Kapitel 53

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„Lyra!", mischte sich eine leise flüsternde Stimme in ihren Traum. „Lyra, wach auf!"
„Hmgf!", grummelt sie noch im Halbschlaf und versuchte die nervige Stimme zu ignorieren.

„Lyra..."
„Lass mich!", murrte sie müde und zog die Nase kraus. Sie hatte keine Lust sich wieder von Louis anschnauzen zu lassen. Er war ihr doch tatsächlich nach der Milchglasaktion ins Zimmer gefolgt und hatte ihr etwas von Respekt gegenüber Älteren und Beherrschung gepredigt.
„Ich weiß du kannst sie nicht leiden, aber dass heißt nicht, dass du direkt mit allem was du hast um dich schmeißen kannst!"

„Lyra..."
„Louis, lass mich!", grummelt sie genervt und drehte sich auf die andere Seite. Zumindest Kate hatte ihrer Aktion zugestimmt. Dann sah ihre Großmutter - die Kate und sie nun insgeheim das Biest getauft hatten - dass sie sich auch nicht alles gefallen ließ. Andererseits war der Plan, das Biest von ihren Ansichten zu überzeugen, kläglich ins Wasser gefallen. Da waren sie sich einig.

„Lyra, du musst aufwachen!"
„Louis, lass mich schlafen!", schnauzte sie in ihr Kissen. „Ich kann auf eine weitere Lehrstunde über Benehmen sehr gut verzichten, danke!"

Tolle Art geweckt zu werden... schoss es ihr säuerlich durch den Kopf und sie schnaubte. Allein der Gedanke an das Geschehene regte sie auf. Das Milchglas hatte ihr leider nur ein kleines bisschen Genugtuung verschafft. Alleine, dass Louis ihr nur hinterhergelaufen war, um sie zurechtzuweisen und Loyalität seiner Großmutter gegenüber zu bekennen machte sie wütend.

Schnaubend vergrub sie ihren Kopf unter ihrem Kissen als Louis sich wieder mit merkwürdig flüsternder Stimme an sie wandte. Wirklich sehr lustig. Wollte er sich etwa mit ihr versöhnen?

„Louis, lass mich in Ruhe!", meckerte sie ihn an. „Ich bin noch nicht in der Stimmung dich schon so früh am Morgen zu sehen! Deine Aktion gestern war echt mies! Du kannst doch nicht erwarten, dass ich mich beleidigen lasse, während dieses Biest nicht einen einzigen kleinen Kommentar zurückbekommt. Das hat sie nun davon!"

„Lyra..."
Genervt wollte Lyra sich aufsetzten und Louis anzicken, nicht um diese Uhrzeit in ihr Zimmer zu kommen, als sie innehielt. Denn die Stimme war gar nicht von Louis. Es war mehr ein Flüstern, ein Hauchen, dass sie stutzen ließ. Im Halbschlaf hatte sie es einfach nicht registriert.

„Was zum...", murmelte sie nun wacher und setzte sich doch auf. Die Vorhänge waren noch zugezogen und Lyra konnte niemandem erkennen. Fieberhaft durchforstete sie ihr Gehirn nach Personen, die in der Lage waren sie über Gedankenkraft anzusprechen. Augenblicklich vielen ihr der Werwolf und ihre Mutter ein. Aber der eine war gar nicht da. Dann musste das doch...

„Mama?", fragte Lyra zögernd. „Mama, bist du das?"

Ohne dass sie es wollte, begann ihr Herz zu klopfen und sie spähte durch den Raum. Auch wenn sie eigentlich nicht erwartete ihre Mutter plötzlich vor sich stehen zu sehen.

Mit gemischten Gefühlen schlug sie die Decke zurück und schlich zur Zimmertür. Der kurze Blick in den dunklen Spiegel machte es nicht besser. Wer schaute schon gerne im Dunkeln in einen Spiegel? Die eigene Gestalt sah schemenhaft und unklar aus und starrte einen wie ein Schatten an.

Wieder ertönte das Hauchen und Lyra spitzte die Ohren. Es schien von außen zu kommen, als würde es davon schweben. Und diese Vorstellung war doch irgendwie... gruselig. An dieser Stelle hätte Lyra sich am liebsten wieder unter ihre warme Decke gekuschelt, aber nach allem was schon passiert war, konnte das ja nun auch nicht so schlimm sein. Vor allem wenn es oh  Mutter war. Mit der musste sie auch noch mal dringend ein Wörtchen reden.
Trotzdem. Vorsichtig konnte man nie genug sein.

Leise öffnete sie die Tür und schaute auf den dunklen Flur. Es dämmerte gerade erst und der Gang war in ein tristes graues Zwielicht getaucht.

„Mama?", flüsterte sie laut und starrte unentschlossen den Gang hinunter. Sollte sie? Doch da ertönte bereits wieder das Flüstern und wie von alleine setzte sie sich in Bewegung.

Wolf howlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt