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Ich schluckte schwer. Ein Junge hatte Patrick an die Wand gedrückt. Ich sah nicht genau, was er machte, aber es reichte, dass ich wusste, was er ungefähr tat. Er drückte sein Knie etwas höher und als Patrick einen Laut von sich gab, wurde er geschlagen. Ich sah, wie er zusammenriss und wie ihn das zerstörte. Hinter mir hörte ich Tim und Stegi. Kurz schloss ich die Augen, um mich zu sammeln. Dann trat ich hervor und schrie die Jungs an:" Seit ihr komplett bescheuert? Ist ja schön und recht, dass ihr homophob seit, aber andere deswegen quälen ist das abartigste, was es auf dieser Welt gibt. Ja, es ist sogar noch abartiger als schwul sein!"

Ich hatte meinen ganzen Mut zusammengenommen, um ihnen meine Meinung zu geigen und jetzt? Jetzt fiel mir nichts mehr ein und sie lachten. Am liebsten wollte ich im Erdboden versinken. "Verpisst euch",zischte Tim, der mit Stegi und Dado hinter mir aufgetaucht waren. "Schon wieder?",fragte der Blonde Patrick. Dieser nickte nur erschöpft. "Und ich sag noch, dass du bei uns bleiben sollst",seufzte Stegi und sah den Braunhaarigdn traurig an. Tim redete derweil wütend auf die drei Jungs ein bis sie murrend weggingen. "Netter Versuch, Manu",meinte Dado, aber das was Patrick sagte, war für mich viel wichtiger. "Danke, Manuel",flüsterte er. Oh Gott, er kennt meinen Namen. Mein Herz hüpfte regelrecht und ich lächelte. "Ich habs versucht",murmelte ich. Auch Stegi lächelte mich an. Tim war viel zu aufgebracht um zu lächeln. Er zog mit Gewalt die Tür auf und stampfte ins Klassenzimmer.

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Die Stunde Deutsch, die wir dann hatten, war langweilig. Wir sollten einen Text zusammenfassen. Also, das, was man schon seit der 6. Klasse machte. In der nächsten Stunde sollten wir ihn dann anhand eines Charakters interpretieren. In meiner alten Schule hatten wir das schon als Schulaufgabe, weshalb mir das nur halb so schwer viel wie Dado. Ich war kurz vor Ende der Stunde fertig und sah mich dann im Raum um.

Alle starrten konzentriert auf ihre Blätter bis auf Patrick, welcher seinen Stift in sein Mäppchen legte. Dies tat er mit solcher Eleganz, das es zum dahinschmelzen war. Als er aufsah, trafen sich unsere Blicke und ich sah sofort weg. Gott, was das peinlich. Ich sah aus dem Fenster und stellte mie vor, wie ich heute beim Training voll überzeugen würde. In meiner Vorstellung kam Patrick auf mich zu, sagte mir, wie toll ich heute war und fragte, ob wir Freunde werden konnte. "Sogar mehr als das?",würde ich dann meine Antwort hauchen und ihn küssen.

Ich wurde aus meiner Traumwelt herausgerissen, als alle um mich herum begannen einzupacken. "Was haben wir jetzt?",fragte ich Dado, welcher ohne zu zögern mit Kunst antwortete. Gut gelaunt ging ich zum Kunstraum. "Hast du Geschwister?",fragte Dado neben mir. "Ja, zwei ältere Brüder ",antwortete ich. "Ich hab zwei viel jüngere Geschwister und eine Schwester, die nur drei Jahre jünger ist als ich",erklärte Dado. "Die beiden Kleinen wollen mal unbedingt auch auf dieses Internat. Ich versuche sie die ganze Zeit davon abzuhalten."

"Wenn sie unbedingt wollen, kannst du sie nicht beeinflussen",meinte ich nur. "Ja schon, aber ich glaube so weit weg von Mama und Papa ist für die beiden nichts." "Sofern deine Eltern noch Leben, bis sie so alt sind, dass sie hierher können",kommentierte ich. "Warum sollten sie- oh." Ich nickte nur. "Ich muss mich erst daran gewöhnen. Woran ist sie eigentlich gestorben?" "Ist irrelevant",sagte ich nur. Mir schossen Erinnerungen durch den Kopf, die ich gehofft hatte, zu verdrängen. Ich im Auto. Wie es sich dreht. Der leere Blick meiner Mutter. Das Blut. Das Pfeifen im rechten Ohr. Das verschwommene Sichtfeld. Meine schmerzenden Gelenke und Knochen. Stop!

"Was macht ihr gerade in Kunst?",fragte ich, um mich abzulenken. "Wir sollen zeichnen, was uns berührt. Also im Sinne von, das ist toll. Oder so",versuchte Dado es zu erklären. "Habs schon verstanden." "Unser Lehrer lässt uns sehr viel Freiraum, was das zu Zeichnenden betrifft. Und solange man erkennen ansatzweise kann, was es darstellt, kriegt man eine 2. Wenn es dann noch gut ist eine 1." Ich grinste. "Lass mich raten: du hast eine 1?",fragte ich. "Jup."

Der Kunstraum bestand aus 6 großen Tischen, wo an jedem mindestens 5 Leite sitzen konnten. Dado zog mich zu seinem Tisch, wo noch ein paar Mädchen aus unserer Klasse saßen. Dado schien in der Klasse nicht viele Freundschaften zu haben. Dafür war die mit Zombey umso stärker. Ich wollte nicht wissen, was passiert, wenn diese Freundschaft auseinanderbricht.

Dado brachte mir ein weißes Blatt und zeichnete an seinem Bild weiter. Es stellte eine Familie dar mit Hund. "Am liebsten hätte ich eine Katze",seufzte er, als er merkte, wie ich das Bild ansah. Es war ein bisschen im Mangastyle, aber dennoch real gezeichnet. Es war gut, wirklich gut. Krass gut, würde Taddl sagen. Ich musste erstmal überlegenen, was mich berührte. Familie war es zumindestens nicht und meine Freunde...das wäre zu oberflächlich. Es musste irgendetwas ruhiges sein, wo man gut nachdenken konnte und es sich bequem machen konnte. Es musste mysteriös, aber dennoch klar zu erkennen sein. Dann stellte ich mir vor, wie ich nachts auf dem Dach saß und die Sterne beobachtete. Und genau das zeichnete ich auch. Ich selbst fand die Idee blöd, aber ich musste es ja keinem erklären.

Dado sah zwar mein Bild fragend an, aber kommentierte es nicht. Die Mädchen fanden es schön und bevor es jemand anderes sehen kommte legte ich es verdeckt auf den Stapel. "Wir haben jetzt tatsächlich eine Stunde frei. Bio fällt aus!",freute sich Dado und wir schleppten unserer Schultaschen in unser Zimmer. In einer Stunde gab es Essen und dannach mussten wir zu dem betreutem Lernen.

"Willst du mit zu Zombey?",fragte Dado. Zombey hatte nach Dados Erzählung immer Dienstags eine Stunde früher aus. Ich schüttelte nur den Kopf. Diesmal war er enttäuscht. "Aber du musst doch auch mal was mit anderen machen, sonst wird das nie was mit Kontakte knüpfen",argumentierte Dado. "Okay, gut. Dann gehe ich eben mit. Aber vor dem Essen will ich noch Lissy anrufen",stimmte ich zu, obwohl ich keine Lust hatte. "Ja! Das wird lustig!",rief der Blonde erfreut.

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(1031 Wörter)

Ich hasse dieses Kapitel..

When your dreams all fail...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt