hast du dich von Papa getrennt?" 

Sie hielt kurz inne. 

"Wir hatten verschiedene Ansichten und wir liebten uns einfach nicht mehr. Fehlt er dir?"

 Ich musste kurz überlegen. Ich hatte ihn öfter mal gesehen, aber ich kannte ihn eigentlich nicht. 

"Nicht er fehlt mir, mir fehlt ein Vater."

 "Du wirst es auch ohne Vater schaffen, Manuel", meinte meine Mama mit ruhiger Stimme.

Der Verkehr war schrecklich. Überall hupten Autos, weil irgendwer nicht losfuhr, wenn die Ampel auf grün umgeschalten hatte oder, weil jemand aus einer Parklücke herausfuhr ohne zu schauen, ob ein anderes Auto kommt. 

Ich spürte förmlich, wie meine Mutter angespannt dasaß. Ich wagte es nicht zu reden. Gerade als die Ampel umschaltete fuhr meine Mutter los. Sie hatte die Kreuzung schon halb überquert, als ich im Augenwinkel einen Lastwagen sah, der auf uns zu gerast kam.

When your dreams all fail...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt