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Ich kann mich noch genau daran erinnern, dass ich mir dachte, Patrick sei nur ein Crush, der nach ein paar Tagen wieder wegginge. Inzwischen war das Wochenende gekommen und ich hatte mich von Dado verabschiedet. Wir mussten alle mindestens jedes zweite Wochenende nach Hause. Zwar konnte man mit einer Bescheinigung, in der stand, dass die Eltern keine Zeit haben oder sich irgendwie anders nicht um das Kind kümmern können, im Internat bleiben, aber das hatte kaum jemand. Irgendwie wollte ich nicht nach Hause, weil dort mein Vater war, der mich mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder schlug. Trotzdem liebte ich ihn. Er war schließlich mein Vater.

Das Training verlief gut. Ich hatte zwar wenig Ausdauer, aber ich hatte oft den Korb getroffen und konnte auch im Zweikampf gegen Alex glänzen. Gegen die anderen kam ich nicht an, aber sie hatten viel mehr Übung als ich. Als wir uns umzogen, konnte ich meinen Blick nicht mehr von Patrick lassen. Er sah einfach perfekt aus. Er hatte Muskeln, nicht wenige, aber auch nicht zu viele. Wie gern ich durchseine Haare streichen würde, hatte ich gedacht. Wie gern ich mich abends an ihn kuscheln würde und auf seinem Brustkorb, geschützt von seinem Arm, einschlafen würde. Als Patrick zu mir sah, schlüpfte ich schnell aus meinem T-shirt  sodass es nicht auffällig war. Ich wurde rot und drehte allen den Rücken zu, damit sie mich nicht sahen. "Wir erwarten dich nächste Woche wieder",hatte Tim gemeint und hatte mir auf die Schulter geklopft.

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"Tschüss Manu",hauchte Dado und umarmte mich nochmal bevor er in den Zug stieg. Meiner kam 10 Minuten später, da ich in die andere Richtung musste. Ich winkte ihm nochmal, dann fuhr der Zug ab und ich war alleine. Die 10 Minuten vergingen allerdings schneller als gedacht, sodass ich nach einer 1-stündigen Zugfahrt und drei mal Umsteigen in meiner Heimatstadt angekommen war. Sofort als ich aussteig sah ich meinen Vater, wie er auf mich zukam. "Mein Junge!",rief er und nahm mich in den Arm. Was geht hier ab? "Hi, Papa",murmelte ich. "Komm, wir fahren nach Hause",meinte er und zog mich mit, "Wie war die erste Woche?" "Naja, also ich teile mir mit einem echt netten Jungen das Zimmer. Er heißt Maurice und hat mir alles erklärt. Ich gehe auch mit ihm in eine Klasse. Und ich bin im Basketballteam",erzählte ich. "Das klingt doch toll!",meinte mein Vater.

Zuhause stand ein fremdes Auto vor der Tür und in der Küche hörte ich die Freundin meines Vaters mit einer fremden Person reden. "Ah, da ist ja Manuel!",rief die Freundin und kam auf uns zu. Sie umarmte mich, als wäre ich ein halbes Jahr verschollen gewesen. "Wollen Sie noch mit ihm reden?",fragte mein Vater die fremde Frau. "Ja gerne, am besten unter vier Augen. Sind wir irgendwo ungestört?",fragte sie. "Ja, in seinem Zimmer",meinte die Freundin lächelnd. Mein Vater warf mir einen warnenden Blick zu, dass ich ja nichts falsches sagen sollte.

Ich folgte der Frau in mein Zimmer. Als sie die Tür hinter uns schloss, begann sie sofort zu reden. "Gut, Manuel, ich habe gerade erfahren, dass du auf ein Internat gehst. Dein Vater meinte, du hättest Probleme mit Mitschülern gehabt." Sie sah mich erwartungsvoll an. "J-ja genau, da waren so ein paar mit denen ich nicht klargekommen bin",erwiderte ich. "Und wie ist es auf dem Internat?" "Toll, wirklich schön. Ich vermisse nur manchmal meinen Vater und...und seine Freundin",antwortete ich und schluckte hart. "Wie dühlst du dich?" Ich runzelte die Stirn. "Gut, ich ähm. Mir geht es gut. Warum sind Sie hier?"

"Ich habe einen Hinweis von eurer Nachbarin bekommen, dass du hier schlecht behandelt wirst und musste deshalb kommen. Und dass deine Brüder so sehr um das Sorgerecht gekämpft hatten, machte mich das zudem stutzig." Ich sah sie kurz erschrocken an. Wenn ich jetzt die Wahrheit sagen würde, könnte ich weg von ihm und wahrscheinlich zu meinen Brüdern. Aber was, wenn mein Vater deswegen wütend wird. Da können nichtmal Peter und Sebi was dagegen tun. "Nein, dass muss falsch verstanden worden sein. Mein Vater behandelt mich wie jedes andere Kind begandelt wird." "Wenn du das so sagst, muss ich es dir wohl glauben." Nach einem langen Gespräch voller unnptzer Fragen, stand sie auf. "Gut, das wäre es auch schon."

"Was hast du ihr erzählt?",zischte mein Vater. "Nichts",antwortete ich ängstlich. Er schlug mir auf sie Wange. Schmerz breitete sich aus und es brannte. "Ich hab gefragt, was du gesagt hast!",schrie er. "Ich hab gelogen. Ich hab gesagt, dass ich ein Problem mit meinen Mitschülern habe und deswegen auf das Internat gegangen bin, ich hab erzählt, dass du mich behandelst wie alle anderen Kinder behandelt werden. Ich hab gelogen!",verteidigte ich mich leise und schüchtern. "Das hoffe ich für dich",meinte er wütend und verschwand. Ich vermutete, dass er mit seinen Freunden etwas trinken ging.

Ich packte ein paar Sachen, die ich zum Übernachten brauchte, in eine Tasche und schlüpfte in meine Schuhe. "Was machst du?",fragte die Freundin meines Vaters. "Ich übernachte bei Lissy",meinte ich und öffnete die Tür. "Du weißt, dass das Probleme geben wird",wendete sie ein. "Ist egal",murnelte ich und zog die Tür hinter mir zu. Lissy wohnte drei Busstationen weiter weg, allerdings ging ich zu Fuß, da es so schneller war. Ich steckte mir Kopfhörer ins Ohr und hörte dabei Musik. Schon die ganze Zeit waren dunkle Wolken am Himmel und ich hoffte, dass es nicht zu regnen begann.

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Ich klingelte an der Tür und wartete. Ich wartete vergleichsweise lange bis die Tür aufgerissen wurde. Lissy schien kurz schockiert, dann lief sie auf mich zu und umarmte mich. "Manuu!",schrie sie glücklich. Ich erwiederte die Umarmung bis ich den Jungen hinter ihr sah. "Lisa, wer ist das?",fragte dieser mit dunkler Stimme. "Lissy, wer ist das?",fragte ich gleichzeitig. "Max, das ist Manu. Mein bester Freund. Und Manu, das ist Max, mein fester Freund."

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(992 Wörter)

When your dreams all fail...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt