Kapitel 1

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Die Sonne schien strahlend weiß vom Himmel und spiegelte sich im schmutzigen Wasser des Flusses wider. Einzelne kleine Wellen rollten an den Sandstrand und zogen sich wieder zurück. Die stickige Luft wurde ab und zu durch eine leichte Brise aufgelockert.

Er atmete tief ein und spürte wie ihm eine Strähne in die Stirn fiel. Der Schatten der Kapuze verbarg sein Gesicht und machte ihn unsichtbar für alle anderen.
Still beobachtete er das Treiben vor sich.
Es waren nicht viele Leute da.

Vereinzelt saßen ein paar Familien mit Kleinkindern und Pärchen die den nahenden Sonnenuntergang abwarteten. An der Steinwand zur Strandpromenade drückten sich vereinzelt Obdachlose herum. Doch es war noch zu früh um sich einen Platz zu suchen.

Zwischen all diesen Leuten fiel sie ihm schnell ins Auge. Sie saß alleine auf einem Stein, der wohl mal vor Ewigkeiten hingestellt worden war, um die Gegend etwas ansehnlicher und gemütlicher zu machen, was bedrückend missraten ist.

Das Mädchen hatte lange wellige braune Haare die ihr über den Rücken fielen. Sie hatte die schlanken sonnengebräunten Beine angezogen und den Kopf der Sonne entgegengestreckt. Er wusste das sich auf ihrer schmalen geschwungenen Nase feine Sommersprossen tummelten. Die Augen mit den langen geschwungenen Wimpern waren geschlossen, sodass sie fast ihre Wangen berührten.

Sie saß reglos und still, beinah als wäre sie mit dem Stein verschmolzen.
Genauso wie er, unnahbar für die Umgebung.

Eine Möwe pickte in ihrer Nähe nach Brotkrumen und kreischte laut. Die Familie neben ihr begann langsam zusammen zu packen und ihren plantschenden Sohn aus dem grün braunen Gewässer zu ziehen. Auch das Pärchen links von dem Mädchen packte ihre Strandmatte zusammen und stieg die Steintreppe zur Promenade hoch um vermutlich in einem netten Restaurant den Tag ausklingen zu lassen, was ihm nur gelegen kam.

Es dauerte nicht lange da war der Strand so gut wie leer. Angespannt beobachtete er wie sie als Einzige noch auf dem Stein saß, der sich in der Sommerhitze aufgewärmt hatte. Die Sonne begann tiefer zu gehen, tauchte den Strand in ihr orange rötliches Licht.

Das Rauschen der Wellen die an den Strand rollten und das Hupen und Fahren der Autos belebten die Dämmerung.

Mit halb geschlossenen Augen betrachtete er sie, friedlich auf dem Stein sitzend, ihre glatte samtene Haut in das dunkle Orange der Abendsonne getaucht.

Sie war hübsch, keine Frage. Aber das brachte ihn trotzdem nicht davon ab es zu tun.
Die Aufregung und das Verlangen pulsierten ihm durch die Adern und er musste an sich halten nicht direkt loszulegen.

Zischend atmete er aus und betrachtete mit verdunkelten Augen das Mädchen. Nein. Das würde ihn nicht davon abhalten.
Seine geübten Finger fanden das Handy in seiner Tasche.

Das Klingeln ihres Handys vermischte sich mit den anderen Geräuschen. Es war der übliche Nachrichtenton wie so viele ihn hatten, ein einfacher heller Ton der einmal laut anklang und an ein Glockenspiel erinnerte.

Es war die erste Bewegung die das Mädchen machte und von dem reglosen Strandbild abhob. Sie öffnete die Mandelaugen und zog das Handy heraus.
Er wusste wie schön ihre Augen waren. Sie hatten die Farbe von einem tiefen Blau, mit einem dunklen Außenring. Die dunklen Wimpern umschatteten ihre Augen und ließen sie geheimnisvoll und tiefgründig wirken. Er spürte das Verlangen und die Neugier in ihm drängen aber er konnte sich beherrschen.
Er musste.
Denn es war noch zu früh.

Das Mädchen hatte die Nachricht bemerkt.
Es war nur ein kurzer Moment, eine kleine Bewegung. Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen und ein flüchtiger Schatten legte sich über ihre Augen.

Doch genauso schnell wie es gekommen war, war es auch wieder verschwunden und sie stand auf. Er verfolgte jede ihrer Bewegungen. In den kurzen Shorts und dem einfachen weißen T-Shirt begann sie zu frösteln, und er hielt an sich, ihr seine Jacke anzubieten.

Sie machte sich auf den Weg hoch zur Strandpromenade. Die vielen goldenen bunten Lichter begannen anzugehen und die Sonne abzulösen.
Leise folgte er ihr und betrachtete sie, wie sie die Promenade entlang ging und sich unter die Menschen mischte.

Die Neugier brannte in ihm und war unerträglich, doch er musste sich noch gedulden, er musste noch warten.

Bald wirst du mir gehören!

Ein kleines befriedigendes Lächeln stahl sich auf seine Lippen.
Er ließ den Kopf kreisen und schloss kurz die Augen bei der Vorstellung. Dann hob er wieder seinen Kopf und starrte auf die hell beleuchtete Masse.

Sie war verschwunden.

Wolf howlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt