Kapitel 38

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Lyra stand unter der Dusche und ließ das heiße Wasser auf sie hinunterprasseln. Sie hatte den Kopf an die kalten Fliesen gelegt und beobachtete stumm wie die Wassertropfen an der Wand hinunterliefen. Der Staub und Schmutz hatte sich zu einer bräunlichen Wasserlache auf dem Boden gesammelt der nun langsam im Abflussrohr verschwand.

Sie schloss die Augen und musste an ihren Onkel denken. Sie konnte noch immer nicht ganz nachvollziehen was gerade passiert war. Sie fühlte sich wie in Trance.
Als sie gesehen hatte wie zerstört er war, war für sie plötzlich alles andere vergessen, alle Schikanen und hässlichen Wörter von zuvor. Es war alles nur eine Maske gewesen um sich zu schützen, auch wenn es nicht richtig war was er getan hat.

Sie wusste nicht genau was jetzt zwischen ihnen war, eine Art Waffenstillstand möglicherweise. Sie war noch nicht bereit ihn als Onkel zu akzeptieren, aber das würde vielleicht mit der Zeit kommen.

Sie waren nicht mehr lange auf dem Platz geblieben. Bald schon waren sie wieder ins Internat gegangen, stumm. Alle an denen sie vorbei kam hatten sie neugierig angeschaut, doch Lyra hatte es gar nicht wirklich mitbekommen.
Schließlich hatte er ihr angeboten nicht zur Patrouille gehen zu müssen. Lyra hatte nur geistesabwesend zugestimmt und war dann direkt auf ihr Zimmer gegangen. Ihre Tasche hatte auf ihrem Bett gelegen.

Sie schloss die Augen und schaltete das Wasser auf noch eine Stufe wärmer. Sie liebte es das Wasser mit der Zeit heißer zu stellen, gerade so dass es noch angenehm war und prickelte. Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken.
„Lyra? Bist du schon zurück?"
Kate.

„Ja, ich komme gleich!", rief sie mit fester Stimme und genoss noch einmal für kurze Zeit das heiße Wasser auf ihrer Haut bevor sie es abstellte und sich in ein Handtuch wickelte.
Kate saß am Tisch und hatte irgendwelche Bücher und Hefte aufgeschlagen in denen sie jetzt arbeitete.

„Wie war das Training?", wollte sie wissen. „Ich habe vorher Tim getroffen und er hat mir die Tasche gegeben aber warum bist du nicht mitgekommen?"
„Wo warst du denn dann gerade?", überging Lyra ihre Frage.
„Kurz noch mal draußen, ich habe mein verdammtes Mathebuch in der Bibliothek vergessen, aber du weichst meiner Frage aus!"

Sie betrachtete Lyra kritisch und sog dann scharf die Luft ein.
„Was ist denn da an deiner Schläfe passiert? War Tim das? Ich schlage den zusammen wenn er das..."
„Nein Kate!", sagte sie kopfschüttelnd und musste leicht grinsen, hielt ihren Kopf dann aber lieber wieder gerade weil ihre Schläfe doch unangenehm pochte.

„Aber wenn es nicht Tim war wer dann? Und wieso bist du nicht mit ihm zusammen hoch gekommen?"
„Mein Onkel hat das Training übernommen!", sagte sie ruhig und ließ sich auf ihr Bett fallen.

Kates Augen verengten sich augenblicklich zu Schlitzen.
„Das war ja klar! Er hat dich getroffen, oder? Dieses miese Arschloch hat dir diese Beule zugefügt!"

Lyra schüttelte hastig den Kopf, wurde aber wieder von dem stechenden Schmerz daran erinnert das fürs erste sein zu lassen.
„Ja er hat das gemacht aber bitte... rede nicht so von ihm!"
Kate sah sie erstaunt an.
„Was ist denn los? Hat er zu fest zugeschlagen? Erinnerst du dich nicht mehr an das was er dir alles getan hat? Und aus dem was du mir über ihn und deine Mutter erzählt hast lässt sich schließen das er nicht unbedingt der netteste Kerl ist..."

Da Lyra nicht den Kopf schütteln konnte hob sie die Hand und Kate verstummte tatsächlich.
„Ich habe mich bereits revanchiert!", sagte sie mit einem leichten Lächeln. „Aber wir haben geredet!"

„Geredet? Das geht?"
Lyra verdrehte die Augen und sah sie bittend an.
„Wir haben uns Mal ausgesprochen. Das war... ziemlich... keine Ahnung! Er tat mir Leid!"

Wolf howlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt