Gleich im nächsten Moment ist meine Müdigkeit wie weggeblasen, denn, was ich dort im Flur erblicke, lässt meinen Atem stocken und mich ungläubig meine Augen aufreißen.
×××
„Jimin. Du bist ja noch wach!" spricht Yoongi mich an und schaut mich mit einem Blick an, den ich früher drauf hatte, wenn ich irgendetwas verbrochen hatte und es meiner Mutter beichten musste. Doch ich kann Yoongi in diesem Fall ausnahmsweise mal nicht meine volle Aufmerksamkeit schenken, da meine Blicke viel mehr an der zweiten Person im Flur geheftet sind.
„Jin?" Immer noch etwas perplex starre ich meinen besten Freund an, der daraufhin nur seine Arme ausbreitet und ich mich im nächsten Moment auch schon an seine Brust gedrückt wiederfinde. „Jinnie!" jammere ich und kann meine plötzlich aufsteigenden Tränen einfach nicht mehr unterdrücken. Ich bin den ganzen Abend über schon viel zu emotional, was nicht zuletzt an meinem enttäuschenden Tag gelegen hat, sondern auch, weil ich zu allem Übel auch noch eine Serie erwischt hatte, die dramatischer nicht hätte sein können.
„Happy Birthday, mein Mochi!" quietscht Jin und ich schluchze einmal laut auf, als ich seine Stimme höre, die mich so an Zuhause erinnert. Vielleicht erweckt mein Schluchzer doch einen etwas zu falschen Eindruck, da mich Jin ruckartig von sich drückt und erschrocken mustert, wobei sich seine vollen Lippen zu einem O formen.
„Nimm du ihn. Ich vertrage das nicht, wenn er weint." zetert er gespielt, obwohl ich nur wenige kenne, die so gut trösten können, wie er und schiebt mich in Richtung Yoongi, der mich mindestens genauso überrascht anschaut. „Denkst du ich?" murrt er als Antwort, nimmt mich daraufhin aber doch sanft in den Arm und ich kann sagen, dass ich diese liebevolle Seite schon nach einem Tag unglaublich vermisst habe.
„Was ist denn Kleiner?" fragt er und streicht mir beruhigend über den Rücken. Hektisch atme ich ein, ehe ich zu einer Antwort ansetze. „I-Ich bin einfach nur ein wenig emotional heute." hauche ich leise und vergrabe meinen Kopf in seiner Halsbeuge, wobei ich bemerke, dass er mir währenddessen einen leichten Kuss auf den Haaransatz drückt.
Als ich mich kurz darauf von ihm löse, streiche ich mir die Reste meiner Tränen von den Wangen und kann es immer noch nicht realisieren, dass Jin wahrhaftig vor mir steht. Doch Yoongi zieht wieder meine Aufmerksamkeit auf sich, als er meine beiden Hände in seine nimmt.
„Happy Birthday natürlich auch von mir, Kleiner." Er atmet einmal tief ein und aus. „Es tut mir leid, dass ich heute so doof zu dir war. Und, dass ich einfach abgehauen bin, aber jetzt weißt du wahrscheinlich warum. Ich musste mit Soonmin schließlich nach Pocheon fahren, um dein Geschenk abzuholen." Bei seiner Wortwahl muss ich grinsen und wie auf Kommando wird die Tür erneut geöffnet und eine beladene Soonmin betritt den Flur, sodass Jin ihr sofort zur Hilfe eilt, um ihr seinen Koffer abzunehmen.
Als sie mich sieht, wie ich noch mit einer Hand in Yoongis und mit verweinten Augen im Flur stehe, kommt sie zu mir und tätschelt mir einmal meine Schulter. Doch ich nehme sie direkt ganz in den Arm, was sie etwas zu überrumpeln scheint. „Danke Soonmin." flüstere ich und sie entspannt sich daraufhin, ehe sie auch ihre Arme um mich legt.
Ich weiß nicht, ob sie das Danke nur dafür genommen hat, dass sie sich heute anscheinend extra freigenommen hat, um mit Yoongi zusammen den langen Weg nach Pocheon zu fahren und Jin zu holen oder, ob sie auch erkennt, dass ich für soviel mehr Danke sagen will.
Seitdem ich hier bin, ist sie wahrlich ein Engel. Sei es am Anfang, als ich für mich da war, als ihr Sohn sich mir gegenüber ziemlich mies verhalten hat oder seien es die kleinen Freuden, mit denen sie meinen Alltag aufgehellt hat, egal ob bewusst oder unbewusst. Oder aber, als sie für mich da war, als ich miterleben musste, wie meine Mutter am anderen Ende der Leitung einfach aufgelegt hat. Ich bin ihr auch unglaublich dankbar dafür, dass sie einfach so akzeptiert hat, dass ich schwul bin. Und zu guter Letzt, dass sie auch die Beziehung zwischen mir und Yoongi einfach so hinnimmt und uns dabei sogar unterstützt.
Ein einfaches ‚Danke' reicht da bei weitem nicht aus, aber ich drücke sie besonders doll, um ihr zu verdeutlichen, dass ich ihr wirklich sehr dankbar bin und als wir uns voneinander lösen, nickt sie mir einmal zu, so als hätte sie erkannt, dass ich damit viel mehr meine.
„Na dann. Ich bestelle dann zur Feier des Tages Pizza, ja? Ihr konnt ja tun, was Menschen in eurem Alter halt so tun." lacht Soonmin und scheint wieder ganz die Alte zu sein, wobei ich das Gefühl habe, dass sie meine Umarmung auch etwas mehr berührt hat, da es in ihren Augen doch etwas glitzert.
Während Soonmin also ihren Plan in die Tat umsetze, gehe ich mit Yoongi und Jin nach oben. Im Flur geht Jin schonmal in mein Zimmer, er war ja bereits hier und lässt mir noch kurz etwas Zeit mit Yoongi. Dieser steht schon vor seiner Tür und dreht sich nochmal kurz zu mir um.
„Danke, du Idiot." lächele ich und gehe auf ihn zu. Auch er muss etwas lächeln, wobei seine kleinen Zähne zum Vorschein kommen. „Das ist doch noch nicht wirklich etwas spekt-" „Halt, ich sagte Danke und das meine ich auch so. Du weißt gar nicht, was du mir damit für eine Freude gemacht hast." unterbreche ich ihn, bevor er weiter falsche Bescheidenheit vorspielen kann. Denn das braucht er nicht. Von hier nach Pocheon ist es kein Katzensprung, weswegen Jin auch nicht einfach so herkommen kann - die Zugfahrkarten sind sehr teuer - und umso glücklicher bin ich darüber, dass Yoongi erkannt hat, wie viel Freude es mir bereiten würde, Jin wiederzusehen.
Er erwidert darauf nichts mehr, sondern verbindet einfach unsere Lippen miteinander. Wie auf Entzug lasse ich mich auch gleich vollkommen darauf ein und schlinge meine Arme um seinen Nacken, während seine großen Hände Platz an meiner Hüfte finden. Verdammt, habe ich das vermisst. Seine weichen, perfekten Lippen schmiegen sich auch genauso perfekt an meine und mir kommt unweigerlich der Gedanke, ob Gott sich beim Schaffen der Menschen überlegt hat, welche Lippen mit welchen am Besten zusammenpassen. Wenn dem so ist, habe ich unglaublich Glück, dass ich mein Gegenüber gefunden habe.
Plötzlich ertönt hinter uns ein Räuspern und ich löse mich kurzerhand von Yoongi, um mich zu meinem besten Freund umzudrehen, der doch mehr oder weniger verloren an der Wand gelehnt steht. Ich schenke ihm einen entschuldigenden Blick, doch er beginnt schon zu sprechen.
„Ich wollte euch ungerne stören, weil ihr wirklich allzu niedlich seid-" Er muss kurz von seiner Fanattacke runterfahren, ehe er weiterspricht. „-aber deine Mutter hat gerufen, habt ihr das nicht gehört?" fragt er und schaut dabei Yoongi hinter mir an, der nach wie vor seine Arme um meinen Bauch geschlungen hat. An meinem Kopf spüre ich, dass er seinen schüttelt, was ich ihm gleich darauf gleichtue.
Gemeinsam folgen wir Jin, der bereits auf der Treppe ist und gehen zusammen in die Küche, in der Soonmin gerade Getränke auf den Tisch stellt. „Kann ich Ihnen helfen, Frau Min?" fragt Jin sofort und ich muss bei seiner höflichen Art leicht grinsen. „Soonmin. Du sollst mich Soonmin nennen, sonst fühle ich mich so alt." lacht sie als Antwort und ich sehe, wie Jin seinen Kopf senkt, weil er leicht rot um die Nase geworden ist.
Just in dem Moment klingelt es an der Tür und ich gehe schnellen Schrittes in den Flur, um dann dem Pizzaboten die Tür zu öffnen. Yoongi folgt mir und hat zum Glück an das Geld gedacht, welches er dem Boten reicht, während ich ihm die Pizzakartons abnehme. Wir wünschen ihm noch einen schönen Abend, ehe wir uns wieder zu den anderen gesellen und die Pizzen austeilen.
Als jeder bedient ist, wünscht Soonmin uns alle einen guten Appetit und wir stürzen uns wie eine ausgehungerte Meute auf das Essen. Ich beobachte derweil die drei Personen an meinem Tisch.
Alle sehen rundum zufrieden aus und als ich ihren Konversationen lausche, kann ich nicht anders, als mitzulachen. Ich bin so glücklich, dass sie der Tag noch zu guten gewendet hat und, dass Yoongi und Jin sich so gut verstehen. Soonmin kommt mir gar nicht wie eine erwachsene Person vor, sondern sie integriert sich perfekt in die 'Jugend' ein. Zusammen sind wir schon ein bunter Haufen und ich widme mich wieder glücklich meiner Pizza.
Warum kann es nicht immer so sein?
words: 1409
DU LIEST GERADE
just one year
FanfictionABGESCHLOSSEN y o o n m i n (n.) ᴡʜᴇɴ ᴛᴡᴏ ᴘᴇᴏᴘʟᴇ ʟᴏᴠᴇ ᴇᴀᴄʜ ᴏᴛʜᴇʀ ʙᴜᴛ ᴀʀᴇ ᴛᴏᴏ ᴠᴀɪɴ ᴛᴏ ᴀᴅᴍɪᴛ ɪᴛ Nachdem Jimin sich traut seinen Eltern zu erzählen, dass er sich von Jungs angezogen fühlt, schicken diese ihn für ein Jahr von Zuhause weg. Doch das ist...