Es war dunkel. Eine tiefe angenehme Schwärze und Dunkelheit die auf ihr lastete und alles andere ausschloss und ihr vorenthielt. Eine so tiefgründige Schwärze, dass Lyra meinte sie würde schweben, im All, irgendwo wo physikalische Gesetze keine Wirkung haben, wo die Realität nicht hinkam.
Die Dunkelheit spiegelte sich in Lyra selbst wieder, diese unglaubliche Tiefe und Ruhe. Sie spürte die Schwere und Erschöpfung in ihren Gliedern, als wäre sie gerade einen Marathon gelaufen, oder von einer Klippe ins Meer gestürzt. Als hätte sie den schlimmsten Muskelkater der Welt.
Auf jeden Fall war sie müde. Furchtbar müde! Und da kam ihr diese alles verschluckende Dunkelheit sehr gelegen. Sie dümpelte wie in einer Zwischenwelt vor sich hin, wie in der Dämmerung, nur halb anwesend, aber sie wollte auch gar nicht anwesend sein. Sie wusste nicht genau wieso, aber irgendetwas sagte ihr, dass sie nicht die Augen aufschlagen sollte. Ein ungutes Gefühl in ihrer Magengegend, dass sie zu unterdrücken versuchte. Es war schließlich so friedlich. Diese alles umfassende Dunkelheit hüllte sie ein und wiegte sie ruhig in ihren vergessenden Armen. Eine Zustand vollständiger Zufriedenheit...Ein leiser Seufzer, eher ein Hauch, entwich ihren Lippen und sie spürte wie auch langsam ihr Bewusstsein wieder entschwinden wollte. Dass nahm sie gerne entgegen. Sie spürte bereits wie die Bewusstlosigkeit sie einlullte, diese wundervolle Ruhe...
„Lyra!"
Lyra versteifte sich. Sie wollte niemanden hören, sie wollte diese Ruhe spüren, sie war so friedlich! Die Stimme sollte weggehen.
„Lyra, nein!"
Nein? Was nein?
Sie wollte ihre Ruhe haben, sie wollte nichts hören. Das machte sie diesem lästigen Störenfried mit einem knurrenden Murren klar.„Du musst dich jetzt konzentrieren, hörst du?", kam die Stimme wieder auf, fast wie ein Wispern nur, wie ein Hauch. Aber auch nicht direkt unangenehm... „Du musst dich wehren!"
Wehren wogegen? Es ist ruhig hier! Es ist schön... schoss es ihr durch den Kopf und sie wollte sich umdrehen, aber die Erschöpfung ihres Körpers ließ dass nicht zu. Dazu war sie zu müde.
„Du musst dich in Sicherheit bringen!", hauchte die Stimme wieder. Widerwillen wurde bei diesen Worten eine Gedankenkette in Lyras Kopf angestoßen und das grummelnde, wachsende Gefühl in ihrem Magen verstärkte sich. „Nein...", murmelte sie. „Nein, lass mich..."
„Lyra, bitte! Bitte Schatz, tu es für mich!"
Schatz? Aber... Ihre Gedanken schienen benebelt, ihr gesamtes Denken eingeschränkt. Sie wollte nicht aufwachen. Das würde ihr einige Schmerzen ersparen.„Tu es für mich und wehr dich dagegen! Wehr dich gegen ihn!"
Ihn? Lyras Gedanken ballten sich plötzlich zusammen und wogten auf wie eine riesige sich auftürmende Welle. Ihn? Die Flut ihrer Gedanken strömte in ihren Kopf und schien die Dunkelheit in Fetzen mit sich zu reißen. Das Gefühl der wohligen Ruhe verschwand augenblicklich. Mit einem Japsen tauchte wieder das Gesicht des Mannes vor ihr auf und ein Schrei entfloh ihr.
Er.
Lyra riss die Augen auf und starrte wild atmend an die steinerne Decke. Sie musste einige Male blinzeln um sich an die dämmrigen Lichtverhältnisse zu gewöhnen, dann huschte ihr hektischer Blick durch die Zelle in der sie sich noch immer befand, liegend, auf dem eiskalten Steinboden. Sie war alleine.
Nur langsam schien sich ihr Atem wieder zu beruhigen, sie wollte noch keine Gedanken zulassen, keinen einzigen von denen die sich in ihr schon wieder auftürmten und anbahnten. Eine gefühlte Ewigkeit starrte sie an die Decke, während sie dem Rauschen ihres Blutes in ihren Ohren lauschte und spürte wie ihr wild klopfendes Herz langsam zur Ruhe kam. Als sie wieder ruhig atmete, erlaubte sie sich einen Blick zur Zellentür. Sie war alleine, aber sie konnte ein zusammengefaltetes Paket erkennen.
DU LIEST GERADE
Wolf howl
Fantasy„Ich werde ihn schon noch finden!", rief der Mann wütend und mit dröhnender Stimme. Der ganze Boden schien zu vibrieren während Lyra am Rande mitbekam wie er auf alle Viere fiel und auf sie zulief. Es war plötzlich kein Mann mehr. Es war ein Tier. E...